Entscheidungsstichwort (Thema)
Unzulässige Feststellungsklage eines Chordirektors bei arbeitsvertraglich vereinbarter Zuständigkeit der Bühnenschiedsgerichte
Leitsatz (redaktionell)
1. § 1 Abs. 1 BSchGO/GDBA (Bühnenschiedsgerichtsordnung - Tarifvertrag über die Bühnenschiedsgerichtsbarkeit vom 01.10.1948 zwischen vom Deutschen Bühnenverein und der Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger GDBA) enthält eine den Anforderungen des § 101 Abs. 2 Satz 1 ArbGG genügende Schiedsvereinbarung; danach entscheiden über bürgerliche Rechtsstreitigkeiten im Sinne des § 2 ArbGG zwischen Theaterveranstaltern und Bühnenmitgliedern unter Ausschluss der Arbeitsgerichte ständige Schiedsgerichte.
2. Eine arbeitsvertragliche Vereinbarung, nach der Bühnenschiedsgerichte zuständig sein sollen, legt vom Wortlaut her bereits nahe, dass die BSchGO/GDBA zur Anwendung kommen soll, denn Rechtsgrundlage für das Tätigwerden und die Existenz der Bühnenschiedsgerichte ist die BSchGO/GDBA vom 01.10.1948 mit den nachfolgenden Änderungen sowie die 1973 geschaffene BSchGO/VdO (Tarifvertrag über die Bühnenschiedsgerichtsbarkeit für Opernchöre vom 30.03.1977 zwischen dem BDA und der Vereinigung Deutscher Opernchöre und Bühnentänzer); die Bühnenschiedsgerichte sind an die Bühnenschiedsgerichtsordnung gebunden und werden nur auf dieser Grundlage tätig.
3. Wird ein Chordirektor eingestellt und beschäftigt, ist mit der Vereinbarung der Bühnenschiedsgerichte eindeutig geregelt, dass die BSchGO/GDBA und nicht die 1973 geschaffene BSchGO/VdO gemeint ist, da diese Schiedsgerichtsordnung nur für Mitglieder der Opernchöre und Bühnentänzer gilt und nicht für Chordirektoren; dass dem Arbeitnehmer die zuständigen Schiedsgerichte im Einzelnen nicht bekannt waren, führt nicht zur Intransparenz der Vertragsregelung, wenn die tatbestandliche Voraussetzungen und Rechtsfolgen hinreichend genau beschrieben sind.
4. Nach § 101 Abs. 2 Satz 3 ArbGG genügt es, wenn im Arbeitsvertrag allein auf den Tarifvertrag über die Bühnenschiedsgerichtsordnung Bezug genommen wird; es ist nicht notwendig, dass darüber hinaus eine Bindung an andere materielle Vorschriften anderer Tarifverträge im Bühnenbereich vereinbart wird.
Normenkette
ArbGG § 101 Abs. 2 Sätze 1, 3, § 102 Abs. 1 S. 1; BGB § 307 Abs. 1 S. 2, § 611 Abs. 1; NV Bühne § 61
Verfahrensgang
ArbG Bamberg (Entscheidung vom 05.12.2011; Aktenzeichen 4 Ca 719/11) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Bamberg - Kammer Coburg - vom 05.12.2011, Az. 4 Ca 719/11, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund einer von der Beklagten ausgesprochenen Nichtverlängerungsmitteilung gemäß § 61 Normalvertrag Bühne/Sonderregelungen Solo vom 15.10.2002, in Kraft seit 01.01.2003, in der ab 01.02.2011 geltenden Fassung (künftig NV Bühne). Im gegenwärtigen Verfahrensstadium streiten die Parteien insbesondere über die Zuständigkeit der Arbeitsgerichtsbarkeit bzw. der Bühnenschiedsgerichtsbarkeit.
Der am 11.08.1962 geborene, verheiratete und fünf Kindern zum Unterhalt verpflichtete Kläger ist seit dem 28.09.1998 als Chordirektor im Theater C... beschäftigt. Rechtsträger des Theaters ist die Stadt C..., die mit dem Kläger ein Arbeitsverhältnis begründet hat. Die monatliche Bruttovergütung des Klägers beträgt ca. 2.837,-- €. Der Kläger ist nicht kraft Verbandszugehörigkeit tarifgebunden. Die Beklagte ist tarifgebunden.
Der vom Kläger und Vertretern der Beklagten unterschriebene zuletzt abgeschlossene Arbeitsvertrag vom 01.02.2001 (Blatt 33 ff d.A.) lautet auszugsweise wie folgt:
"§ 2
...
Das Arbeitsverhältnis verlängert sich zu den gleichen Bedingungen um ein Jahr (Spielzeit), wenn nicht eine Nichtverlängerungsmitteilung entsprechend den für dieses Arbeitsverhältnis maßgebenden tariflichen Bestimmungen ausgesprochen wurde.
...
§ 8
Im Übrigen richtet sich das Vertragsverhältnis nach dem Normalvertrag und den nachstehenden besonderen Bedingungen:
Die Urlaubsregelung erfolgt nach dem Urlaubstarifvertrag vom 13. Mai 1975. Die Altersversorgung richtet sich nach der Satzung der Versorgungsanstalt der deutschen Bühnen in der jeweils gültigen Fassung. Für Streitigkeiten aus dem Dienstverhältnis sind die Bühnenschiedsgerichte zuständig.
Der Vertrag nimmt während seiner Laufzeit an Tariferhöhungen teil.
..."
Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses (01.02.2001) galten für Solomitglieder an Bühnen, zu denen auch Chordirektoren zählen, folgende Tarifverträge:
- Normalvertrag Solo (NV-Solo) vom 01.05.1924, zuletzt geändert durch Tarifvertrag vom 12.07.1993
- Tarifvertrag über die Weitergeltung des NV Solo vom 08.12.1970, zuletzt geändert durch Tarifvertrag vom 12.07.1993
- Tarifvertrag über die Mitteilungspflicht vom 23.11.1977, zuletzt geändert durch Tarifvertrag vom 18.06.1991 (künftig TVM) und
- Tarifvertrag über die Bühnenschiedsgerichtsbarkeit vom 01.10.1948, abgeschlossen vom Deutschen Bühnenver...