Entscheidungsstichwort (Thema)

Beschwerde, sofortige. Frist. Fristbeginn. Notfrist. Prozesskostenhilfe, Aufhebung der. Prozessvollmacht, Umfang der. Zustellung, an den Prozessbevollmächtigten. Zustellungsbevollmächtigung. Aufhebung von Prozesskostenhilfe. Frist der sofortigen Beschwerde

 

Leitsatz (amtlich)

Gemäß § 127 Abs. 2 S. 3 ZPO i.v.m. § 569 Abs. 1 S. 1 ZPO i.V.m. § 78 ArbGG ist die sofortige Beschwerde gegen einen die Bewilligung von Prozesskostenhilfe aufhebenden Beschluss binnen einer Notfrist von einem Monat einzulegen. Die Notfrist beginnt, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit der Zustellung der Entscheidung an den Prozessbevollmächtigten oder, falls ein solcher nicht oder durch Entpflichtung nicht mehr bevollmächtigt ist, an die Partei. Der Umfang einer Prozessvollmacht und damit auch die Bevollmächtigung zur Entgegennahme von gerichtlichen Schriftstücken des Prozessbevollmächtigten erstreckt sich auch auf die nachträgliche Überprüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse im Prozesskostenhilfeverfahren nach § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Prozesskostenhilfeantrag bereits durch den Prozessbevollmächtigten gestellt wurde. In diesen Fällen muss gem. § 172 Abs. 1 ZPO die Zustellung an den Prozessbevollmächtigten erfolgen, um wirksam zu sein.

 

Normenkette

ArbGG § 78; BGB §§ 187, 188 Abs. 2; ZPO §§ 127, 127 Abs. 2 S. 3, § 222 Abs. 1, §§ 567, 569 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Kaiserslautern (Beschluss vom 14.06.2010; Aktenzeichen 1 Ca 897/07)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 14.06.2010 – 1 Ca 897/07 – wird als unzulässig verworfen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Beschwerdeführer zu tragen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

I. Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung des ihm Prozesskostenhilfe gewährenden Beschlusses.

Das Arbeitsgericht Kaiserslautern hat dem Kläger für die von ihm betriebene Lohnzahlungsklage Prozesskostenbeihilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten ohne Zahlungsbestimmung bewilligt.

Nach Abschluss des Rechtsstreits hat das Arbeitsgericht den Kläger mehrfach aufgefordert, eine Erklärung über eine Änderung seiner wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse abzugeben. Nachdem der Kläger auf diese Aufforderung nicht reagierte, hat das Arbeitsgericht die Bewilligung der Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 14.06.2010, dem Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellt am 18.06.2010, aufgehoben.

Am 29.07.2010 übersandte der Kläger eine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse an das Arbeitsgericht, wonach sich die Verhältnisse des Klägers zwischenzeitlich verändert hatten. Das Arbeitsgericht hat diese Erklärung des Klägers als sofortige Beschwerde ausgelegt und den Beschwerdeführer aufgefordert, einen Beleg über den angegebenen Bezug von Arbeitslosengeld II vorzulegen. Nachdem der Beschwerdeführer dem nicht nachkam, hat das Arbeitsgericht dem Rechtsbehelf nicht abgeholfen und das Verfahren dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Das Beschwerdegericht hat dem Beschwerdeführer erneut Gelegenheit zur Vorlage des geforderten Belegs gegeben. Hierauf hat die Beschwerdeführer nicht innerhalb der gesetzten Frist reagiert.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Beschwerde ist als unzulässig zu verwerfen, da sie gem. §§ 127 Abs. 2 Satz 3, 222 Abs. 1, 2 ZPO nicht fristgerecht eingelegt wurde.

Gemäß § 127 Abs. 2 Satz 3 ZPO in Verbindung mit § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO i. V. m. § 78 ArbGG ist die sofortige Beschwerde binnen einer Notfrist von einem Monat einzulegen. Die Notfrist beginnt, soweit nicht anders bestimmt ist, mit der Zustellung der Entscheidung an den Prozessbevollmächtigten oder, falls ein solcher nicht oder nicht mehr bevollmächtigt ist, an die Partei. Erfolgt keine Zustellung oder ist die Zustellung fehlerhaft, beginnt die Notfrist spätestens mit Ablauf von 5 Monaten nach der Verkündung des Beschlusses, vgl. § 569 Abs. 1 S. 2 ZPO.

Maßgeblich für den Beginn der Notfrist ist im vorliegenden Fall der Zugang des Beschlusses bei dem Prozessbevollmächtigten des beschwerdeführenden Klägers. Ausweislich des bei den Akten befindlichen Empfangsbekenntnisses erfolgte die Zustellung an den Prozessbevollmächtigten am 18.06.2010 (Bl. 41 d. A.). Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Beschl. v. 19.07.2006 – 3 AZB 18/06), des Bundesgerichtshofs (Beschl. v. 08.12.2010 – XII ZB 38/09) und der Beschwerdekammer des LAG Rheinland-Pfalz (Beschl. v. 03.04.2009 – 1 Ta 46/09) erstreckt sich der Umfang der Prozessvollmacht und damit auch die Zustellungsbevollmächtigung auf die nachträgliche Überprüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse im Prozesskostenhilfeverfahren nach § 120 Abs. 4 ZPO, wenn der Prozesskostenhilfeantrag – wie hier – bereits durch den Prozessbevollmächtigten gestellt wurde. In diesen Fällen muss gem. § 172 Abs. 1 ZPO die Zustellung an den Prozessbevollmächtigten erfolgen, um wirksam zu se...

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