Entscheidungsstichwort (Thema)
Gegenstandswert. Mehrwert. Schadensersatz. Streitwert. Vergleich. Vergleichsmehrwert bei Abgeltungsklausel zur Vermeidung eines eventuellen Schadensersatzprozesses
Leitsatz (amtlich)
Streiten die Parteien um die Wirksamkeit einer wegen Annahme von Schmiergeldzahlungen ausgesprochenen außerordentlichen Kündigung und schließen sie im unmittelbaren Anschluss an eine zu diesen Vorwürfen und zur Höhe derartiger Zahlungen durchgeführte Beweisaufnahme ein Beendigungsvergleich mit Abgeltungsklausel, so führt ein von der Abgeltungsklausel erfasster Schadensersatzanspruch zu einer entsprechenden Erhöhung des Vergleichswertes, wenn sich die Schadenshöhe infolge der Beweisaufnahme beziffern läßt, da die Einleitung eines Schadensersatzprozesses gegen den Arbeitnehmer dann nicht mehr nur theoretisch erscheint.
Normenkette
RVG § 33 Abs. 3
Verfahrensgang
ArbG Koblenz (Beschluss vom 28.08.2008; Aktenzeichen 3 Ca 1981/07) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Beschwerdeführer wird der Gegenstandswertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Koblenz vom 28.08.2008 – 3 Ca 1981/07 wie folgt abgeändert:
Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten des Klägers wird für den Vergleich auf 26.520,00 EUR festgesetzt. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Beschwerdeführer zu 77 %.
3. Ein Rechtsmittel ist gegen diese Entscheidung nicht gegeben.
Tatbestand
I.
Die Beschwerdeführer, die Prozessbevollmächtigten des Klägers, begehren die Festsetzung eines höheren Gegenstandswertes im Zusammenhang mit einem Kündigungsschutzverfahren.
Der Kläger war bei der Beklagten seit dem Jahre 1981 zuletzt als Niederlassungsleiter mit einem Bruttomonatsgehalt von 2.925,00 EUR beschäftigt. Am 08.08.2007 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers fristlos sowie, in einem gesonderten Schreiben vom selben Tage, „im Nachtrag zu unserer fristlosen Kündigung” hilfsweise ordentlich zum 31. März 2008. Die außerordentliche Kündigung ging dem Kläger am 10.08.2007 zu, die hilfsweise ordentliche Kündigung am 18.08.2007. Hintergrund der Kündigung waren bestrittene Vorwürfe der Beklagten, der Kläger habe von für die Beklagte zu beauftragenden Subunternehmern finanzielle Zuwendungen entgegengenommen und den Subunternehmern dafür im Gegenzug Vorteile verschafft.
Im Rahmen des hiergegen vom Kläger eingeleiteten Kündigungsschutzverfahrens hat das Arbeitsgericht im Kammertermin vom 22.07.2008 u. a. Beweis erhoben über die näheren Umstände und die Höhe der angeblich vom Kläger erhaltenen Zuwendungen durch Vernehmung der Subunternehmer R. und B. als Zeugen. Nach Durchführung der Beweisaufnahme haben die Parteien noch im Kammertermin einen Teilvergleich geschlossen, in welchem sie sich unter Ziffer 1) über die Beendigung des zwischen ihnen bestehenden Arbeitsverhältnisses mit Wirkung zum 10.08.2007 einigten; unter Ziffer 2) vereinbarten sie eine wechselseitige Abgeltungsklausel. Das Verfahren endete mit Rechtskraft eines Beschlusses nach § 91 a ZPO, in dem das Arbeitsgericht dem Kläger die Kosten des Kündigungsschutzverfahrens auferlegt hat.
Mit Beschluss vom 28.08.2008 hat das Arbeitsgericht den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten des Klägers für das Verfahren auf 8.775,00 EUR und für den Vergleich auf 15.405,00 EUR festgesetzt. Dabei resultiert der Mehrwert des Vergleichs aus der unter dessen Ziffer 2) aufgenommenen Abgeltungsklausel, die nach Angaben der Parteien im Kammertermin vom 22.07.2008 auch etwaige Schadensersatzansprüche der Beklagten gegen den Kläger mit erledigen sollte. Den so zu errechnenden Betrag hat das Arbeitsgericht allerdings nur mit 25 % in Anschlag gebracht, da die Beklagte bislang gegenüber dem Kläger keinerlei Schadensersatzansprüche geltend gemacht habe und zudem ihre Erfolgsaussichten bei der Durchsetzung derartiger Ansprüche infolge tatsächlicher und rechtlicher zu erwartender Schwierigkeiten erheblich vermindert seien.
Gegen diesen Beschluss haben die Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Schriftsatz vom 16.09.2008 „sofortige” Beschwerde eingelegt mit dem Ziel, den Mehrwert des Vergleichs auf 93.693,86 EUR festzusetzen. Zur Begründung tragen sie im Wesentlichen vor, die Beklagte habe sich durch den Vortrag im Prozessverfahren der angeblich entstandenen Schäden inzident einer entsprechenden Schadensersatzforderung berühmt. Auf die Erfolgsaussichten eines evtl. zu führenden Schadensersatzprozesses komme es für die Frage der Gegenstandswertfestsetzung nicht an. Zur konkreten Berechnung etwaiger Schadensersatzforderungen wird auf die Zahlen in den Schriftsätzen der Beklagten Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und hat sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde ist nach § 33 Abs. 3 RVG statthaft. Sie wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt, sie übersteigt den Wert des Beschwerdegegenstandes von 200,00 EUR...