Entscheidungsstichwort (Thema)
Einsatz einer Arbeitsplatzabfindung zur Deckung der Prozesskosten. Rechtswidrige Zahlungsanordnung im Nachprüfungsverfahren bei bloßer Vorschusszahlung auf eine zum Jahresende fällige Abfindungszahlung der Arbeitgeberin
Leitsatz (redaktionell)
1. Gemäß § 115 Abs. 3 Satz 2 ZPO mit § 90 Abs. 1 SGB XII ist das Vermögen für die Kosten der Prozessführung einsetzbar, wenn es verwertbar ist; das ist bei arbeitsrechtlichen Abfindungen erst dann der Fall, wenn sie tatsächlich gezahlt wurden.
2. Gemäß § 115 Abs. 3 Satz 2 ZPO mit § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII muss dem Antragsteller ein Schonvermögen in Höhe von 2.600 EUR verbleiben; in der Regel ist es dem Arbeitnehmer nicht zumutbar, die gesamte Abfindung einzusetzen, weil ihm durch den Verlust des Arbeitsplatzes typischerweise Kosten entstehen, die ebenfalls in der Höhe des Schonbetrages mit einem (weiteren) Betrag von 2.600 EUR zu berücksichtigen sind.
3. Hat der Arbeitnehmer auf die ihm vergleichsweise zum Jahresende zugesprochene Abfindung in Höhe von 15.000 EUR lediglich einen Vorschuss in Höhe von 3.000 EUR erhalten, der den ihm zu belassenen zweifachen Schonbetrag in Höhe von 5.200 EUR nicht übersteigt, und ist ihm der vereinbarte Abfindungsbetrag noch nicht tatsächlich zugeflossen, führt die Abfindung noch zu keiner wesentlichen Verbesserung der wirtschaftlichen Verhältnisse im Sinne des § 120a Abs. 1 Satz 1 ZPO, die eine Zahlungsanordnung rechtfertigt; erst wenn die vereinbarte Abfindung gemäß der festgelegten Fälligkeit mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum Jahresende tatsächlich an den Arbeitnehmer gezahlt wird, ist aufgrund der dann aktuellen Vermögensverhältnisse zu prüfen, ob und möglicherweise in welcher Höhe die gezahlte Abfindung als Vermögen einzusetzen ist.
4. § 120a Abs. 1 ZPO setzt voraus, dass sich die für die Prozesskostenhilfe maßgebenden persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich geändert haben; die Änderung muss dabei nach Erlass der Entscheidung über die Gewährung der Prozesskostenhilfe liegen, so dass die ursprüngliche Entscheidung nicht geändert werden darf, wenn die Vermögensverhältnisse der Partei unverändert geblieben sind.
Normenkette
ZPO § 115 Abs. 3, § 120a Abs. 1, § 115 Abs. 3 S. 2, § 120a Abs. 1 S. 1; SGB XII § 90 Abs. 1, 2 Nr. 9
Verfahrensgang
ArbG Mainz (Entscheidung vom 28.05.2015; Aktenzeichen 1 Ca 592/14) |
Tenor
- Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 28. Mai 2015 in Gestalt des Teilabhilfebeschlusses vom 25. Juni 2015 - 1 Ca 592/14 - aufgehoben.
- Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei.
- Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
Die sofortige Beschwerde des Klägers ist gemäß §§ 78 S. 1 ArbGG, 127 Abs. 2, 567 ff. ZPO zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.
Nach § 120 a Abs. 1 S. 1 ZPO soll das Gericht die Entscheidung über die zu leistenden Zahlungen ändern, wenn sich die für die Prozesskostenhilfe maßgebenden persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich verändert haben. Danach durfte im v orliegenden Fall (noch) keine nachträgliche Zahlungsanordnung wegen der im Vergleich vom 04. Februar 2015 vereinbarten Abfindung ergehen.
1. Zwar sind für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gezahlte Abfindungen Vermögen i.S.d. § 115 Abs. 3 ZPO, das einzusetzen ist, soweit dies zumutbar ist. Nach § 115 Abs. 3 S. 2 ZPO i.V.m. § 90 Abs. 1 SGB XII ist das Vermögen einsetzbar, wenn es verwertbar ist. Das ist bei Abfindungen nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts erst dann der Fall, wenn sie tatsächlich gezahlt wurden, was zur - nachträglichen - Änderung der Entscheidung über die zu leistenden Zahlungen nach § 120 a ZPO führen kann (BAG 24. April 2006 - 3 AZB 12/05 Rn. 10, NZA 2006, 751; vgl. auch LAG Köln 13. März 2008 - 7 Ta 250/07 - Rn. 7, [...]). Nach § 115 Abs. 3 S. 2 ZPO i.V.m. § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII muss dem Antragsteller ein sog. Schonvermögen in Höhe von 2.600,-- EUR verbleiben. Weiterhin ist es dem Arbeitnehmer in der Regel nicht zumutbar, die gesamte Abfindung einzusetzen, weil ihm durch den Verlust des Arbeitsplatzes typischerweise Kosten entstehen, die ebenfalls in der Höhe des Schonbetrages mit einem (weiteren) Betrag von 2.600,-- EUR zu berücksichtigen sind (BAG 24. April 2006 - 3 AZB 12/05 - Rn. 12 u. 13, NZA 2006, 751).
2. Ausgehend von diesen Grundsätzen hat die im Vergleich vom 04. Februar 2015 vereinbarte Abfindung in Höhe von 15.000,-- EUR brutto, die mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Dezember 2015 von der Beklagten an den Kläger zu zahlen ist, noch zu keiner wesentlichen Verbesserung der wirtschaftlichen Verhältnisse i.S.v. § 120 a Abs. 1 S. 1 ZPO geführt, die die zuletzt getroffene Zahlungsanordnung rechtfertigt.
Der Kläger hat bislang nach der im Vergleich getroffenen Regelung lediglich einen Vorschuss in Höhe von 3.000,-- EUR erhalten, der den ihm zu belassenen zweifachen Schonbetrag von 5.200,-- EUR nicht übersteigt. Im Übrigen ist ihm der vereinbarte Abfindungsbetra...