Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslegung einer Prozesserklärung. Aufhebung von Prozesskostenhilfe. Aufhebung. Auslegung. Mitwirkungspflicht. Prozesserklärung. Prozesskostenhilfe
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine Parteihandlung mit einem prozessrechtlichen Gehalt ist auszulegen und als bestimmte Handlungsform zu deuten, wenn sie die Voraussetzungen der Prozesshandlung erfüllt und ein entsprechender Parteiwille zu erkennen ist.
2. Der Pflicht zur Darlegung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach § 120 Abs. 4 ZPO ist regelmäßig nicht alleine durch die Vorlage des amtlichen Vordrucks der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse genügt. Vielmehr umfasst die Erklärungspflicht auch die Vorlage bestimmter beweiskräftiger Unterlagen nach § 118 Abs. 2 S. 1 ZPO (Anschluss an LAG Schleswig-Holstein, Beschluss v. 02.06.2003 – 2 Ta 93/03).
Normenkette
BGB § 140; ZPO § 118 Abs. 2, § 120 Abs. 4, § 124 Nr. 2, § 571 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Koblenz (Beschluss vom 14.09.2004; Aktenzeichen 6 Ca 606/02) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Koblenz – Auswärtige Kammern Neuwied – vom 14.09.2004, 6 Ca 606/02, wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Dem Kläger war am 04.04.2002 Prozesskostenhilfe unter Rechtsanwaltsbeiordnung (PKH) ohne Ratenzahlungsverpflichtung bewilligt worden. Nachdem der Kläger auf Anfragen der Rechtspflegerin des Arbeitsgerichts vom 29.06.2004, 28.07.2004 und 07.09.2004, seine nunmehrigen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse darzulegen, nicht reagiert hatte, hob das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 14.09.2004 die PKH-Bewilligung auf. Dieser Beschluss wurde dem Kläger am 16.09.2004 zugestellt.
Am 22.09.2004 erschien der Kläger auf der Rechtsantragsstelle des Arbeitsgerichts und überreichte eine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse. Zudem erklärte er, sein Arbeitsverhältnis sei zum 12.09.2004 gekündigt worden und er erhalte noch keine Arbeitslosenunterstützung, da noch nicht alle Arbeitspapiere vom Arbeitgeber herausgegeben worden seien; für seinen gegenwärtigen Lebensunterhalt sorge seine Mutter.
Unter dem 24.09.2004 teilte das Gericht dem Kläger mit, es fasse seine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 22.09.2004 als sofortige Beschwerde gegen den Beschluss vom 14.09.2004 auf. Gleichzeitig forderte es den Kläger auf, einen Beleg für seine monatlichen Wohnkosten von 200,– Euro sowie einen Bescheid des Arbeitsamts über die Gewährung von Arbeitslosengeld vorzulegen (letzterer, sobald er vorliege). Nachdem der Kläger auf diese Aufforderung nicht reagierte, erinnerte ihn das Gericht mit Schreiben vom 18.10.2004 und vom 10.11.2004 an die Vorlage der angeforderten Unterlagen. Ferner kündigte es an, die Sache dem Landesarbeitsgericht vorzulegen, falls binnen einer Frist von zwei Wochen kein Eingang der Unterlagen erfolge.
Da der Kläger auch auf diese Aufforderung hin untätig blieb, hat das Arbeitsgericht der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Entscheidungsgründe
II.
Das Rechtsmittel des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet.
1.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig.
a)
Bei dem eingelegten Rechtsmittel handelt es sich um eine sofortige Beschwerde.
aa)
Im Verfahrensrecht gilt der Grundsatz, dass eine Parteihandlung mit einem prozessrechtlichen Gehalt auszulegen und als bestimmte Handlungsform (ggf. analog § 140 BGB (um-)zudeuten ist, wenn sie die Voraussetzungen der Prozesshandlung erfüllt und ein entsprechender maßgeblicher Parteiwille zu erkennen ist (vgl. etwa: BGH, 01.10.2986, FamRZ 1987, 154; 21.06.2000, NJW-RR 2001, 279). Dabei ist dem erkennbaren Parteiwillen Rechnung zu tragen, eine gerichtliche Entscheidung nicht akzeptieren zu wollen, weil sie der Rechtslage nicht entspreche.
bb)
Nach diesem Grundsatz kann das Verhalten des Beschwerdeführers als Einlegung einer sofortigen Beschwerde aufgefasst werden. Sein erkennbarer Wille ging bei der Anbringung der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auf der Rechtsantragsstelle des Arbeitsgerichts dahin, die gerichtliche Aufhebungsentscheidung durch die Darlegung seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse aus der Welt zu schaffen. Zu diesem Zweck nahm er auch die Erläuterung seiner gegenwärtigen Einkommenslage vor und führte aus, dass er noch keine Arbeitslosenunterstützung erhalte und von seiner Mutter unterstützt werde. Die Aufhebung des gerichtlichen Beschlusses war allein im Wege der sofortigen Beschwerde möglich, da nur in diesem Verfahren nach § 571 Abs. 2 Satz 1 ZPO noch neue Angriffs- und Verteidigungsmittel in Gestalt der angeforderten Erklärungen vorgebracht werden konnten (BAG, 18.11.2003, NZA 2004, 1062; OLG Köln, 11.05.1998, NJW-RR 1998, 1775). Zudem war dem Beschwerdeführer die Statthaftigkeit dieses Rechtsmittels aufgrund der Rechtsmittelbelehrung des Beschluss...