Entscheidungsstichwort (Thema)

Erwerbstätigenfreibetrag. Prozesskostenhilfe. Berücksichtigung des Erwerbstätigenfreibetrages bei Freistellung unter Vergütungsfortzahlung

 

Leitsatz (amtlich)

Im Falle der Freistellung des Arbeitnehmers unter Fortzahlung der Vergütung ist ungeachtet der Nichterbringung von Arbeitsleistung der Erwerbstätitigenfreibetrag nach § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 b) ZPO zugunsten der antragstellenden Partei jedenfalls dann zu berücksichtigen, wenn die Freistellung die Dauer der anzuwendenden Frist für eine ordentliche Kündigung nicht überschreitet.

 

Normenkette

ZPO § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 b

 

Verfahrensgang

ArbG Trier (Beschluss vom 30.05.2008; Aktenzeichen 2 Ca 570/08)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Trier vom 30.05.2008, Az.: 2 Ca 570/08 dahingehend abgeändert, dass die Klägerin aus ihrem Einkommen monatliche Teilbeträge in Höhe von 60,– EUR zu leisten hat.

2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

I. Mit ihrer am 22.04.2008 beim Arbeitsgericht Trier im Ausgangsverfahren eingegangenen Klage wendete sich die Klägerin gegen die fristlose Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses durch die Beklagte gemäß Schreiben vom 01.04.2008, zugegangen am 04.04.2008. Zugleich beantragte sie ihr unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten Prozesskostenhilfe zu bewilligen.

In der arbeitsgerichtlichen Güteverhandlung vom 13.05.2008 schlossen die Parteien einen Vergleich, dem zufolge das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der tarifvertraglichen Kündigungsfrist zum 30.06.2008 sein Ende fand. Ziffer 2 des Vergleiches sieht vor, dass die Klägerin bis zum 30.06.2008 von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung unter Fortzahlung der Vergütung und unter Anrechnung von Urlaubs- und Überstundenansprüchen freigestellt wird. Mit Beschluss vom 30.05.2008 hat das Arbeitsgericht der Klägerin unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten Prozesskostenhilfe mit der Maßgabe bewilligt, dass die Klägerin aus ihrem Einkommen monatliche Teilbeträge von 135,– EUR zu leisten habe. Bei Berechnung des im Rahmen des § 115 Abs. 2 ZPO zu berücksichtigenden Einkommens ließ das Arbeitsgericht hierbei den Freibetrag für Erwerbstätige nach § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 b) ZPO unberücksichtigt.

Mit ihrer am 16.06.2008 beim Arbeitsgericht eingegangenen sofortigen Beschwerde erstrebt die Klägerin eine Herabsetzung der monatlichen Raten auf 60,– EUR. Sie ist der Auffassung, der Freibetrag nach § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 b) ZPO sei in Ansatz zu bringen, wenn Einkünfte aus Erwerbstätigkeit erzielt würden. Hieran ändere auch die im Vergleich vorgesehene Freistellung nichts. Auch sei sie nicht unwiderruflich von der Arbeitsleistung freigestellt worden, so dass der Beklagte jederzeit bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Arbeitsleistung habe einfordern können. Unter Berücksichtigung des demnach in Ansatz zu bringenden Freibetrages ergebe sich lediglich eine monatliche Ratenbelastung in Höhe von 60,– EUR.

Mit Beschluss vom 20.06.2008 hat das Arbeitsgericht der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht darauf abgestellt, im Hinblick auf die im Vergleich vorgesehene Freistellung der Klägerin sei ein Abzug eines Freibetrags für Erwerbstätige nicht gerechtfertigt.

Die im Beschwerdeverfahren vor dem Landesarbeitsgericht beteiligte Bezirksrevisorin hat für die Landeskasse angeregt, die Beschwerde deshalb zurückzuweisen, da die Klägerin durch den Vergleich vom 13.05.2008 von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt wurde.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den weiteren Akteninhalt Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

II. Die sofortige Beschwerde ist zulässig. Sie ist gem. § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO an sich statthaft und wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt.

Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts ist im Rahmen der Errechnung des nach § 115 Abs. 2 ZPO zu berücksichtigen Einkommens der Erwerbestätigenfreibetrag nach § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 b) ZPO in Ansatz zu bringen. Es errechnet sich damit ein nach § 115 Abs. 2 ZPO berücksichtigungsfähiges Einkommen der Klägerin in Höhe von 194,– EUR, so dass die Festsetzung von monatlichen Teilzahlungen in Höhe von lediglich 60,– EUR zu erfolgen hat.

Gemäß § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 b) ZPO ist der dort genannte Freibetrag vom Einkommen für Parteien abzusetzen, die ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielen. Erwerbseinkommen ist aber insbesondere auch ein Einkommen aus Arbeitsentgelt. Ein derartiges Einkommen hat die Klägerin ungeachtet ihrer Freistellung erzielt. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des Vergleiches, dem zufolge die Klägerin gerade unter Fortzahlung der Vergütung von der Arbeitsleistung freigestellt wurde. Bei dem demnach von der Klägerin während der Freistellung erzielten Einkommen handelt es sich damit um die arbeitsvertraglich vereinbarte Vergütung und nicht etwa wie im...

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