Entscheidungsstichwort (Thema)

Gegenstandswert. Kündigungen, mehrere

 

Leitsatz (amtlich)

1. a. Wird die Wirksamkeit mehrerer Kündigungen, die in einem nahen zeitlichen Zusammenhang – in der Regel in einem Kündigungsschreiben (z.B. außerordentliche und hilfsweise ordentliche Kündigung) – ausgesprochen worden sind, in einem Verfahren angegriffen und liegt ihnen ein identischer Kündigungssachverhalt zugrunde, dann ist die erste Kündigung abhängig von der Dauer des Bestands des Arbeitsverhältnisses mit bis zu drei Bruttomonatsverdiensten zu bewerten und jede weitere Kündigung ist nicht gegenstandswerterhöhend.

b. Hierunter fallen auch solche Fälle, in denen einer Kündigung in einem nahen zeitlichen Zusammenhang zur Heilung möglicher Unwirksamkeitsgründe – z.B. bei Streit über den Zugang des ersten Kündigungsschreibens oder bei Zweifeln an der ordnungsgemäßen Betriebsratsanhörung zur ersten Kündigung – eine weitere Kündigung mit identischem Kündigungssachverhalt nachgeschoben wird. Auch in diesen Fällen sind alle Kündigungen mit maximal drei Bruttomonatsverdiensten zu bewerten.

2. Wird die Wirksamkeit mehrerer Kündigungen, die keinen unmittelbaren Bezug zueinander haben, mit verschiedenen Beendigungszeitpunkten angegriffen und sind diese in einem zeitlichen Zusammenhang ausgesprochen worden, dann ist die zeitlich erste Kündigung abhängig von der Dauer des Bestands des Arbeitsverhältnisses mit bis zu drei Bruttomonatsverdiensten zu bewerten. Jede weitere Kündigung ist grundsätzlich mit einem Betrag zu bewerten, der dem durchschnittlichen Verdienst entspricht, den der Arbeitnehmer bei Hinausschieben des Beendigungszeitpunktes aufgrund der weiteren Kündigung mehr bzw. bei Vorschieben des Beendigungszeitpunkts durch diese weniger verdienen würde. Allerdings ist dieser Verlängerungs- bzw. Verkürzungszeitraum auf maximal einen Monatsverdienst begrenzt (Deckelung).

3. Bei Anwendung der vorgenannten Grundsätze spielt es grundsätzlich keine Rolle, ob die unterschiedlich zusammenhängenden Kündigungen in einem einzigen Klageverfahren im Wege der objektiven Klagehäufung (§ 260 ZPO) oder in jeweils selbständigen Klageverfahren angegriffen werden.

 

Normenkette

GKG § 42 Abs. 4 S. 1; RVG § 33 Abs. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Kaiserslautern (Beschluss vom 16.01.2007; Aktenzeichen 2 Ca 1614/06)

 

Tenor

1. Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 16.01.2007 – 2 Ca 1614/06 – wird auf Kosten des Beschwerdeführers zurückgewiesen.

2. Ein Rechtsmittel ist gegen diese Entscheidung nicht gegeben.

 

Tatbestand

I.

Der Beschwerdeführer begehrt die Festsetzung eines höheren Gegenstandswertes im Zusammenhang mit mehreren Kündigungen

Der Kläger war bei der Beklagten seit dem 01.04.2004 bzw. 06.09.2004 zu einem durchschnittlichen Bruttomonatsverdienst in Höhe von zuletzt 2.650,00 Euro beschäftigt. Im vorliegenden Klageverfahren hat er sich gegen eine ordentliche Kündigung der Beklagten vom 13.11.2006 zum 31.12.2006 gewendet.

Das Verfahren wurde vor dem Arbeitsgericht durch einen umfassenden Vergleich vom 04.12.2006 erledigt. Die Parteien einigten sich in Ziffer 1 des Vergleichs über eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.12.2006. Mit Abschluss des Vergleichs haben die Parteien auch das Verfahren 2 Ca 1664/06 mit erledigt. In diesem Verfahren hatte sich der Kläger gegen eine außerordentliche, fristlose Kündigung der Beklagten vom 23.11.2006 gewendet.

Auf Antrag des Prozessbevollmächtigten der Beklagten hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 16.01.2007 den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit auf 7.950,00 Euro für das Verfahren und auf 10.600,00 Euro für den Vergleich festgesetzt.

Gegen diesen Beschluss, der ihm am 22.01.2007 zugestellt wurde, hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten mit Schriftsatz vom 25.01.2007, eingegangen beim Arbeitsgericht am selben Tag, Beschwerde eingelegt mit dem Ziel, den Gegenstandswert für den Vergleich auf 15.900,00 Euro festzusetzen.

Nach Auffassung des Beschwerdeführers sei auch das zweite Kündigungsschutzverfahren mit drei Bruttomonatsverdiensten zu bewerten.

Das Arbeitsgericht hat am 15.05.2007 erneut einen im Übrigen von Wortlaut und Inhalt her mit dem Beschluss vom 16.01.2007 identischen Beschluss erlassen. Damit hat das Arbeitsgericht jedenfalls konkludent der Beschwerde nicht abgeholfen und hat sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Beschwerde ist gemäß § 33 Abs. 3 RVG statthaft. Sie wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt, übersteigt den Wert des Beschwerdegegenstands von 200,00 Euro und ist auch sonst zulässig.

In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat den Gegenstandswert für die anwaltliche Tätigkeit des Beschwerdeführers zutreffend mit 10.600,00 Euro für den Vergleich festgesetzt.

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. BAG, Urteil vom 30.11.1984 – 2 AZN 572/82 (B) – NZA 1985, 369 ff. zu § 12 Abs. 7 ArbGG a.F.; kritisch Vollstädt, in: Schwab/Weth, Ar...

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