Entscheidungsstichwort (Thema)

Unbegründeter Eilantrag des Betriebsrats auf Unterlassung einer Betriebsänderung nach Abschluss ihrer Durchführung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bejaht man einen Unterlassungsanspruch des Betriebsrats im Zusammenhang mit der Durchführung einer Betriebsänderung nach § 111 BetrVG, kann dieser nur der Sicherung seines Verhandlungsanspruchs dienen, nicht jedoch losgelöst hiervon auf die Untersagung der Betriebsänderung selbst gerichtet sein.

2. Jedenfalls dann, wenn eine Betriebsänderung bereits durchgeführt worden ist, kann der Betriebsrat seinen Verhandlungsanspruch nach § 112 BetrVG im Hinblick auf einen beabsichtigten Interessenausgleich nicht mehr durchsetzen und ein im Wege der einstweiligen Verfügung durchzusetzender Unterlassungsanspruch des Betriebsrates scheidet aus.

 

Normenkette

ArbGG § 85 Abs. 2; BetrVG §§ 111-113, 23 Abs. 3; ZPO §§ 916, 920, 936, 940

 

Verfahrensgang

ArbG Trier (Entscheidung vom 06.09.2016; Aktenzeichen 2 BVGa 7/16)

 

Tenor

Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Trier vom 06. September 2016 - Az.: 2 BVGa 7/16 - wird zurückgewiesen.

 

Gründe

A Die Beteiligten streiten im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes um einen Anspruch des Betriebsrates auf Unterlassung nach Bildung eines gemeinsamen Betriebs durch die Arbeitgeberin und die Beteiligte zu 3).

Die Beteiligte zu 2) zählt zu den weltweit führenden Anbietern von Beschlag-, Lüftungs- und Gebäudetechnik und produziert und liefert Beschlagtechnik für Fenster sowie die Motorik und Sensorik zur Automatisierung von Lüftungs- und Gebäudetechnik. Neben dem Werk TITAN am Hauptsitz in N bei S und einem weiteren Werk A/D/A in C-Stadt bei S hat die Beteiligte zu 2) das Werk P mit den beiden Standorten R und A-Stadt betrieben, in dem die Beschläge für großflächige Elemente entwickelt und produziert werden. Insgesamt beschäftigt die Beteiligte zu 2) in Deutschland etwa 1.350 Mitarbeiter. Im Werk P in A-Stadt sind 330 Arbeitnehmer tätig. Der Beteiligte zu 1) ist der am Standort A-Stadt gewählte Betriebsrat (im Folgenden: Betriebsrat).

Der im Handelsregister ursprünglich eingetragene Gesellschaftszweck der Beteiligten zu 3), die nicht über ein operatives Geschäft und eigene Arbeitnehmer verfügte, bestand ursprünglich in der Verwaltung eigenen Vermögens. Der persönliche Gesellschafter der Beteiligten zu 2) ist personengleich mit dem Geschäftsführer der Beteiligten zu 3).

Die Beteiligte zu 2) und die Beteiligte zu 3) einigten sich auf der Grundlage einer schriftlichen Vereinbarung vom 19. Mai 2016 darauf, den Betrieb der Beteiligten zu 2), das Werk P mit den beiden Standorten A-Stadt und R und den zukünftigen Betrieb der Beteiligten zu 3) mit Wirkung zum 01. April 2016 als gemeinsamen Betrieb beider Unternehmen zu führen. Wegen der Einzelheiten der Vereinbarung und des dort in Bezug genommenen Organigramms wird auf Bl. 295 ff. d. A. Bezug genommen. Eine am 14. Juli 2016 von der Gesellschafterversammlung formell beschlossene Änderung des Geschäftszwecks der Beteiligten zu 3) auf nunmehr ua. auch die Entwicklung, Produktion und den Vertrieb von Beschlägen und Produkten aller Art wurde am 03. August 2016 im Handelsregister eingetragen.

Ab 01. Juli 2016 wurden Arbeitnehmer, deren befristete Arbeitsverträge mit der Beteiligten zu 2) ausliefen, über Arbeitsverträge mit der Beteiligten zu 3) weiterbeschäftigt. Hierzu wurde der Betriebsrat erst nachträglich angehört. Zuletzt beschäftigt die Beteiligte zu 3) im Werk A-Stadt regelmäßig ca. 30 Mitarbeiter.

Der Betriebsrat hat am 30. August 2016 vorliegenden Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung beim Arbeitsgericht Trier eingereicht, mit dem er die vorläufige Untersagung des Führens eines gemeinschaftlichen Produktionsbetriebs durch die Beteiligten zu 2) und 3) verfolgt.

Wegen des erstinstanzlichen Vortrags des Betriebsrates und der Beteiligten zu 2) und 3) wird auf die Darstellungen in den Gründen zu I des erstinstanzlichen Beschlusses Bezug genommen.

Der Betriebsrat hat erstinstanzlich beantragt,

der Beteiligten zu 2) bei Meidung eines vom Gericht festzusetzenden Zwangsgeldes bis zu 25.000,00 Euro bzw. Zwangshaft gegen ihre gesetzlichen Vertreter zu untersagen, am Standort A-Straße, A-Stadt einen gemeinschaftlichen Produktionsbetrieb zu betreiben, insbesondere durch Überlassung von Mitarbeitern und Leiharbeitern von der Beteiligten zu 3) an die Beteiligte zu 2) zum Einsatz in der Produktion in A-Stadt, bis ein Interessenausgleich abgeschlossen oder durch Spruch der Einigungsstelle das Scheitern der Verhandlungen über den Abschluss eines Interessenausgleichs festgestellt wurde.

Die Beteiligten zu 2) und 3) haben beantragt,

den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung mit Beschluss vom 06. September 2016 zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, es bedürfe keiner Entscheidung, ob die Bildung eines Gemeinschaftsbetriebes durch die Beteiligten zu 2) und...

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