Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuständigkeit der Einigungsstelle wegen Zahlung einer Inflationsausgleichsprämie an AT-Angestellte
Leitsatz (amtlich)
Eine Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand "Inflationsausgleichsprämie für AT-Mitarbeitende" ist nicht offensichtlich unzuständig i.S.v. § 100 Abs. 1 Satz 2 ArbGG.
Normenkette
ArbGG § 100 Abs. 1 S. 2; BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 10
Verfahrensgang
ArbG Ludwigshafen (Entscheidung vom 19.12.2023; Aktenzeichen 8 BV 19/23) |
Tenor
Auf die Beschwerde des zu 1. beteiligten Betriebsrats wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 19. Dezember 2023 - 8 BV 19/23 - abgeändert:
Zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand "Inflationsausgleichsprämie für AT-Mitarbeitende" wird der Vorsitzende Richter am Landesarbeitsgericht E.(LAG Baden-Württemberg) bestellt.
Die Zahl der Beisitzer wird auf zwei pro Betriebspartei festgesetzt.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über die Errichtung einer Einigungsstelle nach § 100 ArbGG.
Der zu 1. beteiligte Antragsteller ist der im Betrieb der zu 2. beteiligten Arbeitgeberin gebildete siebenköpfige Betriebsrat.
Die Arbeitgeberin zahlte im Januar 2023 eine Inflationsausgleichsprämie in Höhe von 750,00 EUR an alle außertariflichen Angestellten aus, für Teilzeitbeschäftigte entsprechend ihrer Beschäftigungsquote.
Mit Schreiben vom 21. März 2023 (Bl. 6 f. d. A.) forderte der Betriebsrat unter Verweis auf sein Mitbestimmungsrecht bei der Verteilung einer freiwilligen Leistung die Arbeitgeberin auf, mit ihm über die Gewährung einer Inflationspauschale in Verhandlungen zu treten. Mit Beschluss vom 27. Juni 2023 (Bl. 8 f. d. A.) erklärte der Betriebsrat die Verhandlungen hinsichtlich der Zahlung eines Inflationsausgleichs an AT-Mitarbeitende für gescheitert. Ferner beschloss er die Anrufung der Einigungsstelle und die Beauftragung seiner Verfahrensbevollmächtigten mit der Einleitung des Einigungsstelleneinsetzungsverfahrens. Auf den vom Betriebsrat mit Schreiben vom 30. Juni 2023 (Bl. 11 f. d. A.) unterbreiteten Vorschlag zur Besetzung der Einigungsstelle antwortete die Arbeitgeberin mit Schreiben vom 18. Juli 2023 (Bl. 10 d. A.), dass sie eine Einigungsstelle für unzulässig halte, weil die Inflationsausgleichsprämie Verhandlungsgegenstand der laufenden Tarifverhandlungen sei.
Am 18. September 2023 wurde zwischen dem D. und der F. ein Entgelttarifvertrag geschlossen, der am 1. Juni 2023 in Kraft getreten ist (Bl. 32 - 46 d. A.). In § 1 Ziff. 2 dieses Entgelttarifvertrags ist zu dessen persönlichen Geltungsbereich geregelt, dass u. a. "Angestellte mit einem Aufgabengebiet, das höhere Anforderungen stellt, als die höchste tarifliche Entgeltgruppe verlangt", nicht unter den Geltungsbereich fallen. In § 3 Ziff. 1 des Entgelttarifvertrags ist geregelt, dass jeder Beschäftigte in Vollzeittätigkeit mit der Oktober-Entgeltabrechnung 2023 eine Inflationsausgleichprämie in Höhe von 1.000,00 EUR und mit der Oktober-Entgeltabrechnung 2024 eine weitere Inflationsausgleichprämie in Höhe von 1.000,00 EUR erhält. Gemäß § 3 Ziff. 3 des Entgelttarifvertrags erhalten Beschäftigte in Teilzeit die Beträge gemäß Ziff. 1 anteilig im zeitratierlichen Verhältnis ihrer Teilzeittätigkeit zur Vollzeittätigkeit auf Basis der tariflichen wöchentlichen Arbeitszeit.
Mit dem am 5. Dezember 2023 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antrag auf Einleitung eines Beschlussverfahrens hat der Betriebsrat die Einsetzung einer Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand "Inflationsausgleich für AT-Mitarbeitende" und die Festsetzung der Anzahl der Beisitzer auf jeweils zwei pro Seite begehrt.
Hinsichtlich des wechselseitigen Vorbringens der Beteiligten erster Instanz wird auf den Tatbestand des Beschlusses des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 19. Dezember 2023 - 8 BV 19/23 - (Ziff. I. der Gründe) und ergänzend auf die erstinstanzlich eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Der Betriebsrat hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,
zum Vorsitzenden der Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand "Inflationsausgleich für AT-Mitarbeitende" Herrn E., LAG Baden-Württemberg, zu bestellen.
Die Arbeitgeberin hat in ihrem Schriftsatz vom 12. Dezember 2023 den Antrag angekündigt, den Antrag des Betriebsrats zurückzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, eine Einigungsstelle sei offensichtlich unzuständig. Im Termin zur Anhörung der Beteiligten vom 14. Dezember 2023 vor dem Arbeitsgericht ist kein Antrag der Arbeitgeberin protokolliert worden.
Mit Beschluss vom 19. Dezember 2023 - 8 BV 19/23 - hat das Arbeitsgericht Ludwigshafen am Rhein den Antrag des Betriebsrats auf Einrichtung einer Einigungsstelle zurückgewiesen.
Zur Begründung hat es ausgeführt, dass mittlerweile eine offensichtliche Unzuständigkeit der Einigungsstelle eingetreten sei, weil sich der Regelungsgegenstand, über den die Einigungsstelle befinden solle, erledigt habe. Sei eine mitbestimmungspflichtige Maßnahme bereits endgültig beschlossen und durchgeführt, so werde die Einigungsstelle of...