Entscheidungsstichwort (Thema)

Antrag von wahlberechtigten Beschäftigten auf Feststellung der Wirksamkeit einer im Betrieb einer US-Dienststelle der US-Stationierungsstreitkräfte durchgeführten Wahl

 

Leitsatz (amtlich)

Es kann einen Verstoß gegen das bei der Wahl zur Betriebsvertretung zu beachtende Öffentlichkeitsgebot darstellen, wenn der Zutritt zum Raum der Stimmauszählung (hier: durch quergestellte Tische) versperrt wird und die interessierte Betriebsöffentlichkeit lediglich durch die geöffnete Eingangstür Einsicht in den Raum erhält.

 

Normenkette

BPersVG § 20 mod, § 25 mod; BPersVWO § 1 Abs. 3, § 6 Abs. 3, § 17 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Kaiserslautern (Entscheidung vom 07.11.2022; Aktenzeichen 1 BV 7/22)

 

Tenor

1. Die Beschwerde der Beteiligten zu 7) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 07.11.2022, Az. 1 BV 7/22, wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten um die Wirksamkeit einer im Betrieb der US-Dienststelle T. der US-Stationierungsstreitkräfte (im Folgenden: Arbeitgeber) vom 09. - 11.05.2022 durchgeführten Wahl, aus denen die Beteiligte zu 7) als Betriebsvertretung (im Folgenden: Betriebsvertretung) hervorging. Die Antragsteller sind Beschäftigte und Wahlberechtigte der vorgenannten Dienststelle.

Gemäß Wahlausschreiben vom 07.03.2022 fand die Stimmabgabe für die Gruppe der Angestellten und Arbeiter/innen vom 09. - 11.05.2022 im Wahllokal im Gebäude 2276 (im Folgenden: Wahlraum) statt. Gleichzeitig fanden in demselben Raum, welcher ca. 70 m2 (5,60m x 12,35m) misst, die Wahlen zur Bezirksbetriebsvertretung (BBV) und Hauptbetriebsvertretung (HBV) statt. Dabei standen an beiden Längsseiten des Raums jeweils zwei oder drei Doppeltische von 90 x 120 cm (pro Tischpaar mithin 90 x 240 cm), jeweils mit ihrer Längsseite parallel zur Längswand des Raums und mit einem Abstand von 90 cm zum nächsten Tischpaar (vgl. die von der Betriebsvertretung mit Schriftsatz vom 26.08.2022 eingereichte Raumskizze [Bl. 102 d.A.]). Das der auf der kurzen Raumseite befindlichen, 1,40m breiten Tür nächstgelegene erste Tischpaar befand sich - gemessen ab der Ecke seiner der Tür zugewandten Seite - ungefähr 2,30m von der Tür entfernt. An der der Tür gegenüberliegenden Raumwand war eine Reihe von vier Tischen zu je 90 x 120 cm aufgebaut, in der Breite 90 x 480 cm. In der Mitte des Raums standen zwischen beiden Tischreihen zwei Wahlurnen (Angestellte und Arbeiter) für alle drei Wahlen zusammen (BV, BBV, HBV). Die Stimmzettel hatten für jede der insgesamt sechs zu wählenden Gruppen eine eigene Farbe. Auf der anderen Seite der Eingangstür befand sich ein weiterer Raum (im Folgenden: Nebenraum), in dem mehrere Tische und Stühle standen. Nach Beendigung des Wahlvorgangs am 11.05.2022 schlossen der dreiköpfige Wahlvorstand und die Wahlhelfer, insgesamt 12 - 15 Personen, für zumindest 10 - 15 Minuten die Verbindungstür zwischen Wahlraum und Nebenraum, in welchem sich mehrere Wahlberechtigte, die Wahl und Stimmauszählung beobachten wollten, aufhielten. Dadurch war den Wahlbeobachtern die Sicht in den Wahlraum versperrt. Die Antragsteller zu 1) und 2) monierten dies, klopften an die Tür und baten darum, diese wieder zu öffnen, um in den Wahlraum sehen zu können. Dies wurde jedoch abgelehnt. Nach Wiederöffnung der Tür war der 1,40m breite Durchlass mit zwei quergestellten Tischen (insgesamt 90 x 240 cm) versperrt, sodass niemand den Wahlraum betreten konnte. Die Wahlurnen wurden am hinteren seitlichen Tischpaar geleert und die Stimmzettel nach Farbe den verschiedenen zu wählenden Gruppen zugeordnet. Zur Wahl der Betriebsvertretung hatten sich eine Liste der Gewerkschaft ver.di sowie die Gegenliste "Soziale Gerechtigkeit" gestellt. Die Sortierung der Stimmen und Zuordnung zu beiden Listen erfolgte (auf jeder Längsseite des Wahlraums) am dem Durchlass jeweils nächstliegenden Tischpaar. Ob auch die Stimmauszählung dort (oder erst am jeweils zweiten, weiter hinten im Wahlraum stehenden Tischpaar) erfolgte, ist zwischen den Beteiligten streitig. Als ungültig bewertete Stimmzettel wurden auf einen gesonderten Stapel gelegt. Nach Auszählung der Stimmen wurde den im Nebenraum wartenden Wahlbeobachtern durch ein Mitglied des Wahlvorstands das Wahlergebnis verkündet. Dessen Bekanntmachung in der Dienststelle erfolgte am 17.05.2022. Am 25.05.2022 haben die Antragsteller die Wahl der Betriebsvertretung beim Arbeitsgericht Kaiserslautern angefochten. Der Liste "Soziale Gerechtigkeit" fehlte eine Stimme, um ein weiteres BV-Mitglied stellen zu können.

Die Antragsteller haben erstinstanzlich die Auffassung vertreten, im Wahlverfahren sei gegen mehrere wesentliche Vorschriften der Wahlordnung zum BPersVG (BPersVWO) verstoßen worden. Dies habe Einfluss auf das Wahlergebnis gehabt, zumindest könne ein solcher nicht ausgeschlossen werden. Hierzu haben sie vorgetragen, der Wahlvorstand habe entgegen § 1 Abs. 3 BPersVWO zu keinem Zeitpunkt die Namen seiner Mitglieder bekannt gegeben, jedenfal...

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