Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufhebung. Belege. Nachprüfungsverfahren. Nachweispflicht. Prozesskostenhilfe. Umfang. Aufhebung der Prozesskostenhilfe. Umfang der Erklärungspflicht der Partei im Nachprüfungsverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

1. Nach dem Wortlaut von § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO hat sich die Partei, der Prozesskostenhilfe bewilligt wurde, auf Verlangen des Gerichts nur darüber zu erklären, ob eine Änderung der Verhältnisse eingetreten ist. Eine weitergehende Erklärungspflicht der Partei ergibt sich aus dem Gesetz nicht.

2. Die Aufforderung an die Partei, „die Einkommens- und Vermögensverhältnisse darzulegen”, geht über die Mitteilungsobliegenheit des § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO hinaus. Zu einer solchen vollständigen Erklärung über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse ist die Partei im vierjährigen Nachprüfungsverfahren nicht verpflichtet.

3. Die Ankündigung der Partei, weitere Unterlagen vorlegen zu wollen, ersetzt nicht eine konkrete Auflage des Rechtspflegers zur Vorlage genau bestimmter Dokumente, da die Partei ohne nähere Konkretisierung in aller Regel nicht erkennen kann, welche konkreten Angaben sie machen und/oder welche (aktuellen) Belege sie vorlegen soll.

 

Normenkette

ZPO § 120 Abs. 4 S. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Koblenz (Beschluss vom 25.02.2009; Aktenzeichen 8 Ca 2922/07)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers vom 27.03.2009 wird der Nichtabhilfebeschluss des Arbeitsgerichts Koblenz vom 17.04.2009 – 8 Ca 2922/07 – aufgehoben.

2. Das Verfahren wird an das Arbeitsgericht Koblenz zu erneuten Entscheidung über eine Abhilfe der Beschwerde zurückverwiesen.

3. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.

4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

I. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Aufhebung der ihm gewährten Prozesskostenhilfe.

Mit Beschluss vom 18.02.2008 bewilligte das Arbeitsgericht Koblenz dem Kläger mit Wirkung ab der Güteverhandlung Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten für das von ihm vor dem Arbeitsgericht geführte Verfahren.

Nachdem der Rechtspfleger des Arbeitsgerichts Koblenz den Kläger nach Abschluss des Verfahrens vergeblich dreimal aufgefordert hatte, „die Einkommens- und Vermögensverhältnisse darzulegen” und geeignete Nachweise über Einnahmen und Ausgaben beizufügen, hierauf jedoch keine Reaktion seitens des Klägers erfolgte, hat der Rechtspfleger mit Beschluss vom 25.02.2009 den Beschluss vom 18.02.2008 über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe aufgehoben.

Gegen diesem, seinem Prozessbevollmächtigtem am 27.02.2009 zugestellten Beschluss legte der Kläger mit anwaltlichem Schriftsatz vom 27.03.2009, Eingang beim Arbeitsgericht Koblenz am demselben Tag, Beschwerde ein. Zur Begründung führte er an, dass die entsprechenden Unterlagen dem Gericht umgehend vorgelegt würden.

Nachdem ein Eingang der zugesagten Unterlagen nicht zu verzeichnen war, hat der Rechtspfleger mit Beschluss vom 17.04.2009 der Beschwerde nicht abgeholfen und hat sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Den Nichtabhilfebeschluss stützt der Rechtspfleger darauf, dass die Beschwerde zum einen nicht begründet wurde und der Kläger zum anderen trotz Ankündigung keine Unterlagen über seine gegenwärtigen Einkommens- und Vermögensverhältnisse vorgelegt habe.

 

Entscheidungsgründe

II. Die als sofortige Beschwerde auszulegende „Beschwerde” des Beschwerdeführers ist nach §§ 78 ArbGG in Verbindung mit 567 Abs. 1 Nr. 1, 127 Abs. 2 S. 2 ZPO statthaft, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und auch sonst zulässig.

Auch in der Sache hat das Rechtsmittel zumindest vorübergehenden Erfolg.

Der Nichtabhilfebeschluss des Arbeitsgerichts Koblenz vom 17.04.2009 war aufzuheben, da die vom Rechtspfleger geforderte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu weitreichend war und über die dem Beschwerdeführer gesetzlich vorgegebene Verpflichtung (§ 120 Abs. 3 S. 1 ZPO) hinausgeht.

Das Gericht kann gegenüber einer Partei, der Prozesskostenhilfe bewilligt worden war, die Entscheidung über die zu leistenden Zahlungen ändern, wenn sich die für die Prozesskostenhilfe maßgebenden persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse in der Folgezeit wesentlich geändert haben (§ 120 Abs. 4 S. 1 ZPO). Eine derartige Überprüfungsmöglichkeit besteht für die Dauer von vier Jahren (§ 120 Abs. 4 S. 3 ZPO). In diesem Zusammenhang hat sich nach dem Wortlaut von § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO die Partei auf Verlangen des Gerichts „nur darüber zu erklären, ob eine Änderung der Verhältnisse eingetreten ist”. Eine weitergehende Erklärungspflicht der Partei ergibt sich aus dem Gesetz nicht. Im vorliegenden Fall hat der Rechtspfleger den Beschwerdeführer indes aufgefordert möglichst umgehend „die Einkommens- und Vermögensverhältnisse darzulegen”. Zu einer vollständigen Erklärung über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse war der Beschwerdeführer im vierjährigen Nachprüfungsverfahren indes nicht verpflichtet.

Der Nichtabhilfebescheid kann auch nicht auf den Ums...

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