Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwertfestsetzung
Leitsatz (amtlich)
Die Streitwertfestsetzung im erstinstanzlichen Urteil (vgl. § 61 Abs. 1 ArbGG) ist unanfechtbar. Dies gilt nicht nur in vermögensrechtlichen, sondern auch in nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten, obwohl in letzteren Fällen das erstinstanzliche Urteil gem. § 64 Abs. 1 ArbGG uneingeschränkt berufungsfähig ist.
Verfahrensgang
ArbG Koblenz (Urteil vom 26.06.1990; Aktenzeichen 6 Ca 465/90 N) |
Tenor
1. Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den im Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz, Auswärtige Kammern Neuwied, vom 26.06.1990 – 6 Ca 465/90 N – festgesetzten Wert des Streitgegenstandes wird als unzulässig verworfen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 961,30 DM festgesetzt.
Tatbestand
I. Die Klägerin ist bei der Beklagten zu 2) seit dem 11.12.1989 zu einem Stundenlohn von 9,05 DM brutto beschäftigt. Im Februar 1990 fand zwischen dem Geschäftsführer der Beklagten und dem Ehemann der Klägerin ein Gespräch statt, in dem es um den Inhalt des Arbeitsverhältnisses gegangen ist. In diesem Zusammenhang soll der Geschäftsführer der Beklagten über die Klägerin Äußerungen getan haben, deren Widerruf sie verlangt.
Die Klägerin hat beantragt:
„Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, folgende Behauptung der Klägerin gegenüber zu widerrufen:
Die Klägerin habe einen schlechten Charakter.
Sie würde sich grundlos krankschreiben lassen, um die Beklagten finanziell zu schädigen.
Die Klägerin hätte bei ihrer Einstellung im Fragebogen bewußt falsche Angaben gemacht.
Das Arbeitsgericht hat nach Vernehmung von Zeugen am 26.06.1990 folgendes Urteil verkündet:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, folgende Behauptung der Klägerin gegenüber zu widerrufen:
Die Klägerin habe bei ihrer Einstellung im Fragebogen bewußt falsche Angaben gemacht.
- Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
- Die Beklagten tragen als Gesamtschuldner 1/3 und die Klägerin trägt 2/3 der Kosten des Rechtsstreits.
- Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 600,– DM festgesetzt.
Gegen den im Urteil festgesetzten Streitwert hat der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin unter Hinweis auf den Regelstreitwert von § 8 Abs. 2 BRAGO
Beschwerde
eingelegt und beantragt,
den Kostenstreitwert auf 6.000,– DM festzusetzen.
Der Richter hat abgelehnt, den im Urteil festgesetzten Streitwert abzuändern und die Beschwerde dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde ist unzulässig, da die Streitwertfestsetzung im arbeitsgerichtlichen Urteil schlechthin unanfechtbar ist (Grunsky, ArbGG, 5. Aufl., § 61 Rdnr. 6; Tschischgale-Satzky, Das Kostenrecht in Arbeitssachen, 3. Aufl., S. 52; LAG Rheinland-Pfalz, ständige Rechtsprechung, zuletzt Beschluß vom 19.06.1990 – 9 Ta 134/90 –; BAG, AP Nr. 6 zu § 64 ArbGG 1979).
Nach mittlerweile weitgehend von Rechtsprechung und Literatur übernommener Ansicht, die insbesondere die Beschwerdekammer des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz ständig vertreten hat, ist die Höhe des Streitwertes, der als Rechtsmittelstreitwert für die Ermittlung der Beschwer maßgeblich ist, grundsätzlich für die weiteren Instanzen bindend. Sie ist daher weder selbständig durch die Beschwerde nach § 25 Abs. 2 GKG noch zusammen mit dem Urteil anfechtbar. In seiner Funktion als Rechtsmittelstreitwert soll er den Parteien unzweifelhafte Klarheit bieten, ob das Urteil rechtsmittelfähig ist oder nicht. Daher verbietet sich eine selbständige Anfechtbarkeit. Ansonsten wäre der Lauf der Rechtsmittelfristen nicht hinnehmbaren Unwägbarkeiten ausgesetzt (vgl. auch BAG, a.a.O.).
Die von dieser Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze gelten auch dann, wenn es sich bei dem zugrundeliegenden Rechtsstreit um eine nichtvermögensrechtliche Streitigkeit handelt. Zwar ist bei solchen Streitigkeiten ein Urteil gem. § 64 Abs. 1 ArbGG unabhängig von dem Wert des Beschwerdegegenstandes berufungsfähig. Der trotzdem nach § 61 Abs. 1 ArbGG im Urteil festzusetzende Wert des Streitgegenstandes dient also hier nicht der Ermittlung der Berufungsfähigkeit des Urteils, so daß die Festsetzung des Gegenstandswertes bedeutungslos ist. Trotzdem kann wegen dieser partiellen Funktionslosigkeit der Streitwertfestsetzung im Urteil einer nichtvermögensrechtlichen Streitigkeit nicht die Bedeutung gesehen werden, daß ihr nunmehr die Funktion eines Gebührenstreitwertes zukommt. Nach § 61 Abs. 1 ArbGG hat die Streitwertfestsetzung grundsätzlich in jedem Urteil zu erfolgen. Eine Aufspaltung zwischen vermögensrechtlichen und nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten nimmt das Gesetz insoweit nicht vor. Es hat daher auch bei nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten bei dem allgemeinen Grundsatz zu verbleiben, daß bei ihnen gleichermaßen wie bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten die Streitwertfestsetzung im Urteil nicht selbständig anfechtbar ist. Ansonsten sähe das Gesetz hier einen Rechtsbehelf vor, den es bei vermögensrecht...