Entscheidungsstichwort (Thema)

Bewilligungsreife. Darlegungspflicht. Erfolgsaussichten. Prozesskostenhilfe. keine Erfolgsaussichten

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Bewilligungsreife für ein Prozesskostenhilfegesuch der klagenden Partei besteht nicht bereits bei Eingang der Klageschrift, denn der beklagten Partei ist gem. § 118 Abs. 1 S 1 ZPO vor der Bewilligung der Prozesskostenhilfe Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Kläger braucht zwar im Prozesskostenhilfeverfahren zunächst nur Tatsachen vorzutragen, die die gewünschte Rechtsfolge hergeben. Der Umfang seiner Darlegungspflicht richtet sich aber insbesondere auch nach den Einlassungen des Gegners. Sie können rechtserheblich sein und damit die Erfolgsaussichten der Klage entfallen lassen.

 

Normenkette

ArbGG § 56 Abs. 2; ZPO §§ 114, 138 Abs. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Ludwigshafen (Beschluss vom 02.10.2009; Aktenzeichen 4 Ca 1098/09 LU)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 02.10.2009, Az.: 4 Ca 1098/09, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

I. Der Kläger begehrt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten für die erste Instanz.

Der am 06.11.1967 geborene Kläger war im China-Restaurant des Beklagten in A-Stadt entweder seit dem 06.08.2007 (so der Kläger) oder seit dem 01.09.2007 (so der Beklagte) als Spezialitätenkoch beschäftigt. Am 26.03.2009 ist er zuletzt zur Arbeit erschienen. Sein Monatslohn betrug nach § 3 des schriftlichen Arbeitsvertrages, den der Kläger vorgelegt hat (Bl. 10 d.A.), EUR 1.595,00 brutto, nach § 3 des schriftlichen Arbeitsvertrages, den der Beklagte vorgelegt hat (Bl. 20 d.A.), EUR 1.619,00 brutto. Im schriftlichen Arbeitsvertrag ist – soweit vorliegend von Interesse – außerdem folgendes geregelt:

㤠4 Arbeitszeit:

Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt 39 Stunden an 5 Tagen (oder gemäß Manteltarif HGG).

Für Mehrarbeit wird ein Ausgleich gewährt (Freizeit oder Bezahlung).

§ 5 Unterkunft:

Der Arbeitgeber verpflichtet sich, für eine angemessene Unterkunft des Arbeitnehmers zu sorgen (AOK-Tarif) zum Preis von EUR 195,–.

§ 6 Verpflegung:

Der Arbeitgeber stellt dem Arbeitnehmer eine Verpflegungs-Anwesenheitskost zur Verfügung (AOK-Tarif) zum Preis von EUR 201,–.

§ 7 Sonstige Vereinbarung:

Die Bestimmungen des jeweils gültigen Tarifvertrages (Lohn und Manteltarif) für das Hotel- und Gaststättengewerbe sind Bestandteil des Arbeitsvertrages.

…”

Mit Klageschrift vom 11.05.2009 verlangt der Kläger restliches Arbeitsentgelt in Höhe von EUR 31.900,00 brutto, abzüglich gezahlter EUR 12.190,00 netto. Außerdem verlangt er Mehrarbeitsvergütung für 2.967 Überstunden in 86 Wochen (wöchentlich 34,5 Stunden) in einer Gesamthöhe von EUR 28.008,48 brutto sowie Urlaubsabgeltung für sechs Urlaubstage aus 2009 in Höhe von EUR 455,71 brutto. Schließlich begehrte er die Erstellung und Herausgabe von Lohnabrechnungen.

Das Arbeitsgericht hat den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 02.10.2009 zurückgewiesen und zur Begründung auf die Entscheidungsgründe des Urteils vom 01.10.2009 verwiesen. Dort hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf Zahlung restlicher Arbeitsvergütung. Der Beklagte habe mit Schriftsatz vom 13.08.2009 sämtliche Lohnabrechnungen für die Zeit von September 2007 bis März 2009 vorgelegt und hierzu vorgetragen, dass er jeweils am Monatsersten die sich aus den Abrechnungen ergebenden Nettobeträge für den abgelaufenen Monat in bar an den Kläger ausgezahlt habe. Hierzu habe sich der Kläger innerhalb der ihm eingeräumten Schriftsatzfrist nicht eingelassen, so dass die vorgetragenen Tatsachen als zugestanden anzusehen seien (§ 138 Abs. 3 ZPO) und das Gericht von einer vorsorglichen Ladung der Zeugen (Ehefrau und des Sohn des Beklagten) zum Kammertermin abgesehen habe.

Erst mit Schriftsatz vom 29.09.2009 – zwei Tage vor dem Kammertermin – habe der Kläger erklärt, dass es hinsichtlich der tatsächlich erfolgten Lohnzahlungen beim Inhalt der Klageschrift verbleibe. Dieser Vortrag sei nach § 56 Abs. 2 ArbGG als verspätet zurückzuweisen. Dem Kläger sei mit Beschluss vom 03.08.2009, der am 06.08.2009 förmlich zugestellt worden sei, eine konkrete Auflage mit Fristsetzung zum 15.09.2009 erteilt worden. Über die Folgen einer möglichen Fristversäumung sei er belehrt worden. Der verspätete Vortrag vom 29.09.2009 sei auch erheblich. Indem der Kläger seinen bisherigen Vortrag zu den tatsächlichen Zahlungen des Beklagten aufrecht erhielt, wäre es nunmehr auf eine Vernehmung der vom Beklagten benannten Zeugen angekommen. Diese seien aufgrund der fehlenden Reaktion des Klägers auf den Schriftsatz des Beklagten vom 13.08.2009 nicht zum Kammertermin geladen worden. Eine Berücksichtigung des verspäteten Vortrags hätte somit zu einer Verzögerung des Rechtsstreits geführt, weil eine Vertagung erforderlich geworden wäre. Der Kläger habe die eingetretene...

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