Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwert der Vereinbarung der Freistellung des Arbeitnehmers in einem Vergleich im Kündigungsschutzprozess
Leitsatz (amtlich)
Kein Vergleichsmehrwert bei Freistellungsvereinbarung, wenn durch den Vergleichsabschluss kein weiterer Streit und/oder keine Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird, sowie bei einer Abänderung des Beendigungszeitpunkts.
1. Eine Freistellungsvereinbarung in einem Vergleich ist nur dann mit bis zu einer Monatsvergütung zu bewerten, wenn sich eine Partei eines Anspruchs auf oder eines Rechts zur Freistellung berühmt hat (vgl. I. 25.1.4. des Streitwertkatalogs 2018). In der Regel handelt es sich bei dieser Vereinbarung um eine Gegenleistung des Arbeitgebers im Streit um die Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
2. Eine vergleichsweise Vereinbarung der Veränderung des Beendigungszeitpunkts führt (auch bei der Verknüpfung mit einer Erhöhung des Abfindungsbetrages) nicht zu einem Vergleichsmehrwert (vgl. I.25.1.2 des Streitwertkatalogs 2018).
Normenkette
GKG § 42 Abs. 2 S. 1; RVG § 33 Abs. 3
Verfahrensgang
ArbG Trier (Entscheidung vom 22.01.2019; Aktenzeichen 2 Ca 1160/18) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Klägervertreters gegen den Gegenstandswertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Trier vom 22. Januar 2019, Az. 2 Ca 1160/18, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Gründe
I.
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers begehrt die Festsetzung eines höheren Gegenstandswerts seiner anwaltlichen Tätigkeit.
Im Ausgangsverfahren stritten die Parteien über die Wirksamkeit einer ordentlichen betriebsbedingten Kündigung sowie einen allgemeinen Feststellungsantrag. Der Kläger erhielt eine monatliche Arbeitsvergütung in Höhe von durchschnittlich 6.067,18 € brutto.
Das Ausgangsverfahren endete aufgrund eines vom Arbeitsgericht durch Beschluss vom 17. Dezember 2018 festgestellten Vergleichs. Dieser sieht unter anderem eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Mai 2019 (Ziffer 1), die ordnungsgemäße Abrechnung und Abwicklung bis zu diesem Zeitpunkt (Ziffer 2), die Zahlung einer Abfindung (Ziffer 4), die Erteilung eines wohlwollenden, qualifizierten Zwischen- und Endzeugnisses mit der Leistungs- und Führungsbeurteilung "gut" (Ziffer 6) und die Rückgabe der dem Kläger überlassenen Betriebsmittel und die Herausgabe privater Gegenstände des Klägers durch die Beklagte (Ziffer 7) vor. Ziffer 3 des Vergleichs lautet:
"3. Der Kläger wird bis zum Beendigungstermin unter Aufrechterhaltung seiner vertraglichen Vergütungsansprüche in Höhe von 6.067,18 € brutto / Monat und unter Anrechnung auf Urlaubs- und sonstige Freistellungsansprüche unwiderruflich von der Arbeitsleistung freigestellt. Der Kläger ist verpflichtet, gegenüber der Beklagten eine weitere Fortsetzung seiner Arbeitsunfähigkeit oder erneuten Arbeitsunfähigkeitszeiten anzuzeigen und nachzuweisen. Es besteht jedoch Einigkeit, dass die dem Kläger zustehenden Urlaubsansprüche bereits bei Abschluss dieser Vereinbarung vollständig in natura erfüllt worden sind. Die Vergütung ist spätestens fällig und zahlbar am ersten des Folgemonats.
Die Beklagte zahlt an den Kläger zudem einen Betrag in Höhe von 2.078,29 € netto als restliche Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle für den Monat Oktober 2018."
In Ziffer 5 des Vergleichs ist vereinbart:
"5. Der Kläger ist berechtigt, das Arbeitsverhältnis vor dem Beendigungstermin gem. Ziffer 1 durch schriftliche Erklärung gegenüber der Beklagten mit einer Frist von einer Woche vorzeitig zu beenden. Macht der Kläger von seinem Recht zur vorzeitigen Beendigung Gebrauch, steht ihm ein Anspruch auf eine zusätzliche Abfindung zu. Die Höhe der zusätzlichen Abfindung beträgt 75 % der zwischen dem Beendigungsdatum gemäß Ziff. 1 und dem Zeitpunkt der vorzeitigen Beendigung durch Eigenkündigung an sich geschuldeten Bruttovergütung. Die zusätzliche Abfindung wird mit der Endabrechnung ausgezahlt."
Auf Antrag des Klägervertreters setzte das Arbeitsgericht den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit des Klägervertreters für das Verfahren auf 18.201,54 € sowie für den Vergleich auf 29.347,01 € fest. Zur Begründung führte es aus, der Vergleich beinhalte folgende Mehrwerte: 2.078,29 € für Ziffer 3, 6.067,18 € für Ziffer 6 und 3.000,00 € für Ziffer 7.
Gegen diesen ihm am 25. Januar 2019 zugestellten Beschluss wendet sich der Klägervertreter mit seiner am 30. Januar 2019 beim Arbeitsgericht eingegangenen Beschwerde. Er ist der Ansicht, sowohl die Freistellungsvereinbarung als auch die vorzeitige Beendigungsregelung seien zusätzlich werterhöhend mit jeweils einem Bruttomonatsgehalt zu berücksichtigen. Die Freistellungsregelung sei - der Auffassung des LAG Hamburg (Az. 6 Ta 29/15) folgend - entgegen dem Vorschlag des Streitwertkatalogs auch dann zu berücksichtigen, wenn sich keine Partei zuvor eines solchen Anspruchs oder Rechts zur Freistellung berühmt habe. Die Vorgabe des Katalogs sei mit der gebotenen Auslegung der gebührenrechtlichen Regelungen der VV 1000 ff. der Anlage 1 zum RVG nicht in Einklang ...