Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufhebung. Nachprüfungsverfahren. Prozesskostenhilfe. Umfang. Aufhebung der Prozesskostenhilfe. Umfang der Erklärungspflicht der Partei im Nachprüfungsverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

1. Nach dem Wortlaut von § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO hat sich die Partei, der Prozesskostenhilfe bewilligt wurde, auf Verlangen des Gerichts nur darüber zu erklären, ob eine Änderung der Verhältnisse eingetreten ist. Eine weitergehende Erklärungspflicht der Partei ergibt sich aus dem Gesetz nicht.

2. Die Aufforderung an die Partei, „die Einkommens- und Vermögensverhältnisse darzulegen”, geht über die Mitteilungsobliegenheit des § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO hinaus. Zu einer solchen vollständigen Erklärung über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse ist die Partei im vierjährigen Nachprüfungsverfahren nicht verpflichtet.

3. Bestehen trotz des Hinweises des Gerichtes, dass nach § 120 Abs. 4 ZPO eine Verpflichtung zur Mitteilung von Änderungen der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse besteht, keine Anhaltspunkte, dass die Partei dieser Mitwirkungspflicht nachkommen wird, wurde der Bewilligungsbescheid zu Recht nach § 124 Nr. 2 ZPO aufgehoben.

 

Normenkette

ZPO § 120 Abs. 4 S. 2, § 124 Nr. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Mainz (Beschluss vom 09.04.2009; Aktenzeichen 1 Ca 2509/07)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 9.4.2009 – 1 Ca 2509/07 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

I. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Aufhebung des ihm Prozesshilfe gewährenden Beschlusses.

In dem vor dem Arbeitsgericht Mainz betriebenen Verfahren hat das Arbeitsgericht dem Kläger Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten ohne Zahlungsbestimmung bewilligt.

Nach Abschluss des Verfahrens hat die Rechtspflegerin den Kläger erstmals mit Schreiben vom 21.1.2009 aufgefordert, „möglichst umgehend die Einkommens- und Vermögensverhältnisse darzulegen und geeignete Nachweise über Einnahmen und Ausgaben beizufügen”. Nachdem der Kläger auf zwei weitere Aufforderungen mit Fristsetzung nicht reagiert hatte, hat die Rechtspflegerin mit Beschluss vom 9.4.2009, zugestellt am 21.4.2009, den Beschluss auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufgehoben.

Mit Schriftsatz vom 20.5.2009, Eingang am gleichen Tag beim Arbeitsgericht, hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers mitgeteilt, dass zu dem Kläger kein Kontakt mehr bestehe, Briefe zurückkämen und er telefonisch nicht erreichbar wäre. Zur Fristwahrung hat er in dem Schreiben sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts vom 9.4.2009 eingelegt. Daraufhin wurde von der Rechtspflegerin nach Ermittlung der neuen Anschrift Frist zur Begründung der Beschwerde gesetzt. Nach fruchtlosem Fristablauf hat die Rechtspflegerin dem Rechtsbehelf mit Verweis auf die fehlende Erklärung nach § 120 Abs. 4 ZPO nicht abgeholfen und ihn dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

 

Entscheidungsgründe

II. Die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers ist nach den §§ 78 ArbGG, 127 Abs. 2 S. 2, 567 ff. ZPO zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg. Der angefochtene Beschluss hält im Ergebnis einer rechtlichen Nachprüfung stand.

Das Gericht kann gegenüber einer Partei, der Prozesskostenhilfe bewilligt worden war, die Entscheidung über die zu leistenden Zahlungen ändern, wenn sich die für die Prozesskostenhilfe maßgebenden persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse in der Folgezeit wesentlich geändert haben (§ 120 Abs. 4 S. 1 ZPO). Eine derartige Überprüfungsmöglichkeit besteht für die Dauer von vier Jahren (§ 120 Abs. 4 S. 3 ZPO). In diesem Zusammenhang hat sich nach dem Wortlaut von § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO die Partei auf Verlangen des Gerichts „nur darüber zu erklären, ob eine Änderung der Verhältnisse eingetreten ist”. Eine weitergehende Erklärungspflicht der Partei ergibt sich aus dem Gesetz nicht. Im vorliegenden Fall hat die Rechtspflegerin den Beschwerdeführer indes aufgefordert, möglichst umgehend „die Einkommens- und Vermögensverhältnisse darzulegen”. Die vom Gesetz vorgesehene Eingrenzung auf die Mitteilung einer bloßen Änderung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ist gerade nicht erfolgt. Zu einer vollständigen Erklärung über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse war der Beschwerdeführer im vierjährigen Nachprüfungsverfahren indes nicht verpflichtet.

Es war auch ermessensfehlerhaft von der Rechtspflegerin, einschränkungslos für alle Einnahmen und Ausgaben des Beschwerdeführers die Vorlage der entsprechenden Belege zu verlangen. Zwar steht es in ihrem Ermessen, konkrete Angaben und ergänzende bzw. abändernde Belege von der Partei anzufordern, oder in sonstiger Weise eine Glaubhaftmachung der zuletzt getätigten Angaben gemäß § 118 Abs. 2 S. 1 ZPO zu verlangen. Welche Angaben und Nachweise die Rechtspflegerin von der Partei im konkreten Fall verlangen konnte, entscheiden die jeweiligen Umstände des Einzelfalles. Regelmäßig – so auc...

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