Entscheidungsstichwort (Thema)
Gegenstandswertfestsetzung
Leitsatz (amtlich)
Wird im Kündigungsschutzprozeß der Weiterbeschäftigungsantrag nur für den Fall des Obsiegens mit dem Feststellungsantrag gestellt (uneigentlicher Hilfsantrag), so hat nach § 19 Abs 4 GKG keine Streitwertaddition der beiden Anträge zu erfolgen, wenn über den uneigentlichen Hilfsantrag nicht entschieden wird.
Normenkette
ZPO § 5; GKG § 19 Abs. 4
Verfahrensgang
ArbG Mainz (Beschluss vom 19.04.1990; Aktenzeichen 3 Ca 324/90) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Beschwerdeführerin wird der Beschluß des Arbeitsgerichts Mainz vom 19.04.1990 – 3 Ca 324/90 – wie folgt abgeändert:
Der Gegenstandswert für die anwaltliche Tätigkeit der Prozeßbevollmächtigten der Klägerin wird auf 7.800,– DM festgesetzt.
Gründe
Die Klägerin war seit dem 01.04.1989 bei der Beklagten als Personalsachbearbeiterin zu einem Bruttomonatsgehalt in Höhe von 3.900,– DM beschäftigt.
Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 14.02.1990 zum 31.03.1990. Gegen diese Kündigung erhob die Klägerin am 26.02.1990 Klage beim Arbeitsgericht und beantragte,
- festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die mit Schreiben der Beklagten vom 14.02.1990 erklärte und der Klägerin am 15.02.1990 zugegangene Kündigung zum 31.03.1990 nicht aufgelöst ist, sondern unverändert fortbesteht.
für den Fall, daß das Gericht nach vorstehender Ziff. 1 erkennt:
Die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin zu den bisherigen Bedingungen als Personalsachbearbeiterin weiterzubeschäftigen.
In der Sitzung vom 29.03.1990 nahm die Klägerin jedoch diese Klage wieder zurück, nachdem die Beklagte die betreffende Kündigung ihrerseits zurückgenommen hatte.
Auf den Antrag der Prozeßbevollmächtigten der Klägerin setzte das Arbeitsgericht den Gegenstandswert ihrer anwaltlichen Tätigkeit durch Beschluß vom 19.04.1990 für den Antrag zu 1) auf 7.800,– DM und für den Antrag zu 2) auf 3.900,– DM = 11.700,– DM fest.
Gegen diesen Beschluß hat die Klägerin mit am 30.04.1990 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz Beschwerde eingelegt. Sie ist der Auffassung, der Klageantrag zu 2) als Eventualantrag dürfe sich nicht streitwerterhöhend auswirken.
Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
Die Beschwerde ist gem. den §§ 78 Abs. 1 ArbGG, 10 Abs. 3 BRAGO, 567 ff. ZPO statthaft. Sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt worden und damit zulässig.
Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg. Der angefochtene Beschluß ist zu beanstanden, soweit er den von der Klägerin hilfsweise verfolgten Weiterbeschäftigungsanspruch bei der Festsetzung des Gegenstandswertes streitwerterhöhend berücksichtigt hat.
Bei dem von der Klägerin hilfsweise für den Obsiegensfall mit dem Kündigungsschutzantrag geltend gemachten Antrag auf Weiterbeschäftigung handelt es sich um einen sogenannten uneigentlichen Hilfsantrag. Der Weiterbeschäftigungsanspruch kann als uneigentlicher Hilfsantrag zulässigerweise mit der Kündigungsschutzklage verbunden werden (ebenso BAG, NZA 1988 S. 741 m.w.N.).
Die bedingte Erhebung des Weiterbeschäftigungsanspruchs führt jedenfalls dann nicht zur Addition der Streitwerte von Kündigungsschutzklage und Weiterbeschäftigungsbegehren, wenn über ihn nicht entschieden wird. Der als uneigentlicher Hilfsantrag gestellte Weiterbeschäftigungsantrag ist kostenrechtlich wertneutral, da er bei der Verknüpfung mit dem Kündigungsschutzantrag geringer zu bewerten ist als dieser.
Nach § 19 Abs. 4 GKG ist der höhere Wert eines hilfsweise geltend gemachten Anspruchs maßgebend, wenn über ihn entschieden wird; sonst bleibt dieser Anspruch außer Betracht.
Die im Kündigungsschutzprozeß hilfsweise beanspruchte Weiterbeschäftigung unterfällt nach Auffassung des Beschwerdegerichts der Bestimmung des § 19 Abs. 4 GKG (ebenso: LAG Düsseldorf, NZA 1989, 862; Becker/Glaremin, NZA 1989, 207; Arbeitsrechtslexikon – Schwab: Streitwert – Gegenstandswert; LG Mainz, Urteil vom 19.12.1989 – 6 S 299/88). Der Hilfsantrag bleibt daher nach § 19 Abs. 4 GKG gebührenmäßig außer Ansatz.
§ 19 Abs. 4 GKG erfaßt sowohl den echten als auch den unechten Hilfsantrag.
Der gegenteiligen Auffassung, wonach diese Norm nicht für uneigentliche Hilfsanträge gelten soll, da der Kläger vorbehaltlos die Verurteilung nach Maßgabe beider Anträge begehre und damit lediglich die Einschränkung verknüpfe, daß der Hilfsantrag nur beschieden werden soll, wenn der erste Antrag Erfolg hat (so LAG Köln, LAGE § 19 GKG Nr. 2; LAG Hamm, NZA 1989, 231; Stein-Jonas-Schumann, § 5 RNr. 27 Fußnote 122), vermag das Beschwerdegericht nicht zu folgen.
Diese Differenzierung zwischen einem echten und unechten Eventualantrag kann dem Gesetzeswortlaut des § 19 Abs. 4 GKG nicht entnommen werden. Es sind keinerlei Anhaltspunkte dafür ersichtlich, daß § 19 Abs. 4 GKG nur für einen Teil der als zulässig anerkannten Hilfsantragskonstellation...