Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel als Gleichstellungsabrede
Leitsatz (amtlich)
Eine arbeitsvertragliche Klausel, in der auf tarifvertragliche Bestimmungen Bezug genommen wird, kann als Gleichstellungsabrede nur dann gewertet werden, wenn auf die tarifvertraglichen Bestimmungen, die im Falle einer arbeitnehmerseitigen Tarifbindung normativ gem. § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG zur Anwendung kommen würden, als Ganzes Bezug genommen wird.
Normenkette
TVG § 4 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
ArbG Weiden (Urteil vom 06.05.2008; Aktenzeichen 6 Ca 1314/07 A) |
Tenor
1. Auf die Anschlussberufung des Klägers wird das Endurteil des Arbeitsgerichts Weiden/Kammer Schwandorf/Gerichtstag Amberg vom 06.05.2008, Aktenzeichen: 6 Ca 1314/07 A, in Ziffern 1. bis 4. abgeändert.
2. Es wird festgestellt, dass die in § 1 des Arbeitsvertrages vom 22.12 1999 angeführten Tarifbestimmungen auf das Arbeitsverhältnis des Klägers bis zu seinem Ausscheiden in dynamischer Form zur Anwendung gekommen sind und die dem Kläger zustehenden Ansprüche auf dieser Grundlage abzurechnen sind.
3. Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
4. Die Beklagte trägt die Kosten beider Instanzen.
5. Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Frage, ob der Kläger Vergütung auf der Grundlage der Vergütungsregelungen des TV AL II verlangen kann.
Der am 12.02.1945 geborene Kläger war bei der Beklagten auf der Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 22.12.1999 (Bl. 4/5 d.A.) ab dem 01.12.1999 als Wachmann beschäftigt.
§ 1 Abs. 1 des Arbeitsvertrages hat folgenden Inhalt:
„Herr, A. O. wird ab 01.12.99 im Objekt V. als vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer in der Lohngruppe ZW2/1 Tabelle „A” mit einer festgesetzten regelmäßigen Arbeitszeit bis 183 Stunden/Monat beschäftigt. Weitere Arbeitskonditionen sind in dem Tarifvertrag TV AL II, Anhang Z-II, Sonderteil ZW (US) geregelt.”
Nach der Regelung in § 2 des Arbeitsvertrages betrug die damalige Monatsvergütung DM 2.962,– zuzüglich einer Wachzulage in Höhe von DM 140,–.
Die Beklagte hatte am 22.07.1997 mit der Gewerkschaft ÖTV einen Firmentarifvertrag (Bl. 136, 137 d.A.) vereinbart, der zum 01.09.1997 in Kraft getreten ist.
§ 2 dieses Firmentarifvertrages hat folgenden Wortlaut:
„§ 2 Arbeits- und Einkommensbedingungen
Es gelten die Bestimmungen für das Wachpersonal gemäß des Tarifvertrages für die Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland – TV AL II – nebst Anhängen, in der jeweils gültigen Fassung, soweit im Folgenden nichts Abweichendes geregelt ist.”
Dieser Firmentarifvertrag ist von der Beklagten zum 31.08.2000 gekündigt worden.
Der Kläger hat mit seiner Klage die Zahlung von Vergütung unter Zugrundelegung der nach dem 31.08.2000 in Kraft getretenen tarifvertraglichen Vergütungsregelungen des TV AL II begehrt.
Das Arbeitsgericht hat der Klage unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 02.08.2007, Aktenzeichen: 5 Sa 557/06, im Wesentlichen stattgegeben. Danach sei die in § 1 des Arbeitsvertrages enthaltene Klausel als konstitutive dynamische Verweisung auf die jeweils gültige tarifliche Vergütungsgruppe zu werten. Auf den Inhalt des arbeitsgerichtlichen Urteils wird, auch hinsichtlich des erstinstanzlichen Parteivorbringens im Einzelnen, Bezug genommen.
Gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 09.06.2008 Berufung eingelegt. Im Rahmen des Berufungsverfahrens hat die Klägerseite ihre erstinstanzlich auf Leistung gerichtete Klage wie folgt geändert:
„Es wird festgestellt, dass die in § 1 des Arbeitsvertrages vom 22.12 1999 angeführten Tarifbestimmungen auf das Arbeitsverhältnis des Klägers bis zu seinem Ausscheiden in dynamischer Form zur Anwendung gekommen sind und die dem Kläger zustehenden Ansprüche auf dieser Grundlage abzurechnen sind.”
Die Beklagtenseite hat sich mit der Änderung der Klage einverstanden erklärt und erklärt, dass sie im Falle einer rechtskräftigen Feststellung die Ansprüche des Klägers entsprechend der getroffenen Feststellung für die Zeit bis zum Ausscheiden des Klägers abrechnen und etwaige Ansprüche an den Kläger erfüllen werde.
Zur Begründung ihrer Berufung lässt die Beklagte vorbringen, die arbeitsvertragliche Klausel sei als „Gleichstellungsabrede” zu werten. Der Grund für die Verweisung auf die Bestimmungen des TV AL II sei ausschließlich in der zum damaligen Zeitpunkt vorhandenen tarifvertraglichen Bindung der Beklagten zu sehen. Nachdem der Haustarifvertrag von der Beklagten zum 31.08.2000 gekündigt worden sei, wirke der in Bezug genommene Tarifvertrag nur noch nach, so dass das Arbeitsverhältnis des Klägers nicht mehr an der dynamischen Entwicklung des Tarifvertrages teilnehme.
Der Kläger lässt vortragen, die arbeitsvertragliche Verweisung auf Tarifrecht betreffe nicht die in § 1 und § 2 des Arbeitsvertrages ausdrücklich genannten Vergütungsregelungen. Der Wille der Beklagten, mit der vertraglichen Bezugnahme eine G...