Entscheidungsstichwort (Thema)
Entgeltanspruch. Gegenstandswert. Identität, wirtschaftliche. Kündigung. Streitwert. Vergütung. Weiterbeschäftigung. Zahlungsantrag. Reichweite der wirtschaftlichen Identität
Leitsatz (amtlich)
1. Wirtschaftliche Identität zwischen einem Kündigungsschutzantrag und geltend gemachten Entgeltansprüchen für Zeiten nach dem vermeintlichen Ende des Arbeitsverhältnisses besteht nur soweit, wie die Bewertung des Kündigungsschutzantrags reicht. Diese richtet sich in typisierender Betrachtung nach der im Kündigungszeitpunkt bestehenden Dauer des Arbeitsverhältnisses und beträgt grundsätzlich bei dessen Bestand von bis zu sechs Monaten einen Monatsverdienst, bei einem Bestand von sechs bis zu zwölf Monaten zwei Monatsverdienste und ab einem Bestand von mehr als zwölf Monaten drei Monatsverdienste. Maßgeblich für die Festsetzung im Deckungszeitraum ist der jeweils höhere Betrag für die Feststellung bzw. für Zahlung.
2. Für den nachfolgenden Zeitraum sind per Klagehäufung verfolgte Entgeltansprüche eigenständig zu bewerten.
3. Der grundsätzlich mit einem Monatsgehalt zu bewertende Weiterbeschäftigungsantrag steht weder in wirtschaftlicher Identität zu dem Kündigungsschutzantrag noch zu den oben genannten Entgeltansprüchen.
Normenkette
GKG § 42 Abs. 3-4; RVG § 33 Abs. 3
Verfahrensgang
ArbG Koblenz (Beschluss vom 19.05.2008; Aktenzeichen 6 Ca 637/07) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Beschwerdeführer wird der Gegenstandswertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Koblenz – Auswärtige Kammern Neuwied – vom 19.05.2008 – 6 Ca 637/07 – wie folgt abgeändert:
Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten des Klägers wird auf 18.750,53 EUR festgesetzt. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Beschwerdeführer zu 40%.
3. Ein Rechtsmittel ist gegen diese Entscheidung nicht gegeben.
Tatbestand
I. Die Beschwerdeführer begehren die Festsetzung eines höheren Gegenstandswertes im Zusammenhang mit einem Kündigungsrechtsstreit sowie der Verfolgung von Vergütungsansprüchen.
Der Kläger war bei der Beklagten seit September 2001 als Lagerist und Gabelstaplerfahrer mit einem Bruttomonatseinkommen von 2.195,19 EUR beschäftigt. Mit seiner Klage vom 05.04.2007 wendete er sich gegen eine ihm unter dem 26.03.2007 zum 31.05.2007 ausgesprochene ordentliche Kündigung und beantragte zudem, die Beklagte ab dem 01.06.2007 zu seiner Weiterbeschäftigung zu den bisherigen Arbeitsbedingungen zu verurteilen.
Mit Schriftsatz vom 13.03.2008 erweiterte der Kläger die Klage und beantragte die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von insgesamt 13.466,08 EUR Verzugslohn an ihn für die Monate Juni 2007 bis einschließlich März 2008 (21.951,90 EUR abzüglich seitens der Bundesagentur für Arbeit für diese Zeit erbrachten Leistungen von 8.485,82 EUR). Diese Zahlungen hat der Kläger Monat für Monat aufgesplittet und beziffert. Die Parteien haben das Verfahren vor dem Arbeitsgericht durch Vergleich erledigt.
Auf Antrag der Prozessbevollmächtigten des Klägers hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 19.05.2008 den Gegenstandswert ihrer anwaltlichen Tätigkeit auf 13.466,66 EUR festgesetzt. Dabei hat es diesen Wert für die Anträge auf Lohnzahlung veranschlagt und für die Kündigungsschutzanträge sowie den Weiterbeschäftigungsantrag wegen wirtschaftlicher Teilidentität keinen gesonderten Gegenstandswert festgesetzt.
Gegen diesen Beschluss haben die Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Schriftsatz vom 05.06.2008 form- und fristgerecht eine als „sofortige Beschwerde” bezeichnete Beschwerde eingelegt, in welcher sie darüber hinaus hilfsweise beantragen, den Gegenstandswert auf 22.247,24 EUR festzusetzen. Zur Begründung führen sie im Wesentlichen aus, die wirtschaftliche Teilidentität könne sich allenfalls auf die Entgeltzahlungsanträge für die Monate Juni, Juli und August 2007 beziehen, so dass deren Wert in Höhe von insgesamt 3.496,31 EUR in Abzug zu bringen sei und der Gegenstandswert dann hinsichtlich der gesamten geltend gemachten Zahlungsanträge 9.969,77 EUR betrage. Hinzu zu addieren seien sodann drei Bruttomonatsgehälter für den Kündigungsschutzantrag sowie ein Bruttomonatsverdienst für den Weiterbeschäftigungsantrag, woraus sich insgesamt ein Gegenstandswert in Höhe von 18.750,35 EUR ergebe. Der gestellte Hilfsantrag, dem die Addition sämtlicher in Frage kommender Einzelgegenstandswerte zugrunde liege, sei begründet, da Vergütungsansprüche für anwaltlich erbrachte Tätigkeiten nicht schon deswegen abgesprochen werden könnten, weil sie nach den für die Gerichtsgebühren maßgebenden Vorschriften nicht zu berücksichtigen seien.
Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen, den Hilfsantrag zurückgewiesen und die Sache dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde ist nach § 33 Abs. 3 RVG statthaft. Der als „sofortige Beschwerde” bezeichnete Schriftsatz vom 05.06.2008 ist dahingehend auszulegen, dass die Beschwerdeführer...