Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsverhältnis, kurzfristiges. Dauer. Ermessen. Gegenstandswert. Höchstwert. Kündigungsschutz, kein. Kündigungsschutzverfahren. Regelwert. Streitwert. Vierteljahresgehalt. Wertfestsetzung. kurzfristiges Arbeitsverhältnis
Leitsatz (amtlich)
1. Es ist zu bezweifeln, ob der 2. Senat des BAG in seinem Beschluss vom 19.10.2010 – 2 AZN 194/10 von seiner Rechtsauffassung vom 30.11.1984 abweichen wollte und bei der Festsetzung des Streitwertes/Gegenstandswertes jetzt grundsätzlich einen Regelwert von drei Monatsverdiensten annehmen will, und zwar auch für nur kurzfristig bestehende Arbeitsverhältnisse.
2. Sollte dies der Fall sein, dann kann dieser Ansicht nicht gefolgt werden. Der Gebührenwert ist nicht allein anhand des gestellten Prozessantrages zu ermitteln, sondern entscheidend ist der objektiv wirtschaftliche Wert des Klageziels, das mit dem Antrag verfolgt wird.
3. Da ein Arbeitsverhältnis in den ersten zwölf Monaten objektiv nicht in gleicher Weise so werthaltig ist wie etwa ein langjährig bestehendes, ist hier der Gebührenwert grundsätzlich mit zwei Monatsverdiensten zu bewerten (ebenso BAG vom 30.11.1984).
Normenkette
GKG § 42 Abs. 3 S. 1; RVG § 33
Verfahrensgang
ArbG Kaiserslautern (Beschluss vom 08.11.2011; Aktenzeichen 4 Ca 661/11) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Beschwerdeführerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Kaiserslautern – Auswärtige Kammern Pirmasens – vom 08.11.2011 – 4 Ca 661/11 – über die Festsetzung des Gegenstandswertes der anwaltlichen Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten des Klägers dahingehend abgeändert, dass der Gegenstandswert für das Verfahren und den Vergleich auf 1.440,– Euro festgesetzt wird.
Ein Rechtsmittel ist gegen diese Entscheidung nicht gegeben.
Tatbestand
I. Der Kläger war bei der Beklagten ab dem 01.01.2011 zu einer monatlichen Bruttovergütung von 720,– Euro beschäftigt. Die Beklagte hat das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 31.08.2011 außerordentlich und hilfsweise ordentlich gekündigt. Hiergegen wandte sich der Kläger mit der vorliegenden Kündigungsschutzklage und beantragte festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis weder durch die außerordentliche noch durch die ordentliche Kündigung aufgelöst worden war.
Die Parteien haben den Rechtsstreit im Gütetermin durch Vergleich beigelegt. Darin vereinbarten sie unter anderem die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30.09.2011 sowie die Fortzahlung der Vergütung bis zu diesem Zeitpunkt.
Ebenfalls im Gütetermin hat das Arbeitsgericht dem Kläger in vollem Umfange Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten bewilligt.
Auf Antrag des Prozessbevollmächtigten des Klägers hat das Arbeitsgericht – auch nach Anhörung der Bezirksrevisorin – den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit für Verfahren und Vergleich mit Beschluss vom 08.11.2011 auf 2.160,– Euro festgesetzt. Das Arbeitsgericht hat die Bewertung des Kündigungsschutzantrages mit drei Bruttomonatsgehältern bei einer Bestandsdauer des Arbeitsverhältnisses von unter einem Jahr mit Hinweis auf die Entscheidung des BAG vom 19.10.2010 – 2 AZN 194/10 begründet.
Der Beschluss wurde der Bezirksrevisorin am 16.11.2011 zugestellt; sie hat hiergegen mit einem am 28.11.2011 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt und die Festsetzung eines Wertes entsprechend zwei Bruttomonatsgehältern beantragt. Zur Begründung hat die Bezirksrevisorin auf die Bestandsdauer des Arbeitsverhältnisses von unter zwölf Monaten im Zeitpunkt der Kündigung verwiesen.
Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und das Verfahren dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Entscheidungsgründe
II. 1. Die Beschwerde ist nach § 33 Abs. 3 RVG statthaft und auch im Übrigen zulässig.
Da der Rechtsstreit vorliegend durch Gesamtvergleich erledigt worden ist und damit keine Gerichtsgebühren anfielen, war im Streitfall der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit nach § 33 RVG festzusetzen (vgl. hierzu im Einzelnen Schwab/Maatje, NZA 2011, 769). Der Wert des Beschwerdegegenstands übersteigt auch den Wert von 200,– Euro, da die anwaltliche Vergütung bei einem Gegenstandswert von 1.440,– Euro 461,13 Euro, bei einem Gegenstandswert von 2.160,– Euro hingegen 694,37 Euro betragen würde.
2. In der Sache ist das Rechtsmittel auch begründet.
Streitig ist im Beschwerdeverfahren allein die Frage, ob der Kündigungsschutzantrag des Klägers mit zwei oder mit drei Monatsgehältern zu bewerten war.
Entgegen der Auffassung des Vordergerichts besteht insoweit keine Veranlassung, von der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammer des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz abzuweichen. Nach dieser Rechtsprechung ist gemäß § 23 RVG in Verbindung mit § 42 Abs. 3 Satz 1 GKG für die Wertberechnung bei Streitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses höchstens der Betrag des für die Dauer eines Vierteljahres zu leistenden Arbeitsentgelts maßgebend. Hierbei ist auf eine typisierende Be...