Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsschutzmaßnahmen. Gefährdungsbeurteilung. Reihenfolge. Unterweisung. Zeitliche Reihenfolge von Gefährdungsbeurteilung und Unterweisung
Normenkette
ArbSchG §§ 12, 5
Verfahrensgang
ArbG Koblenz (Beschluss vom 24.03.2010; Aktenzeichen 2 BV 22/09) |
Nachgehend
Tenor
Die Beschwerden des Betriebsrates und des Gesamtbetriebsrates gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Koblenz vom 24.03.2010, Az.: 2 BV 22/09 werden zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten um die Rechtswirksamkeit des Teilspruchs einer Einigungsstelle zu arbeitsschutzrechtlichen Unterweisungen.
Die Beteiligte zu 1) ist ein Unternehmen, dass mit der Herstellung, dem Vertrieb sowie der Installation von Aufzügen, Fahrtritten und Fahrsteigen befasst ist und in der Unternehmenszentrale in Z sowie an 38 weiteren Standorten in Deutschland – darunter auch in der Niederlassung Y – insgesamt cirka 2.800,00 Arbeitnehmer beschäftigt (im Folgenden: Die Arbeitgeberin). Beteiligter zu 2) ist der für die Niederlassung Y gewählte Betriebsrat (im Folgenden: Der Betriebsrat) und Beteiligter zu 3) der für das Unternehmen zuständige Gesamtbetriebsrat (im Folgenden: Der Gesamtbetriebsrat).
Am 17.12.2008 führten die Verhandlungen einer Einigungsstelle, an der neben der Einigungsstellenvorsitzenden und der Arbeitgeberin auch der Gesamtbetriebsrat im Auftrag der an den verschiedenen Niederlassungen der Arbeitgeberin gebildeten örtlichen Betriebsräte teilnahm, zu einem Teilspruch, der in eine Betriebsvereinbarung über Unterweisungen nach § 12 ArbSchG und hierzu erforderliche organisatorische Vorkehrungen umgesetzt wurde; wegen des Inhaltes dieser Betriebsvereinbarung wird auf Bl. 13 Rs. = Bl. 31 d.A. verwiesen. Vor dem Teilspruch war im Unternehmen der Arbeitgeberin noch keine Gefährdungsbeurteilung im Sinne von § 5 ArbSchG durchgeführt worden.
Mit dem am 26.01.2009 beim Arbeitsgericht Berlin eingeleiteten Beschlussverfahren hat die Arbeitgeberin die Feststellung der Unwirksamkeit des Teilspruchs sowohl gegenüber dem Gesamtbetriebsrat als auch gegenüber 28 örtlichen Betriebsräten begehrt. Das Arbeitsgericht Berlin hat daraufhin den Rechtsstreit soweit Niederlassungen außerhalb von Z und die dort ansässigen Betriebsräte betroffen waren, an die für die jeweiligen Niederlassungen zuständigen Arbeitsgerichte verwiesen – im vorliegenden Fall ist eine Verweisung an das Arbeitsgericht Koblenz erfolgt.
Die Arbeitgeberin hat im Wesentlichen geltend gemacht,
der Teilspruch vom 17.12.2008 sei unwirksam, da eine Regelung der Unterweisung nicht erfolgen könne bevor eine Gefährdungsbeurteilung durchgeführt worden sei. Außerdem bestehe eine originäre Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrates für den in dem Teilspruch geregelten Gegenstand, zumal eine unternehmenseinheitliche Organisation des Arbeitsschutzes erforderlich sei.
Die Arbeitgeberin hat beantragt,
festzustellen, dass der Teilspruch der beim Gesamtbetriebsrat gebildeten Einigungsstelle vom 17.12.2008 unwirksam ist.
Der Betriebsrat und der Gesamtbetriebsrat haben beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Der Betriebsrat und der Gesamtbetriebsrat haben die Auffassung vertreten,
eine Unterweisung nach § 12 ArbSchG könne auch dann erfolgen, wenn eine Gefährdungsbeurteilung im Sinne von § 5 ArbSchG noch nicht vorliege, da die genannten gesetzlichen Regelungen voneinander unabhängig seien.
Das Arbeitsgericht Koblenz hat mit Beschluss vom 24.03.2010 (Bl. 572 ff. d.A.) festgestellt, dass der Teilspruch der beim Gesamtbetriebsrat gebildeten Einigungsstelle vom 17.12.2008 unwirksam ist. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, es könne dahingestellt bleiben, ob eine originäre Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats nach § 50 Abs. 1 BetrVG vorliegend bestehe. Jedenfalls sei der Teilspruch vom 17.12.2008 schon deshalb unwirksam, weil hierin nur Regelungen zur Unterweisung nach § 12 ArbSchG getroffen worden seien, aber keine Regelungen zur Gefährdungsbeurteilung nach § 5 ArbSchG. Infolgedessen sei ein Verstoß gegen das zwingende gesetzliche Regelungssystem der §§ 5, 12 ArbSchG festzustellen. Die Kammer schließe sich den Ausführungen des LAG Berlin/Brandenburg in dessen Beschluss vom 19.02.2009 (Az.: 1 TaBV 1871/08) an.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts wird auf S. 4 ff. des Beschlusses vom 24.03.2010 (= Bl. 575 ff. d.A.) Bezug genommen.
Der Betriebsrat und der Gesamtbetriebsrat, denen die Entscheidung des Arbeitsgerichts am 06.05.2010 zugestellt worden ist, haben am 03.06.2010 Beschwerde zum Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingelegt und am 13.07.2010 ihr Rechtsmittel begründet nachdem die Beschwerdebegründungsfrist bis zum 06.08.2010 verlängert worden war.
Der Betriebsrat und der Gesamtbetriebsrat führen aus,
entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts Koblenz setze eine Unterweisung nach § 12 ArbSchG nicht zwingend eine Gefährdungsbeurteilung gemäß § 5 ArbSchG ...