Entscheidungsstichwort (Thema)
Erklärungspflicht, Umfang der. Prozesskostenhilfe, Aufhebung der. Prozessvollmacht, Umfang der. Wirtschaftliche und persönliche Verhältnisse, Änderung der. Aufhebung von Prozesskostenhilfe. Umfang der Prozessvollmacht
Leitsatz (amtlich)
Der Umfang der Prozessvollmacht erstreckt sich auf die nachträgliche Überprüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Prozesskostenhilfe nach § 120 Abs. 4 ZPO, wenn der Prozesskostenhilfeantrag bereits durch den Prozessbevollmächtigten gestellt wurde. Daher muss in diesen Fällen die Aufforderung zur Abgabe der Erklärung nach § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO über den Prozessbevollmächtigten erfolgen.
Normenkette
ArbGG § 78; ZPO § 120 Abs. 4 S. 2, § 124 Nr. 2, §§ 127, 567
Verfahrensgang
ArbG Trier (Beschluss vom 24.09.2010; Aktenzeichen 4 Ca 1820/07) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Trier vom 24.09.2010 – 4 Ca 1820/07 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I. Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung des ihm Prozesskostenhilfe gewährenden Beschlusses.
Das Arbeitsgericht Trier hat dem Kläger für die von ihm betriebene Lohnzahlungsklage Prozesskostenbeihilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten ohne Zahlungsbestimmung bewilligt.
Nach Abschluss des Rechtsstreits hat das Arbeitsgericht den Kläger mehrfach über seinen Prozessbevollmächtigten aufgefordert, eine Erklärung über eine Änderung seiner wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse abzugeben. Nachdem der Kläger hierauf nicht reagierte und der Prozessbevollmächtigte angab, zum Kläger bestehe kein Kontakt mehr, hat das Arbeitsgericht die Bewilligung der Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 24.09.2010, dem Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellt am 01.10.2010, aufgehoben.
Mit am 02.11.2010 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers in dessen Namen sofortige Beschwerde gegen diese Entscheidung eingelegt. Nachdem die Beschwerde nicht weiter begründet wurde, hat das Arbeitsgericht der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und das Verfahren dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Entscheidungsgründe
II. Die sofortige Beschwerde ist nach § 78 ArbGG, 567 Abs. 1 Nr. 1, 127 Abs. 2 S. 2 ZPO statthaft; sie ist gem. §§ 127 Abs. 2 Satz 3, 222 Abs. 2 ZPO insbesondere auch fristgerecht eingelegt worden. Die Monatsfrist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde endete, da der 01.11.2010 ein Feiertag war, erst mit Ablauf des 02.11.2010.
In der Sache hat die sofortige Beschwerde jedoch keinen Erfolg.
Das Arbeitsgericht hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den beschwerdeführenden Kläger zu Recht nach §§ 124 Nr. 2 i.V.m. § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO aufgehoben.
Gemäß § 120 Abs. 4 S. 1 ZPO kann das Gericht gegenüber einer Partei, deren persönliche und wirtschaftliche Verhältnisse sich nach der Bewilligung von Prozesskostenhilfe maßgeblich verändert haben, innerhalb von 4 Jahren die Entscheidung über die zu leistenden Zahlungen ändern.
Der Partei obliegt es daher nach § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO, sich auf Verlangen des Gerichts darüber zu erklären, ob eine Änderung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse eingetreten ist. Der Umstand, dass die Partei, der Prozesskostenhilfe bewilligt war, im vierjährigen Überprüfungszeitraum unter der gemeldeten Wohnanschrift postalisch nicht erreichbar ist, liegt in ihrer Sphäre. Dies entbindet sie nicht von der Abgabe der geforderten Erklärungen im Rahmen von § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO (vgl. LAG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 09.07.2009 – 1 Ta 142/09). Dies gilt auch, wenn der beigeordnete Prozessbevollmächtigte keinen Kontakt mehr zu seinem Mandanten hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Beschluss vom 19.07.2006 – 3 AZB 18/06, vgl. auch LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 03.04.2009 – 1 Ta 46/09) erstreckt sich der Umfang der Prozessvollmacht und damit auch die Zustellungsbevollmächtigung auf die nachträgliche Überprüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse im Prozesskostenhilfeverfahren nach § 120 Abs. 4 ZPO, wenn der Prozesskostenhilfeantrag – wie hier – bereits durch den Prozessbevollmächtigten gestellt wurde.
Da der Beschwerdeführer der Verpflichtung aus § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO bislang auch nach Aufforderung durch das Beschwerdegericht nicht nachgekommen ist, hatte es bei der Aufhebung des die Prozesskostenhilfe bewilligenden Beschlusses zu verbleiben.
Die sofortige Beschwerde war daher mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO als unbegründet zurückzuweisen.
Die Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 574 Abs. 3 S. 1 ZPO war vorliegend nicht veranlasst.
Fundstellen