Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsänderung. Unterlassungsanspruch, allgemeiner. Versetzung. Unterlassungsanspruch des Betriebsrates, Einstweilige Vefügung

 

Leitsatz (amtlich)

Gegen betriebsverfassungswidig durchgeführte personelle Einzelmaßnahmen bleibt regelmäßig kein Raum für den Erlass einer einstweiligen Verfügung, weil die Rechte des Betriebsrats in § 101 BetrVG abschließend geregelt sind.

Ist eine Betriebsänderung bereits vollzogen, scheidet regelmäßig schon aus diesem Grund ein allgemeiner Unterlassungsanspruch des Betriebrates auf Unterlassung der Betriebsänderung aus.

 

Normenkette

BetrVG §§ 101, 111 ff; BetrVerfG § 99 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Koblenz (Beschluss vom 14.12.2010; Aktenzeichen 4 BVGa 17/10)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Betriebsrates gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Koblenz vom 14.12.2010, Az.: 4 BVGa 17/10 wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I. Die Beteiligten streiten in einem arbeitsgerichtlichen Eilverfahren um die Untersagung einer Versetzung und Beschäftigung von zuletzt noch 15 Arbeitnehmern.

Die Beteiligte zu 2) (im Folgenden: Arbeitgeberin) unterhielt bis zum 31.12.2010 einen Betrieb in C-Stadt mit ca. 170 Mitarbeitern. Einen weiteren Betrieb unterhält sie im 170 km entfernten A-Stadt mit etwa 267 Mitarbeitern. Der Beteiligte zu 1) (im Folgenden: Betriebsrat) ist der örtliche Betriebsrat der Betriebsstätte C-Stadt.

Die Arbeitgeberin hat zum 31.12.2010 ihre Betriebsstätte in C-Stadt mit Auslaufen des dortigen Mietverhältnisses aufgelöst. Dem voraus ging eine Auseinandersetzung zwischen Betriebsrat und Arbeitgeberin über die Verlegung der Arbeitsplätze der betroffenen Arbeitnehmer. Die Arbeitgeberin hat mit einigen Arbeitnehmern Änderungsverträge geschlossen; gegenüber den übrigen Arbeitnehmern hat sie Änderungskündigungen ausgesprochen. Ein Interessenausgleich war zuvor gescheitert; eine durch Gesamtbetriebsrat und Arbeitgeberin eingerichtete Einigungsstelle hatte gegen die Stimmen der Arbeitnehmervertretung am 16.09.2010 einen Sozialplan beschlossen. Der Spruch der Einigungsstelle ist Gegenstand eines Anfechtungsverfahrens.

Mit E-Mail vom 06.12.2010 hat die Arbeitgeberin den Betriebsrat darüber informiert, dass sie diejenigen Arbeitnehmer, welche der Änderungskündigung widersprochen hätten, mittels Ausübung ihres Direktionsrechts am 13.12.2010 an die Betriebsstätte A-Stadt versetzen würde. Der Betriebsrat hat der Versetzung und der Erklärung der Dringlichkeit durch die Arbeitgeberin am 09.12.2010 widersprochen.

Die von der Versetzung betroffenen Arbeitnehmer Z und Y sind Mitglieder des Betriebsrates in C-Stadt. Die Arbeitgeberin hat vor der Versetzung keinen Antrag nach § 103 Abs. 3 BetrVG gestellt.

Der Betriebsrat hat vorgetragen, er mache einen sich aus der Verletzung der §§ 99 bzw. 111 ff. BetrVG ergebenden Anspruch auf Unterlassung der Versetzungen geltend. Die Interessenausgleichsverhandlungen seien zu einer Betriebsverlagerung geführt worden, faktisch werde der Betrieb in C-Stadt jedoch stillgelegt. Die Versetzungen seien auch aus Gründen des Gesundheitsschutzes unzulässig. Eine Begehung der neuen Räumlichkeiten in A-Stadt habe ergeben, dass diese Räume asbest- und nitrosamitbelastet, die Treppenhäuser und – aufgänge unbeleuchtet und marode seien. Der Unterlassungsanspruch ergebe sich daher auch aus § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG. Die Versetzung der betroffenen Betriebsratsmitglieder verstoße gegen § 103 Abs. 2 BetrVG.

Der Betriebsrat hat am 10.12.2010 Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung beim Arbeitsgericht Koblenz gestellt und beantragt,

der Arbeitgeberin zu untersagen, die Arbeitnehmer

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an den Arbeitsort A-Stadt zu versetzenund dort zu beschäftigen.

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des unstreitigen Sachverhalts sowie wegen des erstinstanzlichen Vorbringens der Beteiligten wird auf die Zusammenfassung im Beschluss des Arbeitsgerichts Koblenz vom 14.12.2010 (dort Seite 2 bis 7 = Bl. 117 bis 122 d. A.) Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht Koblenz hat den Antrag ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss vom 14.12.2010 teilweise zurückgewiesen und der Arbeitgeberin lediglich die Versetzung von vier namentlich bezeichneten Betriebsratsmitgliedern untersagt. Seine Entscheidung hat das Arbeitsgericht damit begründet, ein Unterlassungsanspruch des Betriebsrats komme weder nach § 99, noch nach § 87 Abs.1 noch über §§ 111 ff. BetrVG in Betracht. Die beabsichtigte Versetzung der Betriebsratsmitglieder ohne Zustimmung des Betriebsrats verletze allerdings § 103 Abs. 3 BetrVG.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Gründe wird auf S. 7 – 11 (= Bl. 122 – 126 d. A.) der Begründung des Beschlusses verwiesen.

Der Betriebsrat hat mit Schriftsatz vom 27.12.2010 gegen den ihm am 17.12.2010 zugestellten Beschluss sofortige Beschwerde eingelegt und diese gleichzeitig begründet.

Gegen den Beschluss hat die Arbeitgeberin Widerspruch eingelegt. Auf den Widerspruch hin hat das Arb...

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