Entscheidungsstichwort (Thema)
Abtretung. Prozesskostenhilfe. Ratenzahlung. Restschuldbefreiungsverfahren. Treuhänder. Verbraucherinsolvenzverfahren. Aufhebung von Prozesskostenhilfe. Verbraucherinsolvenz
Leitsatz (redaktionell)
Befindet sich der Kostenschuldner nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens im Restschuldbefreiungsverfahren gem. §§ 286 ff. InsO, ist gem. § 120 Abs. 4 S. 3 eine Anordnung von Ratenzahlungen ausgeschlossen.
Normenkette
InsO § 300 Abs. 1, §§ 286, 287 Abs. 2, § 294 Abs. 2, § 295 Abs. 1, § 301; ZPO § 120 Abs. 4
Verfahrensgang
ArbG Mainz (Beschluss vom 10.11.2010; Aktenzeichen 1 Ca 1262/07) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 10.11.2010, Az.: 1 Ca 1262/07, nebst dem Nichtabhilfebeschluss vom 08.12.2010 aufgehoben.
Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I. Das Arbeitsgericht hat dem Kläger am 16.07.2007 ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seiner Prozessbevollmächtigten zur Durchführung eines Kündigungsschutzverfahrens bewilligt. Die Landeskasse zahlte seiner Anwältin gemäß § 55 RVG eine Vergütung in Höhe von EUR 1.015,07.
Die Rechtspflegerin forderte den Kläger mit Schreiben vom 14.04.2010 im Nachprüfungsverfahren gemäß § 120 Abs. 4 ZPO auf, seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse darzulegen sowie geeignete Nachweise und Belege beizufügen.
Der Kläger legte eine Lohnabrechnung für Juni 2010 vor, wonach er in diesem Monat einen Nettolohn von EUR 1.051,28 erzielte. Er legte außerdem eine Ausfertigung des Beschlusses des Amtsgerichts Mainz vom 30.11.2007, Az.: 290 IK 287/07, über die Eröffnung des (Verbraucher-)Insolvenzverfahrens, des Beschlusses vom 24.06.2009 über die Aufhebung des Insolvenzverfahrens sowie des Beschlusses vom 04.05.2009 im Restschuldbefreiungsverfahren vor.
Der Kläger ist Vater von vier Kindern, denen er keinen Unterhalt zahlt. Zwei Kindern (geb. 1999 und 2005) gewährt die Stadt C. ausweislich der vorgelegten Änderungsmitteilungen ab 01.01.2010 Unterhaltsvorschussbeträge in Höhe von EUR 180,00 sowie EUR 133,00 monatlich. Die getrennt lebende Ehefrau des Klägers bezieht in Bedarfsgemeinschaft mit den beiden älteren Kindern Leistungen nach dem SGB II.
Mit Beschluss vom 10.11.2010 gab die Rechtspflegerin dem Kläger wegen Verbesserung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse auf, ab dem 01.01.2011 monatliche Raten in Höhe von EUR 60,00 zu zahlen.
Gegen diesen Beschluss, der ihm am 17.11.2010 zugestellt worden ist, hat der Kläger am 07.12.2010 sofortige Beschwerde eingelegt. Der Kläger wies – wie bereits mit Schreiben vom 20.05.2010 und 09.08.2010 – nochmals auf das Restschuldbefreiungsverfahren hin. Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 08.12.2010 der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Zur Darstellung des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den weiteren Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II. Die form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde des Klägers ist nach §§ 78 Satz 1 ArbGG, 127 Abs. 2 Satz 2 und 3, 567 ff. ZPO zulässig.
Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg. Das Arbeitsgericht hat bei seiner Entscheidung die Wirkungen des (Verbraucher-) Insolvenzverfahrens mit dem Ziel der Restschuldbefreiung außer Acht gelassen.
Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung hat keinen Einfluss auf den Zeitpunkt der Entstehung der Forderungen der Staatskasse auf Zahlung von Gerichtskosten und auf die auf die Staatskasse übergegangenen Vergütungsansprüche der Rechtsanwälte. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe bewirkt lediglich eine Stundung der entstandenen Forderungen (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 69. Aufl., § 122 Rn. 5) bzw. ein Einziehungsverbot und eine Forderungssperre (vgl. Zöller/Philippi, 28. Aufl., § 122 Rn. 3, 11). Demzufolge sind durch den angefochtenen Beschluss, der gemäß § 120 Abs. 4 ZPO nachträglich Ratenzahlungen angeordnet hat, die Ansprüche der Staatskasse nicht erst begründet worden, vielmehr ist lediglich die Stundung bzw. das Einziehungsverbot aufgehoben worden.
Deshalb haben die hier betroffenen Ansprüche der Staatskasse bereits zu dem Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegen den Kläger bestanden, so dass die Staatskasse gemäß § 38 InsO Insolvenzgläubigerin geworden ist und ihre Forderungen gemäß § 87 InsO nur noch nach den Vorschriften der Insolvenzordnung verfolgen konnte, sie also gemäß § 174 InsO beim Treuhänder hätte anmelden müssen.
Seitdem nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens das Restschuldbefreiungsverfahren gemäß §§ 286 ff. InsO läuft, ist dem Kläger gemäß §§ 294 Abs. 2, 295 Abs. 1 Nr. 4 InsO verwehrt, Zahlungen zur Befriedigung an einzelne Insolvenzgläubiger zu leisten. Gemäß § 294 Abs. 1 InsO ist auch jede Zwangsvollstreckung für einzelne Insolvenzgläubiger unzulässig. Wird nach erfolgreichem Ablauf des Verfahrens der Antragsteller gemäß § 286 InsO von den nicht erfüllten Verbindlichkeiten...