Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufhebung. Belege. Nachprüfungsverfahren. Nachweispflicht. Prozesskostenhilfe. Umfang. Aufhebung der Prozesskostenhilfe. Umfang der Erklärungspflicht der Partei im Nachprüfungsverfahren
Leitsatz (amtlich)
1. Nach dem Wortlaut von § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO hat sich die Partei, der Prozesskostenhilfe bewilligt wurde, auf Verlangen des Gerichts nur darüber zu erklären, ob eine Änderung der Verhältnisse eingetreten ist. Eine weitergehende Erklärungspflicht der Partei ergibt sich aus dem Gesetz nicht.
2. Die Aufforderung an die Partei, „die Einkommens- und Vermögensverhältnisse darzulegen”, geht über die Mitteilungsobliegenheit des § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO hinaus. Zu einer solchen vollständigen Erklärung über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse ist die Partei im vierjährigen Nachprüfungsverfahren nicht verpflichtet.
3. Die Ankündigung der Partei, weitere Unterlagen vorlegen zu wollen, ersetzt nicht eine konkrete Auflage des Rechtspflegers zur Vorlage genau bestimmter Dokumente, da die Partei ohne nähere Konkretisierung in aller Regel nicht erkennen kann, welche konkreten Angaben sie machen und/oder welche (aktuellen) Belege sie vorlegen soll.
Normenkette
ZPO § 120 Abs. 4 S. 2
Verfahrensgang
ArbG Koblenz (Beschluss vom 16.10.2009; Aktenzeichen 10 Ca 900/07) |
ArbG Koblenz (Beschluss vom 30.07.2009; Aktenzeichen 10 Ca 900/07) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Nichtabhilfebeschluss des Arbeitsgerichts Koblenz vom 16.10.2009 – 10 Ca 900/07 – aufgehoben.
2. Das Verfahren wird an das Arbeitsgericht Koblenz zu erneuten Entscheidung über eine Abhilfe der Beschwerde zurückverwiesen.
3. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.
4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Aufhebung der ihm gewährten Prozesskostenhilfe.
Mit Beschluss vom 27.9.2007 bewilligte das Arbeitsgericht Koblenz dem Kläger Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung seiner Prozessbevollmächtigten für das von ihm vor dem Arbeitsgericht geführte Verfahren.
Nach Abschluss des Verfahrens hat der Rechtspfleger den Kläger erstmals mit Schreiben vom 29.4.2009 aufgefordert, „möglichst umgehend die Einkommens- und Vermögensverhältnisse darzulegen und geeignete Nachweise über Einnahmen und Ausgaben beizufügen”. Nachdem der Kläger auf zwei weitere Aufforderungen mit Fristsetzung nicht reagiert hatte, hat der Rechtspfleger mit Beschluss vom 30.7.2009 den Beschluss auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufgehoben.
Dieser Beschluss wurde der Prozessbevollmächtigten des Klägers ausweislich des von ihr unterschriebenen Empfangsbekenntnisses am 06.08.2009 zugestellt.
Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 7.9.2009, eingegangen beim Arbeitsgericht Koblenz am selben Tag, hat die Prozessbevollmächtigte gegen den Aufhebungsbeschluss Beschwerde eingelegt.
Zur Begründung führte sie an, dass die Unterlagen zunächst an die unzutreffende Anschrift des Klägers übermittelt worden seien und jetzt – nach Ermittlung der zutreffenden Anschrift – die entsprechenden Unterlagen umgehend überreicht würden.
Mit Schreiben vom 23.9.2009 hat der Rechtspfleger dem Kläger eine Frist zur Begründung der Beschwerde von 2 Wochen gesetzt. Nachdem ein Eingang der zugesagten Unterlagen innerhalb der Frist nicht zu verzeichnen war, hat der Rechtspfleger mit Beschluss vom 16.10.2009 der Beschwerde nicht abgeholfen und hat sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Den Nichtabhilfebeschluss stützt der Rechtspfleger darauf, der Kläger habe trotz Ankündigung keine Angaben über seine derzeitigen Einkommens- und Vermögensverhältnisse gemacht und keine entsprechenden Belege vorgelegt.
Entscheidungsgründe
II. Die als sofortige Beschwerde auszulegende Beschwerde ist nach §§ 78 ArbGG in Verbindung mit 567 Abs. 1 Nr. 1, 127 Abs. 2 S. 2 ZPO statthaft. Sie ist fristgerecht eingelegt, da die Frist gemäß § 2 22 Abs. 2 ZPO erst mit Ablauf des nächsten Werktages endet, wenn das Ende der Frist auf einen Sonntag oder Sonnabend fällt. Die Beschwerde wurde formgerecht eingelegt und ist auch sonst zulässig.
Auch in der Sache hat das Rechtsmittel zumindest vorübergehenden Erfolg.
Der Nichtabhilfebeschluss des Arbeitsgerichts Koblenz vom 16.10.2009 war aufzuheben, da die von dem Rechtspfleger geforderte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu weitreichend war und über die dem Beschwerdeführer gesetzlich vorgegebene Verpflichtung (§ 120 Abs. 3 S. 1 ZPO) hinausgeht.
Das Gericht kann gegenüber einer Partei, der Prozesskostenhilfe bewilligt worden war, die Entscheidung über die zu leistenden Zahlungen ändern, wenn sich die für die Prozesskostenhilfe maßgebenden persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse in der Folgezeit wesentlich geändert haben (§ 120 Abs. 4 S. 1 ZPO). Eine derartige Überprüfungsmöglichkeit besteht für die Dauer von vier Jahren (§ 120 Abs. 4 S. 3 ZPO). In diesem Zusammenhang hat sich nach dem Wortlaut von § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO die Partei auf Verlangen d...