Entscheidungsstichwort (Thema)

Beisitzer. Beschlussverfahren. Einigungsstelle. Einsetzung. Gegenstandswert. Hilfswert. Regelwert. Streitigkeit, nicht vermögensrechtliche. Vorsitzender. Errichtung einer Einigungsstelle

 

Leitsatz (amtlich)

Der Gegenstandswert für ein Beschlussverfahren, in dem die Zahl der Beisitzer und die Person des Vorsitzenden einer Einigungsstelle im Streit steht und der Arbeitgeber lediglich einwendet, der Zeitpunkt zur Errichtung der Einigungsstelle sei noch nicht gegeben, ist mit dem vollen Hilfswert des § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG jedenfalls nicht zu niedrig angesetzt.

 

Normenkette

ArbGG § 98; BetrVG §§ 111, 40 Abs. 1, § 76 Abs. 1-2; GKG § 2 Abs. 2; RVG § 23 Abs. 3 S. 2, § 33 Abs. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Mainz (Beschluss vom 14.06.2011; Aktenzeichen 9 BV 20/11)

 

Tenor

Die Beschwerde der Beschwerdeführer gegen den Beschluss des Arbeitsgericht Mainz v. 14.06.2011 – 9 BV 20/11 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Beschwerdeführer.

Ein Rechtsmittel ist gegen diese Entscheidung nicht gegeben.

 

Tatbestand

I. Vorliegend begehren die Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats eine höhere Festsetzung des Gegenstandswerts ihrer anwaltlichen Tätigkeit.

Im Ausgangsverfahren vor dem Arbeitsgericht Mainz haben die Beteiligten anlässlich einer in Planung befindlichen Ausgliederung der Technikabteilung aus dem Betrieb der Beteiligten zu 2) um die Besetzung einer Einigungsstelle gestritten. Der Betriebsrat hat beantragt, „zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle zur Regelungsthematik „Outsourcing Technikabteilung” Herrn H. D., (…), einzusetzen” (Antrag zu 1) sowie „die Zahl der Beisitzer auf jeweils drei pro Seite festzusetzen” (Antrag zu 2). Die Arbeitgeberin hat sich – außer dass sie einen anderen Vorsitzenden vorgeschlagen hat und zwei Beisitzer für ausreichend angesehen hat – insbesondere gegen den Zeitpunkt der Errichtung einer Einigungsstelle gewendet, weil die Verhandlungen der Betriebspartner noch lange nicht abgeschlossen gewesen seien.

Die Beteiligten haben im Anhörungstermin vom 19.05.2011 einen Vergleich abgeschlossen. Darin hat sich die Arbeitgeberin gegenüber dem Betriebsrat verpflichtet, diesem sämtliche von Dienstleistern eingereichten Angebote zur Prüfung vorzulegen, sobald sie den Beschluss gefasst hat, das Outsourcing der Abteilung Technik weiter zu betreiben. Der Betriebsrat solle danach sechs Wochen Zeit zur Unterlagenprüfung und Erstellung von Gegenkonzepten haben. Sollten dann die Beteiligten über die Frage des Outsourcings der Technikabteilung keine Einigung finden können, dann könne jede Seite die Einigungsstelle anrufen. In diesem Fall solle Herr Direktor des Arbeitsgerichts W. B. den Vorsitz der Einigungsstelle übernehmen und jede Seite zwei Beisitzer stellen.

Nach Anhörung der Beteiligten hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 14.06.2011 den Gegenstandswert für Verfahren und Vergleich auf 4000,– EUR festgesetzt.

Hiergegen haben die Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats am 24.06.2011 Beschwerde eingelegt. Sie begehren eine Gegenstandswertfestsetzung in Höhe von 8000,– EUR.

Die Arbeitgeberin hält die gerichtliche Wertfestsetzung für zutreffend. Es habe sich um einen einfachen Sachverhalt gehandelt, bei dem keine besonders schwierigen Rechtsfragen zu klären gewesen seien. Der Regelstreitwert von 4000,– EUR im Sinne des § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG sei angemessen, wenn nicht sogar zu hoch angesetzt.

Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und hat sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats ist nach § 33 Abs. 3 RVG statthaft. Sie wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und ist auch ansonsten zulässig.

Sie hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

Die arbeitsgerichtliche Wertfestsetzung für das Verfahren ist jedenfalls nicht zu niedrig.

Die Bemessung des Gegenstandswerts richtet sich vorliegend nach § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG. Da sich aus anderen Normen des Gerichtskostengesetzes kein festzusetzender Wert ergibt, ist dieser nach freiem Ermessen zu bestimmen. Bei der Frage der Errichtung einer Einigungsstelle sowie bei Berücksichtigung der gestellten Anträge, unter wessen Vorsitz und mit wie vielen Beisitzern eine Einigungsstelle besetzt werden muss, handelt es sich um eine nichtvermögensrechtliche Streitigkeit. Hierfür bestimmt § 23 Abs. 3 Satz 2, 2.Hs. RVG, dass der Gegenstandswert nach billigem Ermessen festzusetzen ist und letztlich auf 4000,– EUR, je nach Lage des Falles niedriger oder höher, jedoch nicht über 500.000,– EUR anzunehmen ist.

Der in § 23 Abs. 3 Satz 2 formulierte Wert ist dabei nicht als Regelwert, von dem nur bei besonderen Umständen abgewichen werden darf, sondern als Hilfswert für den Fall des Fehlens individueller Anhaltspunkte zu verstehen, auf den nur dann zurückzugreifen ist, wenn alle Möglichkeiten für eine individuelle Bewertung ausgeschöpft sind (LAG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 20.07.2009 – 1 Ta 171/09; Beschl. v. 01.03.2010 – 1 Ta 24/10...

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