Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufhebung. Erklärungspflicht, Umfang der. Formular. Prozesskostenhilfe. Aufhebung Prozesskostenhilfe. Aufhebung des Nichtabhilfebeschlusses und Zurückverweisung an das erstinstanzliche Gericht bei zu weitgehender Aufforderung zur „Darlegung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse”
Leitsatz (amtlich)
1. Nach dem Wortlaut des § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO hat sich die Partei auf Verlangen des Gerichts „darüber zu erklären, ob eine Änderung der Verhältnisse eingetreten ist”. Eine nähere inhaltliche Ausgestaltung der Erklärungspflicht erschließt sich aus dem Gesetzeswortlaut nicht. Jedoch steht aufgrund dieser Gesetzesfassung fest, dass eine nochmalige Ausfüllung des Formulars über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei im Sinne von § 117 Abs. 3 ZPO nicht besteht, da § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO gerade nicht auf § 117 Abs. 3 ZPO verweist, sondern lediglich bestimmt, dass sich die Partei „darüber zu erklären habe”, ob eine Änderung der Verhältnisse eingetreten sei. Legt der Rechtspfleger seinem Aufforderungsschreiben gemäß § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO dennoch ein solches Formular bei, ohne die Partei darauf hinzuweisen, dass es ihr freistehe, das beigefügte Formular auszufüllen oder die geforderte Erklärung in sonstiger Weise abzugeben, ist dies zu weitgehend.
2. Die Aufforderung, „möglichst umgehend die Einkommens- und Vermögensverhältnisse darzulegen”, ist ebenfalls zu weitgehend. Eine Verpflichtung zu einer solchen vollständigen Erklärung über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse ergibt sich aus § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO nicht.
Normenkette
ZPO § 120 Abs. 4 S. 2
Verfahrensgang
ArbG Koblenz (Beschluss vom 13.01.2009; Aktenzeichen 8 Ca 2809/07) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Beschwerdeführerin vom 19.02.2009 wird der Nichtabhilfebeschluss des Arbeitsgerichts Koblenz vom 03.04.2009 – 8 Ca 2809/07 – aufgehoben.
2. Das Verfahren wird an das Arbeitsgericht Koblenz zur erneuten Entscheidung über eine Abhilfe der Beschwerde zurückverwiesen.
3. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.
4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I. Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Aufhebung der ihr gewährten Prozesskostenhilfe.
Mit Beschluss vom 21.02.2008 bewilligte das Arbeitsgericht Koblenz der Klägerin mit Wirkung vom gleichen Tage Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten für das von ihr vor dem Arbeitsgericht geführte Verfahren.
Nachdem der Rechtspfleger am Arbeitsgericht Koblenz die Klägerin nach Abschluss des Verfahrens vergeblich dreimal aufgefordert hatte, ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie Vorlage geeigneter Nachweise über ihre Einnahmen und Ausgaben darzulegen, hat der Rechtspfleger mit Beschluss vom 13.01.2009 den Beschluss vom 21.02.2008 über die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufgehoben.
Gegen diesen, ihrem Prozessbevollmächtigten am 21.01.2009 zugestellten Beschluss legte die Klägerin mit anwaltlichem Schriftsatz vom 19.02.2009, Eingang beim Arbeitsgericht Koblenz am 20.02.2009, sofortige Beschwerde ein. In Anlage beigefügt war eine Gehaltsabrechnung für den Monat Dezember 2008, aus der sich ein Nettoverdienst von 450,26 EUR ergab. Ferner bat der Verfahrensbevollmächtigte der Beschwerdeführerin, ihm eine Frist von zwei Wochen zur Vorlage einer ordnungsgemäßen Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin zu gewähren.
Mit Schreiben vom 20.02.2009 übersandte der Rechtspfleger dem Verfahrensbevollmächtigten der Beschwerdeführerin das Formular ZP 7 (formularmäßige Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse) mit der Bitte, die anliegende Erklärung durch seinen Mandanten ausfüllen zu lassen und mit entsprechenden Belegen über monatliche Belastungen und gegebenenfalls weitere Einkünfte oder Vermögenswerte dem Arbeitsgericht vorzulegen.
Nachdem der Rechtspfleger mit Schreiben vom 13.03.2009 nochmals an die Erledigung seines Schreibens vom 08.02.2009 erinnert hatte, eine Reaktion der Beschwerdeführerin hierauf jedoch nicht erfolgte, hat der Rechtspfleger der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 03.04.2009 nicht abgeholfen und hat sie dem Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz zur Entscheidung vorgelegt.
Entscheidungsgründe
II. Die sofortige Beschwerde der Beschwerdeführerin ist nach §§ 78 ArbGG i.V.m. § 567 Abs. 1 Nr. 1, § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO statthaft, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und auch sonst zulässig.
Auch in der Sache hat das Rechtsmittel zumindest vorübergehenden Erfolg.
Der Nichtabhilfebeschluss des Arbeitsgerichts Koblenz vom 03.04.2009 war aufzuheben, da die vom Rechtspfleger geforderte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu weitreichend war und über die der Beschwerdeführerin gesetzlich vorgegebenen Verpflichtung (§ 120 Abs. 4 S. 1 ZPO) hinausgeht.
Das Gericht kann gegenüber einer Partei, der Prozesskostenhilfe bewilligt worden war, die Entscheidung über die zu leistenden Zahlungen ändern, wenn sic...