Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwert eines Vergleichs mit Abgeltung sämtlicher gegenseitiger Forderungen
Leitsatz (redaktionell)
Vereinbaren die Parteien in einem Vergleich die Abgeltung sämtlicher noch zwischen ihnen bestehender bestrittener Forderungen mit der Erfüllung des Vergleichs, ist die entsprechende Klausel grundsätzlich mit einem wirtschaftlichen Mehrwert in voller Höhe der miterledigten Ansprüche anzusetzen (vgl. LAG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 20.10.2008 - 1 Ta 177/08).
Normenkette
ZPO § 3
Verfahrensgang
ArbG Mainz (Entscheidung vom 29.03.2012; Aktenzeichen 9 Ca 689/11) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 29.03.2012 wird auf ihre Kosten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit ihrer Prozessbevollmächtigten für den Vergleich auf 51.882,00 EUR festgesetzt wird.
Die Klägerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Gründe
I.
Im Ausgangsverfahren klagte die Klägerin zunächst gegen den Beklagten auf rückständige Vergütungszahlungen und Auslagenersatz. Ihr Klageziel war zuletzt gemäß Antrag vom 25.08.2011 die Verurteilung zur Zahlung in Höhe von 16.500,00 EUR brutto abzüglich 6.500,00 EUR netto und 417,07 EUR netto. Vor dem Amtsgericht Mainz war zwischen den Parteien anhängig ein Rechtsstreit über 4.165,00 EUR.
Im Laufe des Verfahrens machte der Beklagte gegenüber der Klägerin Schadensersatzansprüche geltend. Diese bezifferte er mit über 30.000,00 EUR im Schriftsatz vom 11.06.2011 an das Arbeitsgericht Mainz sowie präzise ausgerechnet über 37.300,00 EUR gemäß Schriftsatz ohne Datum, eingegangen beim Arbeitsgericht Mainz am 30.05.2011 (Seite 3). Hier rechnete er fünf Tage Ausfallzeiten von 50 Prozent für zwei Mitarbeiter mit 800,00 EUR, Verlust des Datenwertes eines Magazins von 6.800,00 EUR, Verlust des Datenwertes vom zweiten Magazin von 7.100,00 EUR und den Datenwert des dritten Magazins mit 22.600,00 EUR. Im arbeitsgerichtlichen Verfahren schlossen die Parteien im Kammertermin am 15.12.2011 einen Vergleich. Der Beklagte verpflichtete sich zur Zahlung an die Klägerin zum Ausgleich für in freiberuflicher Tätigkeit erbrachte Leistungen zur Zahlung von 7.000,00 EUR in Raten, trafen eine Vereinbarung zur Erledigung des Rechtsstreits vor dem Amtsgericht Mainz - 79 C 77/11 - und erklärten sämtliche wechselseitigen Ansprüche der Parteien, seien sie bekannt oder unbekannt, für erledigt.
Nach Abschluss des Verfahrens beantragten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin Wertfestsetzung. Nach Anhörung setzte das Arbeitsgericht den Wert des Streitgegenstandes für das Verfahren auf 10.417,00 EUR fest, für den Vergleich auf 52.082,00 EUR. Zur Begründung führte es aus, die geltend gemachten 37.500,00 EUR und die vom Amtsgericht streitgegenständlichen Ansprüche ergäben diese Summe.
Der Beschluss wurde der Klägerin am 03.04.2012 zugestellt. Mit am 10.04.2012 eingegangenem SchriftSatz 1egte die Klägerin hiergegen Beschwerde ein. Sie wendet sie sich gegen den Gegenstandswert des Vergleiches von 52.052,00 EUR. Dies sei nicht verständlich, weil der Beklagte willkürlich Schadensersatzansprüche angemeldet habe.
Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die Beschwerde der Klägerin ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt worden. Auch übersteigt der Wert des Beschwerdegegenstandes den Mindestbeschwerdewert von 200,00 EUR gemäß § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG.
In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg. Die Beschwerde ist unbegründet, da das Arbeitsgericht den Mehrwert des Vergleiches jedenfalls nicht zu niedrig bewertet hat.
Werden in einem Vergleich neben den streitgegenständlichen Ansprüchen auch nicht rechtshängige Ansprüche oder Rechte geregelt, ist der Vergleichswert in der Regel durch eine Wertaddition der erfassten Ansprüche zu ermitteln, wobei der Einzelwert des zusätzlich geregelten Gegenstandes selbständig nach den allgemeinen Bewertungsregelungen der §§ 39 ff. GKG und 3 ff. ZPO zu beziffern sind. Eine volle Wertaddition kommt in Betracht, wenn es sich bei den zusätzlich geregelten Gegenständen jeweils um selbständige zwischen den Parteien streitige Ansprüche handelt. Dies entspricht ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammer (vgl. nur LAG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 21.08.2009 - 1 Ta 119/09).
Der Vergleichsmehrwert richtet sich dann nach dem wirtschaftlichen Interesse der Vertragsparteien an den konkreten Vergleichsregelungen. Vereinbaren die Parteien die Abgeltung sämtlicher noch zwischen ihnen bestehender bestrittener Forderungen mit der Erfüllung des Vergleichs, ist die entsprechende Klausel grundsätzlich mit einem wirtschaftlichen Mehrwert in voller Höhe der miterledigten Ansprüche anzusetzen (vgl. LAG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 20.10.2008 - 1 Ta 177/08).
Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die durch eine Abgeltungsklausel erledigten Forderungen zum Zeitpunkt des Vergleichsschlusses be...