Entscheidungsstichwort (Thema)
Kassenärztliche Vereinigung. Anrechnung einer bestandschutzwahrenden Ausgleichszulage bei Höhergruppierung
Leitsatz (amtlich)
Ist in einem Überleitungstarifvertrag geregelt, dass eine Ausgleichszulage, die dem Bestandsschutz dient, bei einer Höhergruppierung (teilweise) auf die sich aus der Höhergruppierung ergebende Entgeltdifferenz angerechnet werden kann, findet keine erneute Überleitung statt, sondern es ist auf die zum Stichtag festgesetzte Ausgleichszulage abzustellen. Wird der Arbeitnehmer ein weiteres Mal höhergruppiert, erfolgt die neuerliche Anrechnung auf die bereits gekürzte Ausgleichszulage.
Normenkette
BGB § 611 Abs. 1; TV Überleitung KVB/ver.di § 3
Verfahrensgang
ArbG Nürnberg (Entscheidung vom 30.08.2012; Aktenzeichen 12 Ca 6999/11) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 30.08.2012 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Zahlung einer Ausgleichszulage.
Die Klägerin ist seit 01.05.2002 bei der Beklagten beschäftigt. Dem Arbeitsverhältnis liegt ein Arbeitsvertrag vom 01.05.2002 zugrunde. Nach dessen § 2 gelten für das Arbeitsverhältnis die Vorschriften der KVB - Tarifverträge in der jeweils geltenden Fassung.
Die Klägerin erhielt bis 30.06.2007 aufgrund des bis dahin geltenden tariflichen Vergütungssystems eine monatliche Vergütung in Höhe von 2.804,33 € brutto.
Zum 01.07.2007 wurde das tarifliche Entlohnungssystem geändert. Die Beklagte und die Gewerkschaft ver.di schlossen am 01.07.2007 einen Überleitungstarifvertrag (i.F.: ÜTV; Bl. 14 d.A.). Dessen § 3 lautet auszugsweise:
(1) Mitarbeiter, die nach dem bis zum 31.12.2005 gültigen Vergütungstarifvertrag eine höhere Grundvergütung hatten, erhalten den Differenzbetrag zwischen der am 30.06.2007 bezogenen Grundvergütung zuzüglich der Dienstalterszulage, der Maschinenzulage und der Stellenzulage und der am 01.07.2007 bezogenen Grundvergütung als Ausgleichzulage. ... Die vereinbarte lineare Erhöhung von 3,8% wird vor der Berechnung der Ausgleichszulage auf das bestehende Grundgehalt vom 30.06.2007 als Berechnungsbasis hinzugerechnet.
(2) Bei Höhergruppierungen wird die Ausgleichzulage auf die Erhöhung der Grundvergütung angerechnet. Sie darf bei einer Höhergruppierung jedoch höchstens um die Hälfte der Differenz zu der neuen Vergütungsgruppe gemindert werden. Dies gilt entsprechend für die Gewährung von Zulagen gem. § 14 Abs. 3 und 4 des Manteltarifvertrags (TV-A).
(3) Im Rahmen einer Herabgruppierung nach dem 01.07.2007 bleibt die Ausgleichszulage unverändert bestehen.
(4) Die Ausgleichszulage nimmt ebenfalls an linearen Tariferhöhungen teil.
(5) ...
Unter dem 12.07.2007 informierten die Tarifkommissionen der Beklagten sowie der Gewerkschaft ver.di die Mitarbeiter der Beklagten über das Ergebnis der Tarifverhandlungen. In dem Schreiben heißt es u.a.:
Die Grundvergütungstabelle wird ab 1. Juli 2007 einheitlich auf das Niveau eines 26-Jährigen mit vier Jahren Tätigkeit für die K... festgelegt. Der Tarifvertrag KVB setzt damit Forderungen des Allgemeinen Gleichstellungsgesetzes (AGG) um. Für Mitarbeiter, die nach dem bisherigen Vergütungstarifvertrag eine höhere Grundvergütung erhalten haben, ergibt sich aus dieser Neuregelung jedoch kein Nachteil: Sie erhalten den Differenzbetrag zwischen ihrer bisherigen Grundvergütung inklusive Zulagen und der neu festgelegten Grundvergütung als Ausgleichszulage. Diese individuelle Ausgleichszulage wird auch bei sämtlichen Tariferhöhungen sowie bei der Berechnung der Höhe der Leistungszulagen mit berücksichtigt. Eine Senkung der Ausgleichszulage erfolgt bei Höhergruppierungen oder der Gewährung von Zulagen gem. § 14 Abs. 3 und 4 des Manteltarifvertrags (TV-A), und zwar höchstens um die Hälfte der Vergütungssteigerung durch eine solche Maßnahme.
Aufgrund der Regelungen in § 3 ÜTV erhielt die Klägerin ab 01.07.2007 eine Ausgleichszulage in Höhe von 174,60 € brutto.
Zum 01.07.2008 wurde die Klägerin in die Vergütungsgruppe 6 Stufe 2 höhergruppiert. Dies entsprach 2.730,90 € brutto. Die Beklagte kürzte die Ausgleichszulage von 174,60 € auf 154,21 € brutto.
Ab 01.09.2008 erhielt die Klägerin eine Zulage gemäß § 14 Absatz 3 TV - A. Zum 01.03.2009 wurde die Klägerin in die Vergütungsgruppe 7 Stufe 2 = 3.181,28 € eingruppiert. Die Beklagte berechnete eine Ausgleichszulage in Höhe von 40,92 € brutto. Aufgrund einer Tariferhöhung von 2,4 % zahlte die Beklagte der Klägerin bis März 2011 eine Ausgleichszulage von 41,91 € brutto.
Ab April 2011 verweigert die Beklagte die Zahlung einer Ausgleichszulage.
Die Klägerin erhob am 23.11.2011 die vorliegende Klage zum Arbeitsgericht Nürnberg, mit der sie, beginnend ab April 2011, eine monatliche Ausgleichszulage von 41,91 € brutto geltend macht.
Mit Endurteil vom 30.08.2012 wies das Arbeitsgericht Nürnberg die Klage ab und ließ die Berufung zu.
Das Urteil wurde der Klägerin am 05.11.2012 zu...