Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitspapiere, Herausgabe. Entfristungsklage. Entgeltklage. Gegenstandswert. Identität, wirtschaftliche. Kündigungsschutzklage. Zeugnis. Zusammentreffen. Gegenstandswert – Kündigung. Zusammentreffen von Kündigungsschutz und Entfristungsklage. wirtschaftliche Identität von Entgelt- und Kündigungsschutz- bzw. Entfristungsklage. Herausgabe von Arbeitspapieren
Leitsatz (amtlich)
1. § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG enthält keinen Regelstreitwert. Der Vierteljahresverdienst ist vielmehr nur die Obergrenze für den vom Gericht nach freiem Ermessen (§ 3 ZPO) festzusetzenden Streitwert. Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit ist in typisierender Betrachtungsweise bei einem Bestand des Arbeitsverhältnisses von bis zu sechs Monaten grundsätzlich mit einem Monatsverdienst bei einem Bestand von sechs bis zwölf Monaten grundsätzlich mit zwei Monatsverdiensten und ab einem Bestand von zwölf Monaten grundsätzlich mit drei Monatsverdiensten festzusetzen.
2. Ein neben dem Kündigungsschutzantrag gestellter allgemeiner Feststellungsantrag ist nicht gegenstandswerterhöhend, wenn die Parteien im Prozess keinen Streit über einen konkreten weiteren Beendigungstatbestand geführt haben
3. Der Gegenstandswert für einen Weiterbeschäftigungsantrag ist mit einem Bruttomonatsgehalt zu veranschlagen.
4. Bei Zusammentreffen von Kündigungsschutz- und Entfristungsklage sind in Bezug auf die Gegenstandswertfestsetzung die Grundsätze anzuwenden wie im Falle mehrerer Kündigungen. Für den gegen die erstmögliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses gerichteten Antrag, sei es ein Kündigungsschutz- oder Entfristungsantrag, ist – abhängig von der Dauer des Bestand des Arbeitsverhältnisses – ein Gegenstandswert von bis zu drei Bruttomonatsverdiensten anzusetzen. Für jeden weiteren Kündigungsschutz bzw. Entfristungsantrag ist ein Gegenstandswert in Höhe des Betrages anzusetzen, der dem durchschnittlichen Verdienst entspricht, den der Arbeitnehmer bei Hinausschieben des Beendigungszeitpunktes aufgrund der weiteren Kündigung bzw. Befristung mehr bzw. bei Vorschieben des Beendigungszeitraumes durch diese weniger verdienen würde, allerdings grundsätzlich begrenzt auf maximal einen Monatsverdienst.
5. Eine wirtschaftliche (Teil-) Identität zwischen Kündigungsschutzklage und Entgeltklage, deren Grundsätze auch auf das Zusammenspiel zwischen Entfristungsklage und Entgeltklage Anwendung finden, ist gegeben, wenn das Entgelt ganz bzw. teilweise für einen Zeitraum nach dem vermeintlichen Ende des Arbeitsverhältnisses gefordert wird.
6. Der Gegenstandswert eines Antrages auf Erteilung eines wohlwollenden qualifizierten Zeugnisses ist mit einem Bruttomonatsgehalt zu bewerten.
7. Der Gegenstandswert für einen Antrag auf Herausgabe von Arbeitspapieren ist unabhängig von der Höhe des individuellen Bruttomonatsgehalts mit 300,00 EUR pro Arbeitspapier anzusetzen. Anders als bei der Bewertung eines Kündigungsschutzantrages, bei dem durch § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG auf die individuelle Höhe des Einkommens abgestellt wird, besteht ein Zusammenhang zwischen Herausgabeanspruch und Monatsentgelt nicht, weil jeder Arbeitnehmer unabhängig von der Höhe seines Einkommens diese Arbeitspapiere in gleicher Weise nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses benötigt.
Normenkette
GKG § 42 Abs. 4 S. 1; ZPO § 3
Verfahrensgang
ArbG Mainz (Beschluss vom 15.01.2009; Aktenzeichen 1 Ca 1061/08) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers vom 03.02.2009 wird der Gegenstandswertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 15.01.2009 – 1 Ca 1061/08 – wie folgt abgeändert:
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Beschwerdeführer zu 66 %.
3. Ein Rechtsmittel ist gegen diese Entscheidung nicht gegeben.
Tatbestand
I. Der Beschwerdeführer begehrt die Festsetzung eines höheren Gegenstandswertes im Zusammenhang mit einer Kündigungsschutz- und Entfristungsklage, in deren Rahmen auch Zahlungs- und Herausgabeansprüche sowie ein Weiterbeschäftigungs- und Zeugnisanspruch geltend gemacht wurden.
Der am 25.02.2008 geschlossene und bis zum 31.12.2008 befristete Arbeitsvertrag der Klägerin sah unter § 1 vor, dass das Arbeitsverhältnis zunächst für die Dauer von sechs Monaten zur Probe eingegangen wird und dann mit Ablauf dieser Probezeit endet. Mit Schreiben vom 26.05.2008 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 11.06.2008. Gegen diese Kündigung hat die Klägerin Kündigungsschutzklage erhoben (Antrag zu 1.). Daneben hat sie einen allgemeinen Feststellungsantrag (Antrag zu 2.) sowie einen Weiterbeschäftigungsantrag (Antrag zu 3.) gestellt.
Unter dem 21.07.2008 hat die Klägerin darüber hinaus beantragt, festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis weder aufgrund einer Befristung im Arbeitsvertrag zum 20.08.2008 (Ende der Probezeit) noch aufgrund einer weiteren Befristung im Arbeitsvertrag zum 31.12.2008 beendet wird (Anträge zu 4. und 5.). Daneben machte die Klägerin mit den Anträgen zu 6. und 7. Gehaltszahlungsansprüche für die Monate Juni (hie...