Entscheidungsstichwort (Thema)
Forderung
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Arbeitgeber hat einem Arbeitsplatzbewerber nicht nur dann die Vorstellungskosten zu erstatten, wenn er ihn ausdrücklich zur Vorstellung aufgefordert hat; es reicht vielmehr aus, daß der Bewerber sich mit Wissen und Wollen des Arbeitgebers vorstellt, auch wenn die Anregung zur Vorstellung vom Bewerber ausgegangen ist.
2. Zu den zu erstattenden Vorstellungskosten gehören auch die Kosten für die Benutzung eines Kraftfahrzeugs im Rahmen der steuerlichen Sätze bei der Benutzung des eigenen Kraftfahrzeugs zu Dienstreisen.
Normenkette
BGB § 670
Verfahrensgang
ArbG Bayreuth (Urteil vom 29.12.1993; Aktenzeichen 4 Ca 817/93) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des Arbeitsgerichts Bayreuth vom 29. Dezember 1993 – 4 Ca 817/93 – in den Ziffern I und II abgeändert.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger DM 95,16 (in Worten: Deutsche Mark fünfundneunzig 16/100) nebst 13 % Zinsen hieraus seit 01.08.1993 zu zahlen.
3. Die weitergehende Berufung des Klägers wird als unzulässig verworfen.
4. Die Beklagte hat die Kosten beider Rechtszüge zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um einen Anspruch des Klägers auf Ersatz von Vorstellungskosten anläßlich eines Vorstellungsgesprächs bei der Beklagten am 02.07.1993 in Höhe von DM 99,76.
Der seinerzeit arbeitslose in W. – Ortsteil N. bei Coburg ansässige Kläger erfuhr Ende Juni 1993 aus dem Angebotscomputer des Arbeitsamtes Coburg von einem freien Arbeitsplatz als Kraftfahrer bei der Beklagten. Er ließ sich daraufhin über den Arbeitsvermittler des Arbeitsamts die Anschrift der Beklagten heraussuchen und setzte sich telefonisch mit der Beklagten in Verbindung. Bei dieser Gelegenheit erfuhr er, daß die angebotene Stelle als Kraftfahrer noch frei sei, und vereinbarte mit der Beklagten einen Vorstellungstermin für den 02.07.1993. Unter den Parteien ist streitig, ob der Kläger von sich aus um einen Vorstellungstermin gebeten hat oder ob er von der Beklagten zu einer Vorstellung aufgefordert wurde.
Nachdem die Vorstellung des Klägers nicht zu seiner Einstellung führte, verlangte er von der Beklagten mit Schreiben vom 08.07.1993 Ersatz der ihm durch die Vorstellung entstandenen Kosten in Höhe von DM 99,76, die sich wie folgt zusammensetzen:
1. |
Pkw-Kosten N. B. 183 km à DM 0,52 |
95,16 DM |
2. |
Telefonkosten 12 Einheiten à DM 0,30 |
3,60 DM |
3. |
Portokosten |
1,– DM |
Da die Beklagte die Erstattung dieser Kosten ablehnte, hat der Kläger unter dem 02.08.1993 eine entsprechende Zahlungsklage gegen die Beklagte erhoben.
Das Arbeitsgericht hat diese Klage mit Endurteil vom 29.12.1993 kostenpflichtig abgewiesen, den Streitwert auf DM 99,76 festgesetzt und die Berufung zugelassen. Auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe dieses Urteils wird verwiesen.
Mit der am 07.02.1994 eingelegten und am 22.02.1994 begründeten Berufung gegen dieses ihm am 07.01.1994 zugestellte Urteil verfolgt der Kläger sein Zahlungsbegehren weiter. Er vertritt nach wie vor die Ansicht, daß die Beklagte zur Erstattung der geltend gemachten Kosten verpflichtet sei. Auf seine erste telefonische Anfrage bei der Beklagten sei ihm mitgeteilt worden, daß die Stelle noch frei sei und er sich bei der Beklagten vorstellen solle. Er habe das Vorstellungsgespräch aus freien Stücken wahrgenommen und nicht deswegen, um eine Sperre für den Bezug des Arbeitslosengeldes gemäß § 119 Abs. 1 Nr. 3 AFG zu vermeiden. Wegen weiterer Einzelheiten des Berufungsvorbringens des Klägers wird auf die Berufungsbegründung vom 21.02.1994 verwiesen.
Der Kläger stellt folgende Anträge:
- Das Urteil des Arbeitsgerichts Bayreuth vom 29.12.93, AZ.: 4 Ca 817/93, zugestellt am 07.01.94 wird aufgehoben.
- Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger DM 99,76 nebst 13 % Zinsen hieraus seit 01.08.1993 zu bezahlen.
- Die Beklagte trägt die Kosten beider Rechtszüge.
Die Beklagte beantragt
Zurückweisung der Berufung.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil als zutreffend und tritt dem Berufungsvorbringen des Klägers entgegen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Erstattung der geltend gemachten Kosten, die auch der Höhe nach bestritten würden. Es liege keine Aufforderung des Klägers zu einem Vorstellungsgespräch vor. Dieser habe sich vielmehr telefonisch mit der Beklagten in Verbindung gesetzt und darum gebeten, sich vorstellen zu dürfen. Damit sei man auf Seiten der Beklagten einverstanden gewesen. Die Übernahme der Kosten für das Vorstellungsgespräch sei weder ausgeschlossen noch zugesagt worden. Im übrigen wird auf die Berufungsbeantwortung der Beklagten vom 14.03.1994 verwiesen.
Entscheidungsgründe
I.
Die Berufung ist nur teilweise zulässig. Sie ist aufgrund der Zulassung durch das Arbeitsgericht statthaft (§ 64 Abs. 2 ArbGG) und auch in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und – soweit sie die geltend gemachten Fahrtkosten in Höhe von DM 95,16 betrifft – auch begründet worden (§§ 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 516, 518, 519 ZPO, 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG).
Bezüglich der übrigen vom Kläger geltend gemachten...