Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsrat. Gerichtsgebühren. Hilfswert. Kostenfreiheit. Mitbestimmungsrecht. Regelwert. Streitgegenstand, nichtvermögensrechtlicher. Unterlassungsanspruch. Unterlassungsantrag. Unterlassungsklage. Verletzung. grobe. Wertfestsetzung. Unterlassungsantrag des Betriebsrates bei Verletzung grundlegender Mitbestimmungsrechte
Leitsatz (amtlich)
1. Beantragt der Betriebsrat die Unterlassung der Verletzung grundlegender Mitbestimmungsrechte aus §§ 87 und 99 BetrVG, ist der Streitgegenstand nichtvermögensrechtlicher Natur und sein Wert nach § 23 Abs. 3 S. 2 RVG festzusetzen.
2. Der in § 23 Abs. 3 S. 2 Halbsatz 2 RVG genannte Wert von 4.000 Euro ist kein Regelwert, von dem nur unter bestimmten Umständen abgewichen werden kann, sondern ein Hilfswert, der dann angesetzt wird, wenn alle Möglichkeiten der individuellen Bewertung (wirtschaftliche Interessenlage der Beteiligten, Bedeutung, Umfang und Schwierigkeit der Sache) ausgeschöpft sind. Richtet sich der Unterlassungsantrag des Betriebsrates gegen die Verletzung wesentlicher Mitbestimmungsrechte, erscheint die Verdoppelung des Hilfswertes von 4.000 Euro als angemessen.
3. Die in § 2 Abs. 2 GKG bestimmte Kostenfreiheit der Gerichtsgebühren des Beschlussverfahrens erfasst nicht das sich anschließende Beschwerdeverfahren wegen des festgesetzten Gegenstandswertes.
Normenkette
BetrVG §§ 87, 99; GKG § 2 Abs. 2; RVG § 23 Abs. 3 S. 2, § 33
Verfahrensgang
ArbG Mainz (Beschluss vom 12.01.2010; Aktenzeichen 10 BV 25/09) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Beschwerdeführerin wird der Gegenstandswertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 12.01.2010, 10 BV 25/09, wie folgt geändert:
„Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin wird auf 20.000 EUR festgesetzt.”
2. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Beschwerdeführerin zu 3/4 zu tragen.
4. Ein Rechtsmittel ist gegen diese Entscheidung nicht gegeben.
Tatbestand
I. Im vorliegenden Beschwerdeverfahren begehrt die Beteiligte zu 2 (= Antragsgegnerin, im Folgenden Arbeitgeberin) die Festsetzung eines niedrigeren Gegenstandswertes.
Der Antragssteller (im Folgenden Betriebsrat) hatte vorliegend im Beschlussverfahren Unterlassungsansprüche wegen grober Verstöße der Arbeitgeberin gegen ihre Pflichten aus dem Betriebsverfassungsgesetz geltend gemacht. Gegenstand waren die Mitbestimmungsrechte nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 BetrVG sowie aus §§ 99 bis 101 BetrVG hinsichtlich der Einstellung von Arbeitnehmern und Leiharbeitern. Der Betriebsrat stellte im Beschlussverfahren folgende Anträge:
- Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, es zu unterlassen, für die einzelnen Arbeitnehmer oder Leiharbeiter des Betriebes V.,-SB-Warenhaus GmbH, Markt A-Stadt – ausgenommen leitende Angestellte i. S. v. § 5 Abs. 3 BetrVG – ohne dass vorher die Zustimmung des Betriebsrates erteilt oder seine verweigerte Zustimmung durch den Spruch der Einigungsstelle ersetzt worden ist oder die Zustimmung des Betriebsrates nach Ziffer 3 Abs. 4 der Betriebsvereinbarung Arbeitszeit vom 15.06.2009 mangels rechtzeitig erhobener Einwände als erteilt gilt oder es sich um Notfälle oder arbeitskampfbezogene Maßnahmen handelt, den Beginn und das Ende der täglichen Arbeitszeit sowie die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Arbeitstage festzulegen, nach einer solchen Planung arbeiten zu lassen oder Arbeit nach einer solchen Planung anzunehmen.
- Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, es zu unterlassen, Einstellungen von Arbeitnehmern oder Leiharbeitnehmern des Betriebes V.,-SB-Warenhaus GmbH, Markt A-Stadt – ausgenommen leitende Angestellte i. S. d. § 5 Abs. 3 BetrVG –, gemäß § 99 BetrVG vorzunehmen, solange der Antragsteller die Zustimmung nicht erteilt hat oder im Verweigerungsfall die fehlende Zustimmung im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren ersetzt worden ist, es sei denn, die Antragsgegnerin macht sachliche Gründe, die eine vorläufige Einstellung dringend erforderlich machen, geltend und leitet, falls der Betriebsrat diese bestreitet, hiernach innerhalb von drei Tagen das arbeitsgerichtliche Verfahren nach § 100 BetrVG ein, oder es sich um einen Notfall oder um eine arbeitskampfbezogene Maßnahme handelt.
- Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, es zu unterlassen, bei Arbeitnehmern oder Leiharbeitnehmern des Betriebes V,-SB-Warenhaus GmbH, Markt A-Stadt – ausgenommen leitende Angestellte i. S. d. § 5 Abs. 3 BetrVG –, eine Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit zu dulden, anzubieten, zu vereinbaren oder anzuordnen, ohne dass vorher die Zustimmung des Betriebsrats erteilt oder seine verweigerte Zustimmung durch den Spruch der Einigungsstelle ersetzt worden ist oder die Zustimmung des Betriebsrats nach Ziffer 3 Abs. 4 der Betriebsvereinbarung Arbeitszeit vom 15. Juni 2009 mangels rechtzeitig erhobener Einwände als erteilt gilt, oder es sich um Notfälle oder arbeitskampfbezogene Maßnahmen handelt.
- Für den Fall jeder Zuwiderhandlung gegen...