Entscheidungsstichwort (Thema)

Gleichstellungsabrede. Anerkennungstarifvertrag. Bezugnahmeklausel

 

Leitsatz (amtlich)

Wird in einer einzelvertraglichen Bezugnahmeklausel – bei einem Altvertrag vor dem 01.01.2002 – auf das Tarifrecht verwiesen, an das der Arbeitgeber bei Vertragsschluss aufgrund eines Haus-Anerkennungstarifvertrages gebunden war, endet die Dynamik des in Bezug genommenen Tarifrechts mit der Kündigung des Haus-Anerkennungstarifvertrages (Gleichstellungsabrede).

 

Normenkette

BGB §§ 305c, 611; TVG §§ 3-4

 

Verfahrensgang

ArbG Weiden (Urteil vom 03.06.2008; Aktenzeichen 6 Ca 30/08 A)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des Arbeitsgerichts Weiden – Kammer Schwandorf – vom 03.06.2008, Az.: 6 Ca 30/08 A, abgeändert.

2. Die Klage wird abgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Zahlung restlicher Vergütung auf der Grundlage der Vergütungsregelungen des TV AL II.

Der am 14.08.1961 geborene Kläger ist bei der Beklagten auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 15.01.2000 (Kopie Bl. 4, 5 d.A.) ab dem 01.02.2000 als Wachmann beschäftigt.

In § 1 des Arbeitsvertrages wird geregelt, dass der Kläger bei einer regelmäßigen Arbeitszeit von 183 Monatsstunden nach der Lohngruppe ZW 2/1 Tabelle „A” vergütet wird und die weiteren Arbeitskonditionen sich aus dem Tarifvertrag TV AL II, Anhang Z-II, Sonderteil ZW (US) ergeben. Nach der Regelung in § 2 des Vertrages betrug die damalige Monatsvergütung DM 2.962,00 zuzüglich einer Wachzulage von DM 140,00.

Die Beklagte hatte am 05.08.1997 mit der Gewerkschaft Ö. in einem Firmentarifvertrag (Kopie Bl. 127, 128 d.A.) vereinbart, dass für alle Arbeitnehmer der Firma, die im Rahmen eines Bewachungsauftrages bei den Stationierungsstreitkräften der US-Armee in der Bundesrepublik Deutschland eingesetzt werden, die Bestimmungen für das Wachpersonal gemäß dem Tarifvertrag für die Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (TV AL II) nebst Anhängen, in der jeweils gültigen Fassung gelten sollen.

Dieser Firmentarifvertrag ist von der Beklagten zum 31.08.2000 gekündigt worden.

Der Kläger begehrt mit seiner am 17.08.2006 zum Arbeitsgericht Weiden erhobenen Klage vom 16.08.2006 und den klageerweiternden Schriftsätzen vom 03.01.2008, 05.02.2008, 09.04.2008 und 02.05.2008 die Zahlung restlicher Vergütung unter Zugrundelegung der nach dem 31.08.2000 in Kraft getretenen tarifvertraglichen Vergütungsregelungen des TV AL II. Der Kläger begründet dies mit dem dynamischen Charakter seiner einzelvertraglichen Bezugnahme auf die jeweiligen Vergütungsregelungen des TV AL II.

Wegen der Anträge der Parteien und ihres näheren Vorbringens im erstinstanzlichen Verfahren wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht Weiden hat mit Endurteil vom 03.06.2008 der Klage ganz überwiegend stattgegeben und hierbei auf die Entscheidungen des zwischen den Parteien bereits geführten Vorprozesses (Arbeitsgericht Weiden, Az.: 4 Ca 87/06 A; LAG Nürnberg, Az.: 5 Sa 557/06) abgestellt.

Gegen das der Beklagten am 10.06.2008 zustellte Urteil haben ihre Prozessbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 26.06.2008, beim Landesarbeitsgericht Nürnberg eingegangen am 27.06.2008, Berufung eingelegt und sie innerhalb der bis 11.09.2008 verlängerten Begründungsfrist mit Schriftsatz vom 01.09.2008, beim Landesarbeitsgericht Nürnberg eingegangen am 02.09.2008, begründet.

Die Beklagte behauptet, aufgrund ihrer damaligen Bindung an den Haustarifvertrag vom 05.08.1997 und die dort geregelte Verweisung auf die tarifvertraglichen Bestimmungen des TV AL II sei zum damaligen Zeitpunkt bei Abschluss der Arbeitsverträge – auch dem des Klägers – das Tarifrecht des TV AL II auch einzelvertraglich in Bezug genommen worden. Insoweit handle es sich bei der Bezugnahmeklausel nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts um eine sogenannte Gleichstellungsabrede, die lediglich aufgrund der damaligen Tarifbindung getroffen worden sei. Nach Ende der Tarifbindung zum 31.08.2000 wirke das in Bezug genommene bisherige Tarifrecht nur noch statisch nach. Tarifänderungen oder tarifvertragliche Neuregelungen, die nach dem 31.08.2000 im Bereich des in Bezug genommenen Tarifvertrages vereinbart worden seien, seien nicht mehr Inhalt des Arbeitsvertrages des Klägers geworden. Aufgrund der nur noch gegebenen statischen Fortgeltung des Tarifrechts komme auch der einzelvertraglichen Bezugnahmeklausel kein dynamischer Charakter mehr zu.

Einer ausdrücklichen einzelvertraglichen Verweisung auf den damals geltenden Haustarifvertrag habe es nicht bedurft, denn in der Gleichstellungsabrede müsse nicht der Grund für die gegebene Tarifbindung des Arbeitgebers angegeben werden.

Zwischenzeitlich sei sie Mitglied in dem Verband B. geworden und fänden nunmehr die dort abgeschlossenen Tarifverträge auf neu begründete Vertragsverhältnisse Anwendung. Dem Kläge...

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