Entscheidungsstichwort (Thema)
Billiges Ermessen bei der Festlegung der zeitlichen Lage der Arbeitszeit im Rahmen der “regelmäßigen Arbeitszeit„ einer Museumsaufsicht. Unbegründete Feststellungsklage bei unzureichenden Darlegungen der Arbeitnehmerin zur Unbilligkeit der Ermessensausübung
Leitsatz (redaktionell)
1. Mit dem Begriff “regelmäßige Arbeitszeit„ ist die vereinbarte regelmäßige Arbeitszeit und damit die vereinbarte regelmäßige durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit gemeint.
2. Ist im Arbeitsvertrag eine “durchschnittliche regelmäßige Arbeitszeit„ oder eine “regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit„ vereinbart, ist gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 TVöD für die Berechnung des Durchschnitts der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit ein Zeitraum von bis zu einem Jahr zugrunde zu legen. Dabei kann der Dienstplan oder die betriebsübliche Arbeitszeit so gestaltet werden, dass einzelne Beschäftigte die Wochenstundenzahl über- oder unterschreiten, solange jedenfalls innerhalb eines Jahres ein Durchschnitt von 19,5 Stunden wöchentlich erreicht wird.
3. Die Festlegung der zeitlichen Lage der Arbeitszeit gehört grundsätzlich zum Kern der Befugnisse der Arbeitgeberin im Rahmen ihres Direktionsrechts (§ 106 Satz 1 GewO). Die Ausübung des Direktionsrechts und damit die Bestimmung der zu erbringenden Arbeitszeit muss in jedem Fall billigem Ermessen im Sinne des § 315 Abs. 3 BGB entsprechen.
Normenkette
TVöD § 6 Abs. 2; GewO § 106; TVöD § 6 Abs. 2 S. 1; GewO § 106 S. 1; BGB § 315 Abs. 3, § 611 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Nürnberg (Entscheidung vom 28.04.2016; Aktenzeichen 16 Ca 2146/15) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 28.04.2016, Az. 16 Ca 2146/15, wird auf Kosten der Berufungsführerin zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob für die Klägerin eine feste Arbeitszeit von 19,5 Stunden wöchentlich gilt oder ob die Beklagte berechtigt ist, regelmäßig nur 16, später 16,75 von 19,5 Wochenarbeitsstunden anzuordnen und die übrigen Stunden nach Einteilung der Beklagten als Vertretungen und bei Sonderveranstaltungen einzubringen sind.
Die 1967 geborene Klägerin ist seit 19.05.1987 bei der Beklagten beschäftigt. Im Arbeitsvertrag vom 15.10.1987 ist in § 5 vereinbart:
"Soweit es der Dienst erfordert ist die Mitarbeiterin verpflichtet, auch außerhalb der regulären Arbeitszeit (abends, an arbeitsfreien Tagen) zu arbeiten."
Mit Vereinbarung vom 22.02.2002 (Bl. 6 d.A.) wurde die Arbeitszeit auf die Hälfte der in § 15 Abs. 1 BAT festgesetzten Arbeitszeit reduziert, dies waren zuletzt 19,5 Stunden in der Woche. Seit dem 28.02.2011 wird die Klägerin als Hauptaufsicht im S. eingesetzt mit weiterhin 19,5 Stunden (Schreiben vom 22.11.2011, Bl. 7 d.A.). Das S... ist geöffnet am Dienstag, Mittwoch und Freitag von 09:00 bis 17:00 Uhr, am Donnerstag von 09:00 bis 20:00 Uhr und am Samstag und Sonntag von 11:00 bis 17:00 Uhr, insgesamt 47 Stunden in der Woche. Außer der Klägerin sind als Hauptaufsichten beschäftigt Frau E... mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 27,5 Stunden und Frau K... mit einem Zeitanteil von 11,7 Stunden. In der Dienstvereinbarung über die Arbeitszeit im S... (Bl. 45 ff. d.A.) von 2009 wurden für die Beschäftigten des S...s Regelungen zur Arbeitszeit und Einführung von Arbeitszeitkonten gemäß § 10 TVöD vereinbart. Die Gleitzeitregelung dort gilt gemäß Ziffer 2 Abs. 1 Satz 2 nicht für die Museumsaufsichten. In Ziffer 3 ist unter Arbeitszeit Museumsaufsicht vereinbart:
"Die Museumsaufsichten bringen ihre Arbeitszeit im Rahmen eines Dienstplanes ein. Die Regelungen der Ziffer 5 sind daher nicht anzuwenden."
Ziffer 5 regelt Kernarbeitszeiten.
Ziffer 4 lautet:
"Für die Berechnung der durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit gilt gemäß § 6 Abs. 2 TVöD ein Zeitraum von einem Jahr."
Ziffer 7 Abs. 1 lautet:
"Die wöchentliche Sollarbeitszeit entspricht der vertraglich vereinbarten durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit. Sie ist ausschließlich maßgeblich für die Bewertung von Ausfallzeiten und sonstigen Berechnungsgrößen, die sich aus den tariflichen Bestimmungen ergeben."
Die Arbeitszeit der Klägerin wird von ihrer persönlichen elektronischen Arbeitszeitkarte erfasst. Die Museumspforte ist während der Öffnungszeiten des Museums durchgängig mit einer Hauptaufsicht besetzt.
Zunächst wechselten sich die Klägerin und Frau E... als Museumsaufsichten ab, bei Vertretungen und Sonderveranstaltungen fielen Überstunden an.
Gemäß Schreiben vom 26.02.2014 teilte die Beklagte die Hauptaufsichten an der Pforte für den Regelfall neu ein. Dadurch kommen Frau E... auf wöchentlich durchschnittlich 24,25 von 27,5 Wochenstunden, die Klägerin auf 16 von 19,5 Stunden und Frau K... auf 8,5 von 11,7 Wochenstunden. Durch diese Einteilung sollte erreicht werden, dass sich bei Frau E... und der Klägerin nicht mehr so viele Mehrarbeitsstunden anhäufen. Außerdem sollte Frau K... so eingesetzt werden, wie es ihrer Arbeitsplatzbeschreibung entspricht, statt regelmäßi...