Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Anspruch des Betriebsrates auf Unterlassung einer Betriebsänderung. Betriebsänderung. Unterlassungsanspruch. allgemeiner
Leitsatz (redaktionell)
Dem Betriebsrat steht kein im Wege einstweiliger Verfügung durchsetzbarer Anspruch auf Unterlassung einer Betriebsänderung nach § 111 BetrVG zu.
Normenkette
BetrVG § 111; ZPO §§ 935, 938
Verfahrensgang
ArbG Mainz (Beschluss vom 23.07.2004; Aktenzeichen 6 BVGa 1/04) |
Tenor
Die Beschwerde des Beteiligten zu 1) (Betriebsrat) gegen denBeschluss des Arbeitsgerichts – Auswärtige Kammern Bad Kreuznach – vom23.07.2004, Aktenzeichen 6 BVGa 1/04 wird zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten im Rahmen eines arbeitsgerichtlichen Eilverfahrens um die Unterlassung einer Betriebsänderung.
Beteiligter zu 2) (im Folgenden: Arbeitgeberin) ist ein Supermarkt in C-Stadt, in welchem rund 130 Arbeitnehmer – rechnerisch cirka 90 Vollzeitkräfte – beschäftigt sind. Beteiligter zu 1) (im Folgenden: Betriebsrat) ist der bei der Arbeitgeberin errichtete Betriebsrat.
In der Betriebsratssitzung vom 04.06.2004 teilte der für den Betrieb zuständige Bezirksmanager der Arbeitgeberin, Herr X dem Betriebsrat unter anderem mit, die Personalkosten im Betrieb lägen derzeit bei 16,5% des Umsatzes und es sei geplant, diesen Anteil bis Ende 2005 auf 11,2% zu senken.
In der Folgezeit verhandelte die Arbeitgeberin mit den Arbeitnehmerinnen W und V über den Abschluss eines Aufhebungsvertrages gegen Zahlung einer Abfindung; Frau W nahm das Angebot der Arbeitgeberin an.
Mit seinem am 09.07.2004 beim Arbeitsgericht Mainz – Auswärtige Kammern Bad Kreuznach – eingereichten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung hat der Betriebsrat das Ziel verfolgt, eine aus seiner Sicht vorliegende Betriebsänderung in Form von Personalabbau und Umstrukturierungen für die Zeit bis zum Abschluss der Verhandlungen über einen Interessenausgleich gerichtlich untersagen zu lassen.
Der Betriebsrat hat geltend gemacht,
die Arbeitgeberin beabsichtigte, eine Betriebsänderung im Wege des Personalabbaus durchzuführen, wobei insgesamt 24 bis 30 Arbeitnehmer – rechnerisch 12 Vollarbeitsstellen – abgebaut werden sollten. Die den Arbeitnehmerinnen angebotenen Aufhebungsverträge seien bereits der Beginn des geplanten Personalabbaus. Da die Arbeitgeberin ihren Verpflichtungen nach § 111 BetrVG bislang nicht nachgekommen sei und rund 20% der beschäftigten Arbeitnehmer von der geplanten Betriebsänderung betroffen seien, habe die Arbeitgeberin die beabsichtigte Betriebsänderung solange zu unterlassen, bis es zum Abschluss eines Interessenausgleichs gekommen sei.
Der Betriebsrat hat beantragt,
- der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Verfügung zu untersagen, die beabsichtigte Betriebsänderung in der Form von Personalabbau und Umstrukturierungen durchzuführen, solange das Verfahren der Verhandlungen über einen Interessenausgleich gemäß § 111 Satz 1 BetrVG in Verbindung mit § 112 Abs. 2 BetrVG nicht zu einer Vereinbarung mit dem Beteiligten zu 1. und Antragsteller geführt hat oder im Rahmen einer Einigungsstelle gescheitert ist. Der Antragsgegnerin in diesem Zusammenhang insbesondere aufzugeben, es zu unterlassen, Kündigungsverfahren einzuleiten und Kündigungen auszusprechen, Angebote zum Abschluss von Aufhebungsverträgen / Abwicklungsverträgen abzugeben und entsprechende Vereinbarungen mit Arbeitnehmern abzuschließen, Vereinbarungen über eine Reduzierung der Arbeitszeit mit betroffenen Arbeitnehmern zu treffen oder einzelne Abteilungen oder Funktionen der betrieblichen Organisation auszugliedern oder Vorbereitungen hierfür zu treffen, Versetzungsverfahren einzuleiten und durchzuführen, solange nicht ein Interessenausgleich mit dem Antragsteller vereinbart wurde oder die Interessenausgleichsverhandlungen im Rahmen einer Einigungsstelle gescheitert sind,
- der Antragsgegnerin für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis 250.000,00 EUR und für den Fall, dass dieses nicht beitreibbar ist, Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollstrecken an den gesetzlichen Vertretern der Antragsgegnerin, anzudrohen.
Die Arbeitgeberin hat beantragt,
die Anträge des Betriebsrates zurückzuweisen.
Die Arbeitgeberin hat vorgetragen,
sie habe zwar am 04.06.2004 den Betriebsrat über die beabsichtigte Reduzierung von Personalkosten informiert, jedoch dürfe aus der Mitteilung dieser Unternehmenskennzahlen noch nicht die Absicht einer konkreten Betriebsänderung gefolgert werden. Vielmehr prüfe sie derzeit noch verschiedene Alternativen zur Senkung der Personalkosten: Ausweitung des nachts durchgeführten Auffüllens von Regalen durch eine externe Firma „Nightstocking-Crew”); Automatisierung des Getränkemarktes; Vermietung des Lotto-/Zeitschriftenshops. Zudem stelle der bisherige Personalabbau keine Betriebsänderung dar, da nicht mindestens 10% der Arbeitnehmer oder mehr als 25 Arbeitnehmer betroffen seien.
Im Verlauf des erstinstanzlichen Rechtsstreites sprach die Arbeitgeberin drei weitere Arbeitnehmer aus ihrem Betrieb an und...