Entscheidungsstichwort (Thema)
Antragsfrist. Prozessbevollmächtigter. Verschulden. nachträgliche Klagezulassung
Leitsatz (redaktionell)
Ein zulässiger Antrag auf nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage muss auch Angaben dazu machen, zu welchem Zeitpunkt das Hindernis für die Klageerhebung im Sinne von § 5 Abs. 3 KSchG entfallen ist. In Ermangelung derartigen Vortrages ist ein entsprechender Antrag bereits unzulässig.
Einen Rechtsanwalt trifft ein über § 85 Abs. 2 ZPO der Partei zurechenbares Verschulden an der verspäteten Erhebung einer Kündigungsschutzklage, wenn er keine ausreichenden Vorkehrungen der Fristen- und Ausgangskontrolle trifft, damit fristgebundene Kündigungsschutzklagen rechtzeitig beim zuständigen Arbeitsgericht eingehen.
Normenkette
KSchG § 5; ZPO § 85 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Koblenz (Beschluss vom 15.06.2005; Aktenzeichen 4 Ca 725/05) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Koblenz vom 15.06.2005 – 4 Ca 725/05 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf EUR 7.200,00 festgesetzt.
3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beklagte kündigte dem Kläger mit dem – dem Kläger am 17.12.2004 zugegangenen – Schreiben vom 16.12.2004 (Bl. 31 d. A.) ordentlich zum 31.07.2005. Am 29.12.2004 beauftragte der Kläger seinen früheren Prozessbevollmächtigten, Rechtsanwalt A. G., mit der Erhebung der Kündigungsschutzklage.
Die Kündigungsschutzklage vom 23.02.2005 ist an diesem Tag zunächst beim Sozialgericht Koblenz und dann beim Arbeitsgericht Koblenz eingegangen. Zur Begründung des Antrages auf nachträgliche Klagezulassung hat der Kläger u. a. vorgetragen:
Am 30.12.2004 sei die Kündigungsschutzklage gefertigt und unterschrieben worden. Am selben Tag sei die Klage per Fax an die Rechtsschutzversicherung mit der Bitte um Deckungszusage versandt worden. Die Deckungszusage sei am 05.01.2005 eingegangen. Da sowohl die Klage wie auch die Deckungsschutzanfrage gegenüber der Rechtsschutzversicherung am 30.12.2004 ausgefertigt und unterschrieben worden seien, seien die Schreiben im Fristenkalender als erledigt notiert und entsprechend zum Einwurf in den Briefkasten des Arbeitsgerichts fertig gestellt worden. Sowohl am 30.12.2004 wie auch am 06.01.2005 sei die Erledigung der Frist durch Rechtsanwalt G. nachgeprüft worden. Aus der Akte ergebe sich, dass die Klage am 30.12.2004 fertig gestellt und am selben Tag sowohl dem Gericht wie auch dem Kläger in Abschrift zugeleitet worden sei. Eine Möglichkeit, den unterbliebenen Einwurf der Klageschrift bei Gericht festzustellen, habe es nicht gegeben. Wegen aller Einzelheiten der Antragsbegründung wird auf die Antrags- und Klageschrift vom 23.02.2005 (Bl. 1 ff. d. A. nebst eidesstattlicher Versicherung der Auszubildenden T. H. vom 23.02.2005, Bl. 7 d. A.) sowie auf die Schriftsätze vom 31.05.2005 (Bl. 57 ff. d. A.) und vom 13.07.2005 (Beschwerdeschrift; Bl. 77 ff. d. A.) verwiesen.
Die Beklagte ist dem Antrag des Klägers auf nachträgliche Klagezulassung mit den Schriftsätzen vom 17.03.2005 (Bl. 27 ff. d. A.), vom 08.06.2005 (Bl. 65 d. A.) und vom 01.08.2005 (Bl. 90 f. d. A.; Beschwerdebeantwortung) entgegengetreten.
Mit dem Beschluss vom 15.06.2005 – 4 Ca 725/05 – hat das Arbeitsgericht den Antrag auf nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage zurückgewiesen „abgewiesen”). Gegen den am 29.06.2005 zugestellten Beschluss vom 23.06.2005 – 4 Ca 725/05 – hat der Kläger am 13.07.2005 sofortige Beschwerde eingelegt und diese – mit dem Schriftsatz vom 13.07.2005 – gleichzeitig begründet. Wegen aller Einzelheiten der Beschwerdebegründung wird auf den Schriftsatz vom 13.07.2005 verwiesen. Dort heißt es u. a.:
Es möge auf den ersten Blick tatsächlich nicht von der Hand zu weisen sein, dass die vorgetragene Büroorganisation hinsichtlich ihres Fristen- und Vorlagesystems unter Umständen nicht den zu erwartenden Anforderungen entspreche, – allerdings habe das Arbeitsgericht einen mehr als erheblichen Aspekt außer Acht gelassen. Zu diesem Aspekt führt der Kläger weiter aus. Er meint, dass es offensichtlich sei, dass die Fristversäumung nicht auf groben Sorgfaltspflichtverletzungen beruhe, sondern eben auf Grund unglücklicher Umstände tatsächlich unvermeidbar gewesen sei und dass ein dem Kläger zurechenbares Verschulden seiner Prozessbevollmächtigten nicht vorliege.
Die Beklagte beantragt,
die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.
Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird in entsprechender Anwendung des § 69 ArbGG auf den tatbestandlichen Teil des Beschlusses vom 15.06.2005 – 4 Ca 725/05 – sowie auf den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Beschwerde musste kostenpflichtig gemäß § 97 Abs. 1 ZPO zurückgewiesen werden.
1. Der Kläger hat bereits nicht hinreichend dargelegt und glaubhaft gemacht, dass er die Antragsfrist des § 5 Abs. 3 S. 1 KSchG gewahrt hat. Nach dieser Bestimmung ist der Antrag, die Klage nachträglich zuzulassen,...