Entscheidungsstichwort (Thema)
Interessenausgleich. Mitbestimmung Im Tendenzbetrieb. Tendenzunternehmen
Leitsatz (redaktionell)
1. In einem Tendenzunternehmen hat der Betriebsrat gegen den Arbeitgeber keinen Verhandlungsanspruch in Bezug auf einen Interessenausgleich. Dieser gesetzliche Ausschluss gilt für das gesamte Tendenzunternehmen, auch wenn von einer geplanten Maßnahme zunächst unmittelbar keine Tendenzträger betroffen sind.
2. Hat der Betriebsrat in Bezug auf eine Betriebsänderung in einem Tendenzunternehmen keinen Verhandlungsanspruch bezüglich eines Interessenausgleichs, so scheidet auch eine Hinzuziehung eines Sachverständigen für den Betriebsrat aus.
Normenkette
BetrVG §§ 111 ff, 118
Verfahrensgang
ArbG Trier (Beschluss vom 15.04.2005; Aktenzeichen 1 BVGA 4/05) |
Tenor
Die Beschwerde des Betriebsrates gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Trier vom 15.04.2005 – 1 BVGa 4/05 – wird zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten um die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates in einem Tendenzunternehmen im Zusammenhang mit einer geplanten Betriebsänderung. Der Betriebsrat vertritt die Auffassung, der Arbeitgeber sei verpflichtet, Verhandlungen über die Aufstellung eines Interessenausgleichs aufzunehmen und im Hinblick auf die Betriebsänderung in der Anzeigenproduktion/D.-Bereich der Bestellung eines Sachverständigen zuzustimmen. Die Arbeitgeberin ist Herausgeberin der Tageszeitung „T.” und befasst sich mit Zwecken der Berichterstattung und ist somit unstreitig Tendenzunternehmen im Sinne des § 118 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BetrVG.
Mit Schreiben vom 22.02.2005 an den Betriebsrat teilte die Arbeitgeberin mit, es sei der Gesellschafterbeschluss gefasst worden, in Zukunft eine zentrale Anzeigenproduktion für die Zeitungsgruppe „S. Zeitung” durchzuführen. Der Satz werde an externe Dienstleister vergeben. Betriebsbedingte Kündigungen im D.-Bereich seien unvermeidbar. Zwischen den Beteiligten ist nicht umstritten, dass es sich bei der beabsichtigten Maßnahme um eine Betriebsänderung im Sinne des § 111 BetrVG handelt. Die Verpflichtung zu Verhandlungen über einen Sozialplan erkennt die Arbeitgeberin an.
Mit der Tatsachenbehauptung, die Arbeitgeberin beschäftigte regelmäßig mehr als 300 Mitarbeiter und der Rechtsbehauptung, die von der Maßnahme betroffenen Mitarbeiter seien nicht Tendenzträger, daher bestehe ein Anspruch auf Verhandlungen. Über einen Interessenausgleich hat der Betriebsrat mit am 24.03.2005 eingegangenem Antrag im Wege des einstweiligen Verfügungsverfahrens ein Beschlussverfahren mit dem Ziel eingeleitet, die Arbeitgeberin zu Verhandlungen über die Aufstellung eines Interessenausgleiches hinsichtlich der geplanten Änderungen des D.-Bereiches aufzunehmen. Mit am gleichen Tag eingegangenen Antrag im Wege des einstweiligen Verfügungsverfahrens verfolgt der Betriebsrat die Verpflichtung, der Bestellung des Sachverständigen Dipl. Kaufmann H. O., F. im Hinblick auf die Betriebsänderung zuzustimmen.
Das Arbeitsgericht hat durch Beschluss vom 15.04.2005, nachdem beide Verfahren verbunden worden waren, die Anträge abgewiesen. Es hat im Wesentlichen ausgeführt, einen Verfügungsanspruch sei für beide Anträge nicht gegeben. Der Betriebsrat könne nicht verlangen, dass die Arbeitgeberin mit ihm Verhandlungen über die Aufstellung eines Interessensausgleichs aufnehme. Ein solcher Anspruch sei bei Tendenzbetrieben und -unternehmen ausgeschlossen.
Habe er auch keinen Anspruch auf Aufnahme von Verhandlungen wegen eines Interessenausgleichs, habe er auch keinen Anspruch auf Hinzuziehung eines Sachverständigen gemäß § 111 Abs. 1 Satz 2 BetrVG.
Der Beschluss wurde dem Betriebsrat am 22.04.2005 zugestellt. Am 19.05.2005 legte der Betriebsrat hiergegen Beschwerde ein. Er hat seine Beschwerde, nachdem die Frist zur Beschwerdebegründung bis einschließlich 29.06.2005 verlängert worden war, mit an diesem Tag eingegangen Schriftsatz begründet.
Der Betriebsrat vertritt die Auffassung, es handele sich bei der D.-Abteilung um eine organisatorisch eigenständige Abteilung der Arbeitgeberin im Bereich der Druckvorstufe. Die Schließung dieser eigenständigen Abteilung sei weder eine tendenzbezogene Maßnahme noch würden Tendenzträger von dieser Maßnahme betroffen. Die Arbeitgeberin habe durch einen Unternehmerentschluss entschieden, den Betriebsteil auszulagern. Spätestens mit dieser Unternehmerentscheidung aus rein wirtschaftlichen Gründen auf ein Drittunternehmen habe die Arbeitgeberin zum Ausdruck gebracht, dass sie selbst einen Tendenzschutz endgültig aufgebe und diesem keinerlei Bedeutung zukommen lasse.
Der Betriebsrat habe auch Anspruch auf Hinzuziehung eines Sachverständigen im Hinblick auf die geplante Betriebsänderung. Den Betriebsrat gehe es darum, mit Hilfe eines Sachverständigen im Rahmen des Interessenausgleichs die geplante Betriebsänderung möglichst vollständig zu vermeiden, insbesondere durch die Erarbeitung von Alternativkonzepten oder durch einen Solidarpakt aller Mitarbeiter des Unternehmens.
Der Betriebsrat beantragt,
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