Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgeltungsklausel. Ausgleichsklausel. Gegenstandswert. Schadensersatzanspruch. Schadensersatzansprüche. Vergleichsmehrwert. Wertfestsetzung. Vergleichsmehrwert Abgeltungsklausel
Leitsatz (amtlich)
1. Vereinbaren die Parteien in einem Vergleich die Abgeltung sämtlicher gegenseitiger Forderungen,dann ist für die entsprechende Abgeltungsklausel grundsätzlich ein Mehrwert in Höhe der erledigten Ansprüche festzusetzen.
2. Voraussetzung für die Existenz und Beilegung einer möglichen Forderung in einer Abgeltungsklausel ist allerdings, dass die erledigte Forderung zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses noch besteht bzw. bereits soweit manifestiert und konkretisiert sind, dass für den Forderungsgegner voraussichtlicher Forderungsgrund und ungefähre Forderungshöhe erkennbar sind und er auch erkennen kann, ob der Forderungsinhaber sich einer fassbaren Forderung ernsthaft berühmt und eine Geltendmachung möglich erscheint. Nur dann hat die Abgeltungsklausel bezüglich einer möglichen Forderung für die Beteiligten einen wirtschaftlichen Wert. Wird eine Abgeltungsklausel lediglich deklaratorisch vereinbart oder erfolgt ihre Vereinbarung aufgrund der pauschalen, jedoch weder näher konkretisierten noch fassbaren Anspruchsbehauptung einer Partei, kommt ihr kein eigener Wert zu.
Normenkette
RVG § 33 Abs. 3; ZPO § 3
Verfahrensgang
ArbG Koblenz (Beschluss vom 21.06.2011; Aktenzeichen 4 Ca 1100/11) |
Tenor
1. Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Wertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Koblenz vom 21.06.2011 – 4 Ca 1100/11 – wird auf Kosten des Beschwerdeführers zurückgewiesen.
2. Ein Rechtsmittel gegen diese Entscheidung ist nicht gegeben.
Tatbestand
I. Im vorliegenden Beschwerdeverfahren begehrt der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Festsetzung eines höheren Vergleichsmehrwerts.
Der Kläger war bei der Beklagten seit März 2008 als leitender Angestellter mit den Aufgabenbereichen Leiter der Buchhaltung, Organisation, allgemeine Verwaltungsarbeiten zu einem Bruttomonatsgehalt von insgesamt 5842,90 Euro beschäftigt. Zuvor war der Kläger seit dem Jahr 1979 bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten tätig, so dass die Beklagte diese Beschäftigung auf die Beschäftigungszeit bei ihr angerechnet hat. Die Beklagte hat das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 23.03.2011 außerordentlich mit sozialer Auslauffrist gekündigt.
Der Kläger hat neben einer entsprechenden Kündigungsschutzklage auch Klage auf Zahlung ausstehenden Lohns erhoben.
Aus der im Prozess vorgelegten außergerichtlichen Korrespondenz der Parteien ist ersichtlich, dass die Beklagte dem Kläger vorwarf, ein ihm zugewiesenes Projekt nicht bearbeitet und damit die Arbeit verweigert zu haben. Die Beklagte erklärte deshalb gegenüber dem Kläger mit Schreiben vom 01.12.2010 außergerichtlich, sie werde ihn für den Fall, dass seine Arbeitsverweigerung zu einer Schadensersatzverpflichtung gegenüber ihrem Vertragspartner führen werde, „vollumfänglich persönlich haftbar machen”. Mit Schriftsatz vom 04.02.2011 erklärte die Beklagte gegenüber dem Kläger in einem zwischen den Parteien geführten Abmahnungsprozess, ihr Vertragspartner habe sie mittlerweile auf Schadensersatz verklagt und die Ansprüche auf einen siebenstelligen Euro-Betrag beziffert. Konkrete Schadensersatzansprüche gegen den Kläger äußerte oder bezifferte die Beklagte jedoch weder in diesem noch im vorliegenden Verfahren oder außergerichtlich.
Die Parteien haben den vorliegenden Rechtsstreit am 20.06.2011 durch Vergleich beendet. Darin haben sie unter anderem vereinbart, dass mit Erfüllung dieses Vergleichs alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis erledigt sein sollten (Ziffer 9).
Nach Anhörung der Beteiligten hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 21.06.2011 den Gegenstandswert unter anderem für den Vergleich auf 26.793,05 Euro festgesetzt.
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat gegen diesen ihm am 30.06.2011 zugestellten Beschluss am Folgetag Beschwerde eingelegt und begehrt die Festsetzung eines Vergleichsmehrwerts von 526.793,05 Euro. Nach Ansicht des Beschwerdeführers habe das Arbeitsgericht Ziffer 9 des Vergleichs nicht ausreichend hoch bewertet. Diese Abgeltungsklausel sei im Hinblick auf die mit Schreiben vom 01.12.2010 angekündigten Schadensersatzforderungen der Beklagten gegenüber dem Kläger vereinbart worden. Ausgehend von der seitens der Beklagten genannten gegen sie gerichteten Forderung im siebenstelligen Bereich und unter Vornahme eines Abschlags nach Berücksichtigung einer möglichen Beschränkung der Haftung des Klägers sei die Ausgleichsklausel bezüglich einer miterledigten Schadensersatzforderung mit ca 500.000,– Euro zu bewerten.
Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 01.08.2011 teilweise abgeholfen und den Vergleichswert unter Erhöhung um ein Bruttomonatsgehalt des Klägers für Ziffer 9 des Vergleichs auf 32.635,95 Euro festgesetzt. Im Übrigen hat es der Beschwerde nicht abgeholfen. Das Arbeitsgericht hat dies damit begründet,...