Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufhebung. Nachprüfungsverfahren. Prozesskostenhilfe. Prozesskostenhilfeantrag. Ratenhöhe. Ratenzahlungsanordnung. Aufhebung von Prozesskostenhilfe. Ratenzahlungspflicht und Ratenhöhe
Leitsatz (amtlich)
Nach dem Wortlaut von § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO hat sich die Partei, der Prozesskostenhilfe bewilligt wurde, auf Verlangen des Gerichts nur darüber zu erklären, ob eine Änderung der Verhältnisse eingetreten ist. Bei der Festsetzung von Raten im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens müssen daher für die Berechnung der Rate die im Prozesskostenhilfeantrag gemachten Angaben zu solchen Posten herangezogen werden, die sich nach der Erklärung i.S.d. § 120 Abs. 4 ZPO nicht geändert haben. Auf letzteres ist zu schließen, wenn Angaben zu bestimmten finanziellen Belastungen zwar im ursprünglichen Prozesskostenhilfeantrag gemacht wurden, aber in der Erklärung nach § 120 Abs. 4 ZPO nicht enthalten sind und auch sonst keine Hinweise auf eine Änderung vorliegen.
Normenkette
ArbGG § 78; ZPO § 115 Abs. 1 Nr. 3, § 120 Abs. 4, §§ 567, 127
Verfahrensgang
ArbG Koblenz (Beschluss vom 29.12.2009; Aktenzeichen 6 Ca 1544/08) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Beschwerdeführerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Koblenz – Auswärtige Kammern Neuwied – vom 29.12.09 – Az: 6 Ca 1544/08 – in Gestalt des Nichtabhilfebeschlusses vom 02.02.2010 aufgehoben.
2. Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei.
3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I. Die beschwerdeführende Klägerin wendet sich im Beschwerdeverfahren noch gegen die nachträgliche Anordnung der Ratenzahlung hinsichtlich der ursprünglich ohne Ratenzahlungsbestimmung bewilligten Prozesskostenhilfe. Das Arbeitsgericht hat seinen ursprünglichen Beschluss über die Aufhebung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe vom 29.12.2009 im Abhilfeverfahren mit Beschluss vom 02.02.2010 dahingehend abgeändert, dass der Klägerin weiterhin Prozesskostenhilfe bewilligt wird, sie aber ab dem 15.02.2010 monatliche Raten in Höhe von 75,00 EUR zu zahlen hat.
Das Arbeitsgericht hatte der Klägerin mit Beschluss vom 08.10.2008 für die von ihr betriebene Kündigungsschutzklage Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten ohne Zahlungsbestimmung bewilligt.
Im Jahr 2009 forderte der zuständige Rechtspfleger die Klägerin mehrfach auf, mitzuteilen, ob seit der Bewilligung der Prozesskostenhilfe eine Änderung ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse eingetreten sei. Nachdem die Klägerin nicht reagierte, hob der Rechtspfleger mit Beschluss vom 29.12.2009 die Prozesskostenbewilligung auf. Dieser Beschluss wurde dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 04.01.2010 zugestellt.
Die Klägerin hat mit am 08.01.2010 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz eine Erklärung über ihre aktuellen Einkommens- und Vermögensverhältnisse abgegeben sowie entsprechende Unterlagen und Belege beigefügt, auf deren Inhalt hiermit Bezug genommen wird. Diesen Schriftsatz wertete der Rechtspfleger als sofortige Beschwerde und hat dieser mit Beschluss vom 02.02.2010 teilweise abgeholfen, indem er Ratenzahlung in Höhe von 75,00 Euro ab dem 15.02.2010 anordnete.
Das Beschwerdegericht hat der Klägerin Gelegenheit gegeben, zur Nichtabhilfeentscheidung des Rechtspflegers Stellung zu nehmen. Hierauf äußerte sich die Klägerin nicht.
Entscheidungsgründe
II. Die als sofortige Beschwerde auszulegende Erklärung der Beschwerdeführerin über ihre aktuelle Einkommens – und Vermögensverhältnisse ist nach § 78 ArbGG i.V.m. §§ 567 Abs. 1 Nr. 1, 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO statthaft, insbesondere form – und fristgerecht eingelegt und auch sonst zulässig.
Die sofortige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.
Nach ständiger Rechtsprechung des Beschwerdegerichts (vgl. zuletzt LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 12.11.2009 – Az. 1 Ta 251/09) können fehlende Angaben und Nachweise zu den wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnissen im Rahmen des Beschwerdeverfahrens nachgeholt werden, da § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO keine Frist für die Abgabe der gebotenen Parteierklärung vorsieht.
Nach den von der Beschwerdeführerin vorgelegten Unterlagen verfügt diese über ein monatliches Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit von durchschnittlich 1.514,24 Euro. Hiervon sind gem. § 82 Abs. 2 SGB XII Abzüge für Kranken-, Renten-, Unfall – und Lebensversicherungen in Höhe von insgesamt 689,00 Euro vorzunehmen. Des Weiteren sind Freibeträge nach § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 b, Nr. 2 ZPO zu Gunsten der Beschwerdeführerin zu berücksichtigen.
Der Rechtspfleger hat bei seiner Entscheidung jedoch nicht berücksichtigt, dass die Beschwerdeführerin auch Aufwendungen für Miete und Nebenkosten hat. Es ist davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin nach wie vor in der Wohnung wohnt, deren Kosten sie in ihrem Prozesskostenhilfeantrag angegeben hatte, denn ihre Adresse hat sich nicht geändert. Nach den Angaben im Prozesskostenhilfeantrag sind daher 350,00 Euro Miete, 100,00 Euro Heizkosten sowie 38,00 Euro Nebenkosten anzurechne...