Entscheidungsstichwort (Thema)

Abrechnung. Bestimmtheit. Zwangsvollstreckung aus Vergleich

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Haben es die Parteien in einem gerichtlichen Vergleich unterlassen klarzustellen, was sie inhaltlich unter einer „ordnungsgemäßen” Abrechnung verstehen, ist der Vergleich als Vollstreckungstitel i.S.v. § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO nicht hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO analog).

2. Wenn es zur Erstellung der Abrechnung spezieller Kenntnisse bedarf, die nur der Schuldner hat, richtet sich die Zwangsvollstreckung nach § 888 Abs. 1 ZPO.

3. Soll in einem Vergleich eine Regelung über „Tankgutscheine” getroffen werden, so gehört dazu mindestens eine Bestimmung über die zu nutzende Tankstelle, die Kraftstoffart, die Menge und den Betrag.

 

Normenkette

ZPO §§ 252, 887-888

 

Verfahrensgang

ArbG Mainz (Beschluss vom 06.10.2010; Aktenzeichen 11 Ca 194/10 KH)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Beklagten wird der End-Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz – Auswärtige Kammern Bad Kreuznach – vom 06.10.2010 – 11 Ca 194/10 – teilweise dahingehend abgeändert, dass der Vollstreckungsantrag, über den im End-Beschluss entschieden wurde und soweit er bezüglich der Arbeitsbescheinigung nicht für erledigt erklärt wurde, zurückgewiesen wird.

Die Anschlussbeschwerde der Klägerin wird, soweit der Vollstreckungsantrag nicht für erledigt erklärt wurde, zurückgewiesen.

Die Kosten des Zwangsvollstreckungs- und Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

A. Sachverhalt:

Das vorliegende Beschwerdeverfahren bezieht sich auf den End-Beschluss des Arbeitsgerichts vom 06.10.2010 (– dagegen bezieht sich das weitere Beschwerdeverfahren der Parteien – 3 Ta 251/10 – auf den Teil-Beschluss des Arbeitsgerichts vom 13.09.2010).

Die Beklagte (Schuldnerin) erteilte der Klägerin (Gläubigerin) für Januar 2010 die aus Bl. 8 d. A. ersichtliche Gehaltsabrechnung vom 26.01.2010. In dem Kündigungsrechtsstreit – 11 Ca 194/10 – schlossen die Parteien den (nicht widerrufenen) Vergleich vom 30.03.2010 (Bl. 15 ff. d. A. = Sitzungsniederschrift vom 30.03.2010 – 11 Ca 194/10). Wegen aller Einzelheiten des Vergleichs wird auf die zitierte Sitzungsniederschrift verwiesen. Dort heißt es u.a.:

„Vergleich:

Die Parteien sind sich darüber einig, dass ihr Arbeitsverhältnis ….mit Ablauf des 31.05.2010 sein Ende finden wird.

… Die Beklagte verpflichtet sich, das Beschäftigungsverhältnis bis zu diesem Beendigungszeitpunkt ordnungsgemäß abzurechnen, wobei Einigkeit darüber besteht, dass hierzu auch die Gewährung der Tankgutscheine gehört. Sollte für die Monate Februar und März 2010 noch kein Tankgutschein gewährt worden sein, verpflichtet sich die Beklagte, dies unverzüglich nachzuholen.

Die Parteien sind sich darüber einig, dass die Klägerin den noch nicht genommenen Urlaub in der Kündigungsfrist nehmen wird.

Die Beklagte verpflichtet sich, bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Arbeitspapiere, bestehend aus Arbeitsbescheinigung, Lohnsteuerkarte, Sozialversicherungsmeldung, zu erteilen.

Die Klägerin ist berechtigt, einseitig vorzeitig mit einer Ankündigungsfrist von einer Woche das Arbeitsverhältnis zu lösen. In diesem Fall verpflichtet sich die Beklagte, noch nicht genommenen Urlaub abzugelten.

…”

Die der Klägerin am 30.04.2010 erteilte vollstreckbare Ausfertigung des Vergleichs wurde der Beklagten (über den Prozessbevollmächtigten) am 17.06.2010 zugestellt.

Nach näherer Maßgabe der im Schriftsatz vom 08.09.2010 enthaltenen Antragsformulierung, auf die Bezug genommen wird (Bl. 37 f. d. A.), beantragte die Klägerin:

Die Klägerin zu ermächtigen, die nach dem Vergleich vom 30.03.2010 – 11 Ca 194/10 – der Beklagten obliegende

Erstellung einer ordnungsgemäßen Schlussabrechnung für den Monat Mai 2010, basierend auf einem monatlichen Bruttogehalt von 2.300,00 EUR unter Berücksichtigung des aus der Entgeltfortzahlungspflicht heraus fallenden Zeitraums wegen Krankheit vom 01.05. bis 13.05.2010 vornehmen zu lassen. Gleichzeitig gehöre hierzu auch die Gewährung der Tankgutscheine von monatlich 44,00 EUR für die Monate Februar, März, April und Mai 2010. Dies sei durch einen von der Klägerin zu beauftragenden Steuerberater vornehmen zu lassen.

Die Beklagte zu verpflichten, zu diesem Zweck der Klägerin die hierfür notwendigen Unterlagen zu überlassen.

Die Beklagte zu verpflichten, die für die Beauftragung eines Steuerberaters entstehenden voraussichtlichen Kosten an die Gläubigerin ggf. vorauszuzahlen und die sich sodann aus der Abschlussrechnung des Steuerberaters ergebenden Beträge an die Klägerin auszuzahlen.

Außerdem hatte die Klägerin bereits mit dem Schriftsatz vom 01.07.2010 (Bl. 22 f. d.A.) – soweit für das vorliegende Beschwerdeverfahren von Interesse – beantragt;

zur Erzwingung der in Ziffer 6 des Vergleichs vom 30.03.2010 – 11 Ca 194/10 – niedergelegten Verpflichtung (= Erteilung der Arbeitspapiere, bestehend aus Arbeitsbescheinigung, Lohnsteuerkarte und Sozialversicherungsmeldung) Zwangsmittel gegen die Beklagte festzusetzen.

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