Entscheidungsstichwort (Thema)
Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach Abschluss des Verfahrens. Prozesskostenhilfe. Unterschrift. Vergleich. Vordruck. Widerruf
Leitsatz (redaktionell)
Lag vor Abschluss der Instanz eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers nebst Belegen beim Arbeitsgericht vor und fehlte es lediglich an der Unterschrift des Antragstellers, hat das Arbeitsgericht den Antragsteller auf diesen – als typisches Versehen anzusehenden – Mangel hinzuweisen.
Normenkette
ZPO § 114
Verfahrensgang
ArbG Ludwigshafen (Beschluss vom 14.06.2004; Aktenzeichen 3 Ca 479/04) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Beklagten wird derBeschluss des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom14.06.2004 – 3 Ca 479/04 – abgeändert:
Dem Beklagten wird Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin YY mit Wirkung ab 25.05.2004 bewilligt.
Gründe
I.
Die Klägerin hat von dem Beklagen, der Student ist und bei ihr geringfügig beschäftigt war, Schadensersatz wegen eines vom Beklagten verursachten Autounfalls in Höhe von 2.148,21 EUR verlangt. Erstmals im Kammertermin am 25.05.2004 hat der anwaltlich vertretene Beklagte, dem die Klageschrift der anwaltlich vertretenen Klägerin – soweit ersichtlich – ohne Belehrung nach § 11 a ArbGG zugestellt worden war, einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe „angekündigt”.
Das Arbeitsgericht hat ihm daraufhin unter Fristsetzung bis zum 27.05.2004, „aufgegeben, unverzüglich einen Prozesskostenhilfeantrag mit entsprechenden Belegen zur Gerichtsakte zu reichen”.
Nach Antragstellung und Erörterung der Sach- und Rechtslage haben die Parteien schließlich auf Vorschlag des Gerichts einen für die Beklagtenseite bis zum 07.06.2004 widerruflichen Vergleich geschlossen.
Am 27.05.2004 ging durch Einwurf in den Nachtbriefkasten ein schriftlicher Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe nebst beigefügter Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse und verschiedenen Belegen beim Arbeitsgericht ein. Unter der handschriftlich ausgefüllten Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, der die notwendigen Beläge beigefügt waren, fehlte die Unterschrift des Beklagten.
Nach Rechtskraft des Vergleichs wies das Arbeitsgericht am 14.06.2004 den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurück. Der gegen diesen am 25.06.2004 zugestellten Beschluss gerichteten sofortigen Beschwerde vom 08.07.2004, mit der der Beklagte eine unterschriebene Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beigefügt hat, hat es mit Beschluss vom 12.07.2004 nicht abgeholfen.
II.
Die nach § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO statthafte sofortige Beschwerde ist sowohl form- als auch fristgerecht eingelegt worden und damit insgesamt zulässig. Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg. Das Arbeitsgericht hat zu Unrecht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt, weil nicht rechtzeitig eine vom Antragsteller unterschriebene Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegen habe.
1.
Gemäß §§ 114, 119 Satz 1 ZPO erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Insoweit ist es erforderlich, aber auch ausreichend, dass bei summarischer Prüfung eine gewisse Wahrscheinlichkeit für ein Obsiegen des Antragstellers besteht, was vorliegend zu bejahen war, und das PKH-Gesuch den gesetzlichen Mindestanforderungen genügt.
Für die Abgabe der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse schreibt § 117 Abs. 4 ZPO die Benutzung des amtlichen Vordrucks vor, nach § 117 Abs. 2 ZPO müssen alle Angaben durch Vorlage entsprechender Belege glaubhaft gemacht werden. Eine Frist für das PKH-Gesuch sieht das Gesetz zwar nicht vor, jedoch muss es bis zum Abschluss der Instanz oder des Verfahrens beim zuständigen Gericht eingehen, denn sonst bietet die Rechtsverfolgung bzw. -verteidigung keine Aussicht auf Erfolg mehr (Zöller-Philippi ZPO § 117 Rn 2a). Ist der PKH-Antrag vor Ende der Instanz oder des Verfahrens gestellt, werden die Erklärungen über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse und/oder die entsprechenden Belege gemäß § 117 Abs. 2 ZPO aber erst nach Instanz- oder Verfahrensbeendigung eingereicht, kann Prozesskostenhilfe grundsätzlich nicht mehr bewilligt werden. Entsprechendes wird im Allgemeinen gelten, wenn der PKH-Vordruck und/oder die Unterlagen erst nach Instanz- oder Verfahrensbeendigung vervollständigt werden. Eine PKH-Bewilligung ist hingegen auch dann noch für die Instanz möglich, wenn zwischen Abschluss des Prozessvergleichs und Ablauf der Widerrufsfrist ein vollständiges PKH-Gesuch bei Gericht eingeht (vgl. LAG Hamm 03.09.2003 – 4 TA 245/03 – juris Rz. 10 f.). Vollständig ist die PKH-Antragstellung, wenn sie § 117 Abs. 2 ZPO entspricht. ...