Entscheidungsstichwort (Thema)
Berücksichtigung von Beiträgen des Arbeitnehmers zur privaten Krankenversicherung bei der Berechnung des pfändungsfreien Einkommens
Leitsatz (amtlich)
1. Gemäß § 850e Nr. 1 S. 2 lit. b ZPO sind bei der Berechnung des pfändbaren Arbeitseinkommens unter anderem Beträge, die der Schuldner an ein Unternehmen der privaten Krankenversicherung leistet, nicht mitzurechnen, soweit sie den Rahmen des Üblichen nicht übersteigen.
2. Da mit dem Basistarif in der privaten Krankenversicherung ein Tarif zur Verfügung steht, dessen Leistungsumfang aufgrund gesetzlicher Vorgabe dem Schutzniveau der gesetzlichen Krankenversicherung nicht nachsteht, sind Versicherungsbeiträge oberhalb der für den Basistarif anfallenden Beiträge nicht mehr als "üblich" anzusehen. Oberhalb des Höchstbeitrags zur gesetzlichen Krankenversicherung liegende Versicherungsbeiträge sind daher im Rahmen der Zwangsvollstreckung nicht - zum Nachteil der Gläubiger - zu berücksichtigen (wie LG Stuttgart, Beschluss vom 10. Mai 1992 - 19 T 353/11 - BeckRS 2012, 10972).
3. Dagegen ist nicht bereits jeder Versicherungsbeitrag als nicht mehr "üblich" anzusehen, der oberhalb des hypothetischen individuellen Basistarifs des Schuldners in einer privaten Krankenversicherung liegt.
Normenkette
ZPO § 850e Nr. 1 S. 2 Buchst. b
Verfahrensgang
ArbG Koblenz (Entscheidung vom 18.11.2016; Aktenzeichen 8 Ga 9/16) |
Tenor
- Die Beschwerde der Gläubigerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Koblenz vom 18. November 2016, Az. 8 Ga 9/16, in der Fassung des Beschlusses vom 22. Dezember 2016 wird auf Kosten der Gläubigerin zurückgewiesen.
- Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I.
Die Gläubigerin wendet sich gegen die Erhöhung des pfändungsfreien Betrags des laufenden Einkommens der Schuldnerin, eingehend auf deren Pfändungsschutzkonto. Die Schuldnerin ist 1956 geboren und keiner weiteren Person gegenüber unterhaltspflichtig.
Durch Beschluss vom 11. April 2016, Az. 8 Ga 9/16, ordnete das Arbeitsgericht Koblenz unter anderem wegen eines Schadensersatzanspruchs der Gläubigerin gegen die Schuldnerin in Höhe von 2.880.898,00 € wegen Pflichtverletzung und Untreue als Gesamtschuldnerin mit einem weiteren Arrestbeklagten in Höhe von 2.880.898,00 € den dinglichen Arrest in das Vermögen der Schuldnerin an.
Durch einen weiteren Beschluss vom gleichen Tag wurde wegen der Hauptforderung in Höhe von 2.880.898,00 €, wegen der Kosten des Beschlusses und wegen der Zustellungskosten des Beschlusses unter anderem die Forderung der Schuldnerin gegen die Drittschuldnerin E. auf Zahlung der zu Gunsten der Schuldnerin bestehenden Guthaben ihrer sämtlichen Girokonten (insbesondere ihres Kontos 000000000 bei diesem Kreditinstitut) einschließlich der Ansprüche auf Gutschrift der eingehenden Beträge gepfändet, bis der Gläubigeranspruch gedeckt ist.
Ab dem 17. Oktober 2016 erhielt die Schuldnerin Arbeitslosengeld gemäß § 136 SGB III in Höhe von 1.241,40 € monatlich zuzüglich einem monatlichen Beitrag zu ihrer privaten Krankenversicherung in Höhe von 532,23 €. Ihr Versicherungsbeitrag betrug ausweislich einer Bescheinigung für den Arbeitgeber vom 3. Dezember 2015 (Bl. 150 d. A.) ab dem 1. Januar 2016 für Krankenversicherungsschutz "entsprechend der Art der gesetzlichen Krankenversicherung nach Sozialgesetzbuch V (SGB V)" mtl. 662,64 €. Der Beitrag zur privaten Pflegeversicherung in Höhe von 39,75 € wurde von der Agentur für Arbeit unmittelbar an die Krankenversicherung der Schuldnerin überwiesen. Ausweislich einer von der Schuldnerin vorgelegten Auskunft der Z. Krankenversicherung AG vom 23. März 2017 hätte sich in den Monaten November und Dezember 2016 der Basistarif mit einem Erstattungssatz von 100 % hypothetisch auf 589,16 € jeweils belaufen.
Für den Monat Dezember 2016 erhielt die Schuldnerin Arbeitslosengeld in Höhe von 579,32 € und als Zuschuss für die Beiträge zur Krankenversicherung 248,37 €.
Seit dem 15. Dezember 2016 ist die Schuldnerin als Verkäuferin in einem Discountmarkt bei einem Bruttomonatsentgelt in Höhe von 1.537,00 € (1.093,14 € netto) zuzüglich eines Zuschusses zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 131,80 € (112,20 € + 19,60 €; vgl. Abrechnung Januar 2017, Bl. 253 d. A.) tätig. Für die Zeit vom 15. bis 31. Dezember 2016 erhielt die Klägerin von ihrem Arbeitgeber 822,58 € brutto (592,74 € netto) zuzüglich einen Arbeitgeberzuschuss zur privaten Krankenversicherung in Höhe von 60,05 € sowie zur privaten Pflegeversicherung in Höhe von 9,67 €.
Ab dem 1. Januar 2017 reduzierten sich die Beiträge zur privaten Kranken- /Pflegeversicherung der Klägerin auf 377,24 € monatlich infolge einer Reduzierung der Leistungen auf den individuellen Basistarif.
Am 28. Oktober 2016 beantragte die Schuldnerin gemäß § 850k Abs. 4 ZPO, den Teil ihres laufenden Einkommens, welcher den unpfändbaren Betrag ihrer laufenden Einkünfte betreffend das (Pfändungsschutz-)Konto IBAN: 000000000 bei der E. übersteigt, freizugeben und die Pfändung dieses Kontos aufzuheben bz...