Entscheidungsstichwort (Thema)
Höhe der Verfahrensgebühr für Zurückweisung der Berufung bei fehlendem Eingang einer Berufungsbegründung
Leitsatz (amtlich)
Wird der Antrag auf Zurückweisung der Berufung gestellt, obwohl keine Berufungsbegründung erfolgt, ist nur eine 1,1-Verfahrensgebühr nach Nr. 3201 VV RVG erstattungsfähig.
Normenkette
RVG-VV Nrn. 3200-3201; ZPO §§ 104, 516 Abs. 3, § 91 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Ludwigshafen (Entscheidung vom 09.05.2014; Aktenzeichen 2 Ca 1267/13) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 9. Mai 2014, Az. 2 Ca 1267/13, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die nach dem Beschluss des Landesarbeitsgericht vom 27. Dezember 2013, Az. 5 Sa 562/13, vom Kläger an die Beklagte zu erstatteten Kosten werden auf € 353,30 nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.02.2014 festgesetzt. Der weitergehende Kostenfestsetzungsantrag der Beklagten wird zurückgewiesen.
Die weitergehende Beschwerde des Klägers wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger 70 % und die Beklagte 30 % zu tragen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Beschwerde betrifft die Festsetzung einer Verfahrensgebühr nach dem RVG für das Berufungsverfahren.
Die Parteien haben vor dem Arbeitsgericht Ludwigshafen einen Rechtsstreit über die Zahlung von insgesamt € 4.585,53 geführt. Die Beklagte war bereits von ihren jetzigen Prozessbevollmächtigten vertreten. Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 29.10.2013 (Az. 2 Ca 1267/13) abgewiesen. Das am 23.11.2013 zugestellte Urteil enthielt eine Rechtsmittelbelehrung dahingehend, dass eine Berufung mit einer Berufungsschrift beim Landesarbeitsgericht einzulegen sei, die entweder von einem Rechtsanwalt oder einem Verbandsvertreter unterzeichnet sein muss.
Mit Schreiben vom 25.11.2013 legte der Kläger persönlich gegen das klageabweisende Urteil beim Arbeitsgericht Berufung ein. Diese wurde der Beklagten zu Händen ihrer Prozessbevollmächtigten am 30.12.2013 zugestellt, nachdem die Prozessakten am 23.12.2013 beim Landesarbeitsgericht eingegangen sind.
Mit Beschluss vom 27.12.2013 (Az. 5 Sa 562/13) hat das Landesarbeitsgericht ohne mündliche Verhandlung die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen auf seine Kosten als unzulässig verworfen.
Die Prozessbevollmächtigten zeigten mit Schreiben vom 31.12.2013 die Vertretung der Beklagten an und beantragten die Zurückweisung der Berufung. Mit Schriftsatz vom 06.02.2014 beantragten sie, dem Kläger für die Berufungsinstanz gem. § 104 ZPO erstattungsfähige Kosten in Höhe einer 1,6-Verfahrensgebühr nach Nr. 3200 des Vergütungsverzeichnisses (VV) zum RVG sowie eine Auslagenpauschale gem. Nr. 7002 dieses Verzeichnisses iHv. insgesamt € 504,80 verzinslich festzusetzen. Das Arbeitsgericht hat die veranschlagten Gebühren mit Beschluss vom 09.05.2014 festgesetzt. Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Klägers, die am 19.05.2014 beim Arbeitsgericht eingegangen ist. Das Arbeitsgericht hat ihr mit Beschluss vom 27.06.2014 nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht vorgelegt.
Ergänzend wird auf das weitere schriftsätzliche Vorbringen der Parteien Bezug genommen.
II.
Die gem. §§ 78 Satz 1 ArbGG, 11 Abs. 1 RPflG, 104 Abs. 3 Satz 1, 567 ff. ZPO zulässige sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 09.05.2014 hat in der Sache teilweise Erfolg. Die Beklagte hat Anspruch auf Erstattung der geltend gemachten Kosten ihres Prozessbevollmächtigten iHv. € 353,30. Der weitergehende Kostenfestsetzungsantrag ist unbegründet.
Die Rechtspflegerin des Arbeitsgerichts hat im Rahmen der Kostenfestsetzung auf Beklagtenseite zu Unrecht eine 1,6-Verfahrensgebühr nach VV RVG Nr. 3200 in Ansatz gebracht. Die Beklagte kann vom Kläger lediglich die Erstattung einer 1,1-Gebühr nach VV RVG Nr. 3201 nebst einer Auslagenpauschale gemäß Nr. 7002 VV RVG in einer Gesamthöhe von € 353,30 verlangen.
1. Die mit einem Rechtsmittel überzogene Partei darf bereits vor dessen Begründung einen Rechtsanwalt beauftragen und die entstandenen Kosten im Falle ihres Obsiegens nach § 91 Abs. 1 ZPO vom Gegner erstattet verlangen. Allerdings ist ein die 1,6-fache Verfahrensgebühr auslösender Antrag auf Zurückweisung des Rechtsmittels grundsätzlich nicht notwendig, sofern der Rechtsmittelführer - wie hier - noch keinen Antrag und keine Rechtsmittelbegründung eingereicht hat. Denn im Normalfall besteht kein Anlass für den Rechtsmittelgegner, mit der Verteidigungsanzeige seines Prozessbevollmächtigten zugleich den Sachantrag auf Zurückweisung des Rechtsmittels anzukündigen. Der Rechtsmittelgegner kann sich erst nach Vorliegen der Rechtsmittelbegründung mit Inhalt und Umfang des Angriffs auf die Entscheidung der Vorinstanz sachlich auseinandersetzen und durch einen entsprechenden Gegenantrag sowie dessen Begründung das Verfahren fördern. ...