Entscheidungsstichwort (Thema)

Überprüfung. Zustellung. Prozesskostenhilfe

 

Leitsatz (redaktionell)

§ 172 Abs. 1 ZPO gilt auch im Prozesskostenhilfeverfahren. An den Bevollmächtigten im Prozesskostenhilfeverfahren ist zuzustellen, wenn für dieses Verfahren ein Prozessbevollmächtigter bestellt ist. Die nachträgliche Überprüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe nach § 120 Abs. 4 ZPO steht der „Wiederaufnahme” in § 81 ZPO gleich. Dies bedeutet, wenn sich der beigeordnete Prozessbevollmächtigte bereits als Prozessbevollmächtigter im Prozesskostenhilfeverfahren bestellt hatte, ist die Entscheidung über die Aufhebung der Bewilligung auch an diesen zuzustellen.

 

Normenkette

ZPO § 127 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Ludwigshafen (Entscheidung vom 18.09.2006)

ArbG Ludwigshafen (Beschluss vom 18.07.2006; Aktenzeichen 3 Ca 1216/04)

 

Tenor

Die Sache wird unter Aufhebung der Nichtabhilfeentscheidung des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 18.09.2006 an das Arbeitsgericht zur erneuten Entscheidung über die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 18.07.2006 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Im Ausgangsverfahren wurde dem Kläger Prozesskostenhilfe bewilligt, zuletzt mit Wirkung ab 01.10.2004 ohne Ratenzahlung. Im vorangegangenen Hauptsacheverfahren war der Kläger dabei durch Herrn Rechtsanwalt R. vertreten. Dieser wurde auch beigeordnet. Mit Anfrage vom 06.03.2006 wurde der Kläger gebeten, möglichst umgehend die Einkommens- und Vermögensverhältnisse unter Verwendung des mit gesendeten Formblattes darzulegen und geeignete Nachweise beizufügen. Unter dem 06.04.2006 erfolgte eine weitere Fristsetzung bis 21.04.2006. Der Kläger bat telefonisch am 19.04.2006 um Übersendung eines Formulars, welches ihm am 19.04.2006 übersandt wurde. Eine letzte Frist zur Erklärung wurde mit Schreiben vom 04.05.2006 bis 19.05.2006 gesetzt. Der Kläger reichte eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse innerhalb dieser Frist zu den Gerichtsakten. Das Arbeitsgericht verfügte unter dem 18.05.2006 die Vorlage verschiedener ins einzelne bezeichnete Belege. Der Kläger erhielt, nachdem die Nachweise nicht abgegeben worden sind, eine letzte Frist bis 12.07.2006 und nachdem wiederum keine Eingabe erfolgte, wurde durch den angefochtenen Beschluss die Entscheidung über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe vom 07.02.2005 aufgehoben.

In dem Beschluss sind zwar die Prozessbevollmächtigten des Klägers bezeichnet, gleichwohl erfolgte eine Zustellung an den Kläger persönlich. Unter dem 21.07.2006 wurde die Sendung im Wege der Ersatzzustellung an den Kläger persönlich zugestellt. Die Prozessbevollmächtigten des Klägers erhielten nach Verfügung des Gerichts vom 24.08.2006 eine Beschlussabschrift zugesandt. Sie wandten sich an den Kläger und gab ihm den Rat, gegen die Entscheidung Beschwerde einzulegen.

Mit Fax, eingegangen am 04.09.2006 hat der Kläger gegen die Entscheidung Beschwerde eingelegt und erklärt, seine Einkommensverhältnisse hätten sich nicht verbessert. Auch habe er den Beschluss am Freitag, den 01.09.2006 von seinem Anwalt erst erhalten. Die wirtschaftlichen Verhältnisse hätte er angegeben. Der Beschwerdeschrift beigefügt war ein Bescheid des LAM vom 31.07.2006 über Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes sowie ein Kontoauszug der Ehefrau des Klägers über ein so genanntes Einstiegsgeld.

Das Arbeitsgericht hat durch den Nichtabhilfebeschluss vom 18.09.2006 die Sache dem Landesarbeitsgericht mit der Begründung vorgelegt, die Beschwerde sei nicht fristgerecht eingelegt worden. Auch seien die vorgelegten Unterlagen nicht vollständig, so dass die Verhältnisse einer Prüfung nicht zugänglich seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den gesamten Akteninhalt verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die sofortige Beschwerde des Klägers kann nicht mit der Begründung als unzulässig verworfen werden, sie sei verfristet eingelegt worden.

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts in der Entscheidung vom 19.07.2006 – 3 AZB 18/06 – gilt § 172 Abs. 1 ZPO auch im Prozesskostenhilfeverfahren. An den Bevollmächtigten im Prozesskostenhilfeverfahren ist zuzustellen, wenn für dieses Verfahren ein Prozessbevollmächtigter bestellt ist. Die nachträgliche Überprüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe nach § 120 Abs. 4 ZPO steht der „Wiederaufnahme” in § 81 ZPO gleich. Dies bedeutet, da sich der beigeordnete Prozessbevollmächtigte bereits als Prozessbevollmächtigter im Prozesskostenhilfeverfahren bestellt hatte, die Entscheidung über die Aufhebung der Bewilligung auch an diesen hätte zugestellt werden müssen (vgl. BAG, a.a.O.).

Der Zustellungsmangel kann nun zwar nach § 189 ZPO geheilt werden und als Datum der Zustellung der tatsächliche Zugang an den Prozessbevollmächtigten festgestellt werden. Dieser lag aber, da vor dem 2...

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