Entscheidungsstichwort (Thema)
Änderung. Belege. Beschlussverfahren. Beschwerde. Erklärungspflicht, Umfang der. Ermessen. Glaubhaftmachung. Nachprüfung. Prozesskostenhilfe. Bindung an Anerkennung bestimmter Kosten im Bewilligungsverfahren
Leitsatz (amtlich)
1. Nach dem Wortlaut des § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO hat sich die Partei, der Prozesskostenhilfe bewilligt wurde, auf Verlangen des Gerichts nur darüber zu erklären, ob eine Änderung ihrer wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse eingetreten ist. Die Aufforderung an die Partei, „die Einkommens- und Vermögensverhältnisse darzulegen und geeignete Nachweise über Einnahmen und Ausgaben beizufügen”, geht über diese Mitteilungsobliegenheit hinaus. Dieser Mangel kann im Abhilfeverfahren dadurch geheilt werden, dass der Rechtspfleger der Partei konkret aufgibt, bestimmte Nachweise zu erbringen.
2. Es steht im Ermessen des Rechtspflegers, zur Glaubhaftmachung gemäß § 118 Abs. 2 S. 1 ZPO konkrete Auskünfte und Belege anzufordern. Seine Ermessensausübung ist überprüfbar. Welche Angaben und Nachweise der Rechtspfleger von der Partei im konkreten Fall verlangen kann, entscheiden die jeweiligen Umstände des Einzelfalles.
3. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Beschluss vom 25.11.2008 – 3 AZB 55/08) ist die Anerkennung bestimmter Kosten im Bewilligungsverfahren für die spätere Nachprüfung bindend, sofern die wirtschaftlichen Verhältnisse insoweit unverändert geblieben sind. Das bedeutet, dass bei der Berechnung des für die Prozesskostenhilfe maßgeblichen Einkommens weiterhin der ursprünglich anerkannte Betrag für Wohnkosten zu berücksichtigen ist, wenn die Partei im Nachprüfungsverfahren zwar nachweist, dass sie in einem neuen Mietverhältnis weiterhin zur Miete wohnt, aber die behaupteten höheren Kosten des neuen Mietvertrags nicht mit den geforderten vollständigen Belegen glaubhaft macht.
Normenkette
ZPO § 118 Abs. 2, § 120 Abs. 4
Verfahrensgang
ArbG Mainz (Beschluss vom 24.09.2009; Aktenzeichen 7 Ca 390/06 KH) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz – Auswärtige Kammern Bad Kreuznach – vom 24.09.2009 – 7 Ca 390/06 – aufgehoben und wie folgt neu gefasst:
Unter teilweiser Abänderung der Beschlüsse vom 19.06.2006 und vom 28.01.2009 wird angeordnet, dass der Beklagte ab dem 01.02.2010 monatliche Raten i.H.v. 95,00 Euro auf die Prozesskosten zu zahlen hat.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
2. Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei.
3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I. Der Beklagte wendet sich gegen die Aufhebung der ihm gewährten Prozesskostenhilfe.
Das Arbeitsgericht hat dem Beklagten mit Beschluss vom 19.06.2006 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten ohne Zahlungsbestimmung bewilligt. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Beklagte aufgrund fristloser Kündigung seines Arbeitsverhältnisses kein Einkommen. Er bewohnte ausweislich des vorgelegten Mietvertrages gemeinsam mit einer Frau unter Kostenteilung eine Wohnung, für die insgesamt 400,00 Euro Miete zuzüglich 75,00 Euro Betriebskosten anfielen. An Stromkosten für die Nachtspeicherheizung gab der Beklagte in der Erklärung 95,00 Euro an und an sonstigen Stromkosten 75,00 Euro.
Als die Rechtspflegerin den Beklagten im Jahr 2008 aufforderte, seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse darzulegen, übersandte dieser eine aktuelle Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst Lohnabrechnung, aus der sich ein Nettolohn i.H.v. 1.191,12 Euro ergibt. Der zwischenzeitlich umgezogene Beklagte gab an, er zahle nunmehr alleine 400,00 Euro Miete, 70,00 Euro Heizkosten sowie 175,00 Euro übrige Nebenkosten zuzüglich 30,00 Euro Strom. Daneben machte er verschiedene Ratenzahlungsverpflichtungen als Belastungen geltend.
Daraufhin bat die Rechtspflegerin um Nachweise für die angegebenen Zahlungsverpflichtungen. Nachdem der Beklage einige Originalunterlagen in Form von Überweisungsbelegen sowie einen Auszug aus dem Mietvertrag vorgelegt hatte, hat ihn die Rechtspflegerin u.a. darauf hingewiesen, dass nur die Vorlage der vollständigen Verträge als Nachweis der Zahlung geeignet seien.
Als der Beklagte hierauf nicht reagierte, hat die Rechtspflegerin durch Beschluss vom 28.01.2009 die Bewilligung der Prozesskostenhilfe unter Festsetzung von monatlichen Raten in Höhe von 250,00 Euro abgeändert.
Auf die Beschwerde des Beklagten hat das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz durch Beschluss vom 17.04.2009 (3 Ta 88/09) die (faktische) Nichtabhilfeentscheidung und die Vorlageverfügung der Rechtspflegerin aufgehoben und hat das Beschwerdeverfahren zur ordnungsgemäßen Durchführung des Abhilfeverfahrens an das Arbeitsgericht zurückverwiesen.
Als der Beklagte auf die erneute Bitte der Rechtspflegerin, die angegebenen Verbindlichkeiten zu belegen und zwar u.a. durch Mietvertrag, Darlehensvertrag und Aufstellung der alten Mietschulden, nicht reagiert hatte, hat sie die Bewilligung der Prozesskostenhilfe mit Beschluss...