Entscheidungsstichwort (Thema)
Feststellung
Verfahrensgang
ArbG Würzburg (Aktenzeichen 1 Ca 1870/93) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Würzburg – Az.: 1 Ca 1870/93 – wird auf Kosten der Berufungsklägerin zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Zahlung einer Hinterbliebenenrente aufgrund einer Versorgungszusage, die die Beklagte mit Hinweis auf eine Freitodklausel verweigert.
Der Ehemann der Klägerin war bis 1986 Arbeitnehmer der Beklagten. Er hat nach der Versorgungsordnung der Beklagten einen Betriebsrentenanspruch erworben, der zuletzt DM 541,05 brutto betrug. Am 28.05.1993 schied er durch Freitod aus dem Leben.
Die Beklagte verweigert der Klägerin eine Hinterbliebenenrente von 60 % des Versorgungsanspruchs des verstorbenen Ehemanns der Klägerin unter Bezug auf eine in Kapitel VII 5 der Versorgungszusage enthaltenen Freitodklausel. Diese Klausel schließt bei Freitod des Versorgungsempfängers die Zahlung einer Hinterbliebenenrente ausdrücklich und generell aus.
Auf die entsprechende Zahlungsklage der Klägerin hat das Arbeitsgericht Würzburg mit am 10.02.1994 verkündetem Endurteil wie folgt erkannt:
- Die Klage wird abgewiesen.
- Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
- Der Streitwert wird auf DM 11.656,68 festgesetzt.
Das Arbeitsgericht Würzburg hat die Wirksamkeit der Freitodklausel im wesentlichen auf ihre Übereinstimmung mit tragenden Grundsätzen der Verfassung, der gesetzlichen Bestimmungen bzw. der allgemeinen arbeitsrechtlichen Grundsätze geprüft und für wirksam gehalten. Insbesondere hat das Arbeitsgericht ausgeführt, daß ein Verstoß gegen die Verfassung nicht ersichtlich ist, weder gegen Art. 1, 2 oder 3 GG noch gegen Art. 6 GG. Auch einen Verstoß gegen die Grundsätze von Treu und Glauben hat es verneint. Es hat weiter dargelegt, daß letztlich die Freitodklausel auch nicht deshalb unwirksam sei, weil keine Härteregelung getroffen worden sei. Zum einen sei die Hinterbliebenenrente freiwillig bezahlt worden, ohne daß eine grundsätzliche Pflicht zur Leistung von Hinterbliebenenrente bestanden habe, außerdem würde eine Härteregelung zu einer nicht vertretbaren Rechtsunsicherheit führen.
Gegen dieses am 06.05.1994 zugestellte Urteil haben die Prozeßbevollmächtigten der Klägerin mit am 06.06.1994 beim Landesarbeitsgericht Nürnberg eingegangenem Schriftsatz vom 06.06.1994 Berufung eingelegt und mit Schriftsatz vom 29.06.1994, eingegangen am 30.06.1994, begründet.
Die Klägerin meint, sie habe Anspruch auf Zahlung der Hinterbliebenenrente, da die Voraussetzungen gegeben seien und die Freitodklausel in Kapitel VII 5 der Versorgungszusage unwirksam sei. Der Freitod ihres Ehemannes sei Folge starker medikamentöser Beeinflussung gewesen. Zumindest eine Freitodklausel, wie die vorliegende, ohne Härteklausel sei unwirksam. Da vorliegend ein Härtefall gegeben sei, müsse ein Anspruch bejaht werden.
In der Berufung beantragt die Klägerin:
- Auf die Berufung der Klägerin wird das Endurteil des Arbeitsgerichts Würzburg vom 10.02.1994 abgeändert.
- Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin DM 2.597,03 nebst 4 % Zinsen hieraus seit 01.02.1994 zu zahlen.
- Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin jeweils am Monatsletzten eine Rente von DM 324,63, beginnend ab 28.02.1994 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt
kostenpflichtige Zurückweisung der Berufung vom 06.06.1994.
Die Beklagte meint, der geltend gemachte Anspruch werde dem Grunde und der Höhe nach bestritten. Die Klage sei unschlüssig. Die sogenannte Freitodklausel in der Versorgungsordnung sei wirksam. Dem Arbeitgeber hätte es freigestanden, keine Hinterbliebenenrente zu zahlen. Es müsse ihm deshalb auch unbelassen bleiben, an welche Voraussetzungen er diese freiwillige Leistung knüpft. Ein besonderer Härtefall sei vorliegend nicht gegeben, die Klägerin habe nicht nachgewiesen, daß der Suizid in einem die freie Willensbildung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit begangen worden sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils sowie die von den Parteien insbesondere im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen und im übrigen gemäß § 543 Abs. 1 ZPO von einer weitergehenden Darstellung des Tatbestandes abgesehen.
Entscheidungsgründe
I.
Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft, da der Wert des Beschwerdegegenstandes angesichts des vom Erstgericht abgewiesenen und von der Klägerin mit der Berufung weiterverfolgten Zahlungsanspruchs DM 800,– übersteigt (§ 64 Abs. 2 ArbGG). Die Berufung ist auch in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden (§§. 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG, 516, 518, 519 ZPO)
II.
In der Sache hat das Rechtsmittel keinen Erfolg. Der Klägerin steht die geltend gemachte Hinterbliebenenrente nicht zu. Das Erstgericht hat deshalb die entsprechende Zahlungsklage der Klägerin zu Recht abgewiesen. Den zutreffenden und wohl abgewogenen Gründen des angefochtenen Ur...