Entscheidungsstichwort (Thema)
Forderung
Leitsatz (amtlich)
Bei Eigentumsdelikten durch kaufmännisches Personal im Verkaufsbereich muß der Schädiger selbst bei Schäden bis 50.000,– DM von der ausgelobten und ausgezahlten Fangprämie derzeit höchstens einen Betrag von DM 1.000,– als Schadensersatz seinem geschädigten Arbeitgeber erstatten.
Höhere Beträge überschreiten die Grenze des wirtschaftlich Angemessenen und sind auch zum Anreiz nicht erforderlich.
Normenkette
BGB § 249
Verfahrensgang
ArbG Nürnberg (Urteil vom 25.10.1991; Aktenzeichen 6 Ca 2281/91) |
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 25.10.1991 – 6 Ca 2281/91 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
II. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte der Klägerin an andere Beschäftigte ausbezahlte Fangprämien erstatten muß.
Die Beklagte war von 1960 bis 1989 bei der Klägerin beschäftigt. Zuletzt war sie Abteilungsleiterin im Kaufhaus F. der Beklagten. In dieser Funktion konnte sie Warenretouren oder Warenumtäusche durch Kunden erledigen und Erstattungsbeträge zugunsten der Kunden der Kasse entnehmen. Sie täuschte entsprechende Vorgänge vor und vereinnahmte die entnommenen Gelder für sich selbst. Wegen dieses Verhaltens wurde sie vom Amtsgericht Fürth wegen fortgesetzter Unterschlagung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt. Die Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Der Beklagten wurde eine Geldbuße in Höhe von DM 3.600,– auferlegt, die in monatlichen Raten von DM 100,– abzutragen war. Den von ihr auf DM 50.000,– bezifferten Schaden hat sie der Klägerin ersetzt.
Mit Kaufhausrichtlinie Nummer 5963 hat die Klägerin für alle Mitarbeiter und Fremddedektive Ergreifungsprämien ausgelobt sofern Mitarbeiter und Fremddedektive Hinweise gaben, die zur Aufdeckung von Eigentumsdelikten führten. Bei Tätern (Kunden und Mitarbeitern) ab 16 Jahren sollte von DM 1,– bis DM 499,99 eine Ergreifungsprämie von DM 50,–, darüber hinaus 10 % des Warenwertes, höchstens jedoch DM 5.000,– zu zahlen sein. Die Kaufhausrichtlinie sah vor, daß die genannten Täter die gezahlten Prämien ersetzen mußten.
Das Fehlverhalten der Beklagten wurde maßgeblich durch zwei Mitarbeiter der Klägerin, die Beschäftigten U. und P., aufgedeckt. Sie erhielten zusammen von der Klägerin einen Betrag von DM 5.000,– ausbezahlt.
Nachdem sich die Beklagte weigerte, den entsprechenden Betrag zu bezahlen, hat sie die Klägerin auf Zahlung verklagt. Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 25.10.1991 die Beklagte verurteilt, an die Klägerin DM 1.000,– nebst 4 % Zinsen hieraus seit 23.04.1991 zu zahlen. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen. Mit der Berufung verfolgt die Klägerin im abgewiesenen Umfange ihr Begehren weiter.
Die Klägerin trägt vor,
Bedenken gegen die Wirksamkeit der Fangprämienrichtlinie seien nicht ersichtlich. Die Reduzierung der erstattungsfähigen Prämie im Streitfalle auf 1/5 der ursprünglichen Höhe sei reichlich willkürlich. Sie stelle ausschließlich auf die Anreizfunktion ab. Es sei nicht sachgerecht, wenn die Prämienhöhe allein im Beziehung zum geschätzten Nettoeinkommen bestimmter Arbeitnehmer gesetzt werde. In den Genuß der entsprechenden Prämie würden nicht nur Verkäufer mit einem durchschnittlichem Nettoeinkommen von DM 2.000,– gelangen, sondern auch Mitarbeiter mit einem höheren Einkommen. Bei diesen sei der Anreiz, auch schwierigen und raffinierten Kassenmanipulationen auf die Spur zu kommen, sicherlich höher zu bewerten als der Anreiz, Ladendiebstählen erhöhte Aufmerksamkeit zu widmen.
Dem Erfordernis, daß Schadensumfang, Anreizfunktion und Prämienhöhe in einer sinnvollen Relation zueinander gestellt werden müßten, trage die Fangprämienrichtlinie Rechnung. Durch die Limitierung der Fangprämie werde ein Pönalisierungseffekt vermieden. Im vorliegenden Falle sei der Schaden, den die Beklagte durch ihre jahrelangen Manipulationen der Klägerin zugefügt habe, weit höher als die von ihr anerkannte Summe. Die Reduzierung der erstattungsfähigen Fangprämie sei daher unberechtigt.
Die Klägerin stellt folgende Anträge:
- Auf die Berufung der Klägerin wird das Endurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 25.10.1991 – 6 Ca 2281/91 – abgeändert.
- Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 4.000,– DM (in Worten: viertausend-Deutsche Mark) nebst 4 % Zinsen hieraus seit 23. April 1991 zu zahlen.
- Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Die Beklagte stellt folgende Anträge:
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 25.10.1991 – 6 Ca 2281/91 – wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Die Beklagte trägt vor,
die Erstattungsfähigkeit einer Fangprämie bleibe nach wie vor bestritten. Soweit Folgeschäden zu den erstattungsfähigen Kosten gerechnet werden könnten, könnten diese nur innerhalb bestimmter Grenzen ersetzt werden. Die von der Klägerin ausgelobten Fangprämien seien unangemessen hoch. Die Klägerin müsse daher eine Kürzun...