Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückwirkung. Prozesskostenhilfe. Einsatz einer Abfindung
Leitsatz (redaktionell)
Prozesskostenhilfe kann rückwirkend auf die Antragstellung bewilligt werden, wenn die Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Antragstellung – sog. Bewilligungsreife – gegeben war.
Auch beim Einsatz von Abfindungen ist es möglich, dass ein gewisser Schonbetrag verbleibt.
Normenkette
ZPO §§ 114-115, 120
Verfahrensgang
ArbG Kaiserslautern (Beschluss vom 09.10.2009; Aktenzeichen 2 Ca 824/09) |
Tenor
I. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 09.10.2009 – 2 Ca 824/09 – abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Unter Zurückweisung des Antrages auf ratenfreie PKH-Bewilligung im übrigen wird der Klägerin unter Beiordnung der Rechtsanwältin J. H., D-Straße, D-Stadt zu den Bedingungen eines im Bezirk des Arbeitsgerichts Kaiserslautern niedergelassenen Rechtsanwalts rückwirkend für das erstinstanzliche Verfahren – 2 Ca 824/09 – für folgende Klageanträge die Prozesskostenhilfe bewilligt:
- den Feststellungsantrag zu Ziffer I. aus der Klageschrift vom 19.05.2009 (rückwirkend ab dem 04.06.2009 = Vorlage der PKH-Erklärung),
- den Feststellungsantrag aus dem Schriftsatz vom 30.06.2009 (rückwirkend ab dem 30.06.2009 = Antragsstellung)
- den Leistungsantrag aus dem Schriftsatz vom 06.10.2009 (rückwirkend ab der am 08.10.2009 vor Vergleichsabschluss erfolgten Antragsstellung).
- Die von der Klägerin jeweils am Fünfzehnten eines Monats, erstmals am 15.01.2010, zu zahlenden Monatsraten werden auf 155,00 EUR monatlich festgesetzt.
II. Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.
III. Eine Gerichtsgebühr für das Beschwerdeverfahren ist nicht zu erheben.
IV. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I. Das erstinstanzliche Verfahren – 2 Ca 824/09 – wurde durch die beiden gerichtlichen Vergleiche vom 08.10.2009 beendet (s. S. 2 f. der Sitzungsniederschrift – 2 Ca 824/09) = Bl. 43 f. d.A.: Teil-Vergleich und Vergleich). Mit dem Beschluss vom 09.10.2009 (Bl. 45 f. d.A.) wies das Arbeitsgericht den Antrag der Klägerin auf Prozesskostenhilfe mit der Begründung zurück, dass die Klägerin Raten in Höhe von 225,00 EUR zu zahlen hätte, – es gelte deshalb § 115 Abs. 3 ZPO; darüber hinaus seien auch die Abfindungsbeträge einzusetzen. Soweit ersichtlich (vgl. Bl. 46 d.A.) enthält der Beschluss vom 09.10.2009 – 2 Ca 824/09 – keine Rechtsmittelbelehrung. (Auch) enthält die Akte keinen Zustellungsnachweis hinsichtlich der Zustellung des Beschlusses vom 09.10.2009 – 2 Ca 824/09 –. Nach dem Vorbringen der Klägerin (Bl. 20 des PKH-Beiheftes) erfolgte die Zustellung des Beschlusses vom 09.10.2009 am 13.10.2009.
Mit dem Schriftsatz vom 13.11.2009, der vom Arbeitsgericht auf Bl. 54 d.A. nicht mit einem Eingangsstempel versehen worden ist, – dort aber per Telefax (wohl) am 13.11.2009 eingegangen ist, legt die Klägerin gegen die, die Prozesskostenhilfe ablehnende Entscheidung des Arbeitsgerichts sofortige Beschwerde ein und beantragt,
der Klägerin für die 1. Instanz rückwirkend auf den Zeitpunkt der Antragstellung Prozesskostenhilfe zu gewähren
und
die Rechtsanwältin J. H. als Rechtsanwältin beizuordnen.
Wegen der Begründung der sofortigen Beschwerde wird auf die Seite 2 der Beschwerdeschrift vom 13.11.2009 (= Bl. 55 d.A.) verwiesen.
Mit dem Beschluss vom 20.11.2009 – 2 Ca 824/09 – (s. dazu Bl. 64 d.A. – unten rechts –; Leseschrift dazu in Bl. 71 f. d.A.) hat das Arbeitsgericht mit der daraus ersichtlichen Begründung der Beschwerde nicht abgeholfen und diese dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Im weiteren Beschwerdeverfahren äußert sich die Klägerin mit den Schriftsätzen vom 17.12.2009 (Bl. 20 des PKH-Beiheftes nebst Anlage) und vom 30.12.2009 (Bl. 24 d. PKH-Beiheftes), worauf verwiesen wird.
Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den weiteren Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II. 1. Nach dem Akteninhalt ist davon auszugehen, dass das Rechtsmittel als sofortige Beschwerde an sich statthaft ist sowie form- und fristgerecht eingelegt wurde. Die hiernach zulässige Beschwerde ist teilweise begründet. Unbegründet sind Beschwerde und Prozesskostenhilfe-Antrag insoweit, als die Klägerin am Ende der Beschwerdeschrift die Gewährung der Prozesskostenhilfe ausdrücklich ohne Ratenzahlung beantragt hat.
2. Bezogen auf den Zeitpunkt der jeweiligen Antragstellung bzw. Entscheidungsreife ist die vom Gesetz in § 114 S. 1 ZPO verlangte hinreichende Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung zu bejahen. Unter den vorliegend gegebenen Umständen ist ausnahmsweise rückwirkend die Prozesskostenhilfe zu bewilligen.
Die wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin stellen sich so dar, dass die Klägerin in der Lage ist, die Kosten der Prozessführung in Raten aufzubringen. Ein Fall des § 115 Abs. 4 ZPO liegt allerdings nicht vor. Nach dieser Bestimmung wird Prozesskostenhilfe nicht bewilligt, wenn die Kosten der Prozessführung der Partei vier Monatsraten und die au...