Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe, Kapitallebensversicherung. Prozesskostenhilfebewilligung
Leitsatz (amtlich)
1. Grundsätzlich ist eine Kapitallebensversicherung für die Prozesskosten zu verwerten, soweit ihr durch Kündigung, Verkauf oder Beleihung erzielbarer Wert das Schonvermögen der Partei überschreitet.
2. Der Verweis auf eine unwirtschaftliche Verwertung des Vermögens ist in der Regel aber nur dann gerechtfertigt, wenn nach der Verwertung noch ein das Schonvermögen deutlich übersteigendes Vermögen verbleibt.
Normenkette
SGB XII § 90 Abs. 3; ZPO § 115 Abs. 3
Verfahrensgang
ArbG Trier (Beschluss vom 13.09.2011; Aktenzeichen 2 Ca 969/11) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der C. gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Trier vom 13.09.2011, AZ: 2 Ca 969/11, wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I. Streitgegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die Frage der Zumutbarkeit des Einsatzes einer Kapitallebensversicherung im Rahmen der Prozesskostenhilfe.
Die 1963 geborene, ledige Klägerin hat am 27.07.2011 vor dem Arbeitsgericht Trier Kündigungsschutzklage erhoben und für die Durchführung des Verfahrens Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihrer Prozessbevollmächtigten beantragt. In ihrer Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 31.08.2011 sind als Einnahmen Ansprüche auf Arbeitslosengeld und das Kindergeld für ihre Tochter angegeben. Als sonstiger Vermögenswert verfügt die Klägerin über eine Kapitalbildende Lebensversicherung bei der X. Versicherungsgruppe, Versicherungsnummer T 00000000. Der Wert dieser Versicherung belief sich zum 01.02.2011 auf 8.540,45 EUR, der Rückkaufwert betrug zu diesem Datum 4.194,02 EUR. Auf die Lebensversicherung werden von der Klägerin monatliche Beiträge von 16,97 EUR gezahlt.
Das Arbeitsgericht Trier hat der Klägerin mit Beschluss vom 13.09.2011 Prozesskostenhilfe in vollem Umfang bewilligt mit der Maßgabe, dass die Klägerin vorerst keinen eigenen Beitrag zu den Kosten der Prozessführung zu leisten hat.
Hiergegen hat die C. für die Landeskasse unter Datum vom 19.10.2011 sofortige Beschwerde eingelegt. Sie beantragt, die Bewilligung dahingehend abzuändern, dass der Klägerin eine Einmalzahlung auferlegt wird, die 1.085,84 EUR nicht unterschreiten sollte. Sie ist der Auffassung, dass die Lebensversicherung als einzusetzendes Vermögen der Klägerin zu berücksichtigen sei.
Die Klägerin führt in ihrer Stellungnahme zu der sofortigen Beschwerde aus, dass sie den Einsatz der Lebensversicherung in ihrer Situation als besondere Härte ansehe. Sie sei nie verheiratet gewesen und habe ihre im Jahr 1990 geborene Tochter als Alleinerziehende groß gezogen. Vor ihrer Tätigkeit bei der Beklagten ab 24.11.2008 habe sie als freie Journalistin gearbeitet. In eine freiwillige Rentenversicherung habe sie in all den Jahren nichts einzahlen können, da sie zu wenig verdient habe. Die Lebensversicherung stelle für sie ihre einzige finanzielle Versicherung für die Zukunft dar. Dies werde die Lebensversicherung in Anbetracht auf ihr Alter und die Situation auf dem europäischen Arbeitsmarkt womöglich auch bleiben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt und insbesondere auf die von der Klägerin und der C. eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.
1. Die sofortige Beschwerde der C. am Landesarbeitsgericht als Vertreterin der Staatskasse ist nach § 127 Abs. 3 ZPO zulässig.
a) Die Beschwerde kann nach § 127 Abs. 3 S. 2 ZPO nur darauf gestützt werden, dass die Partei nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten hat. Genau dies möchte die C. hier erreichen, indem sie beantragt, die Klägerin zur Zahlung eines Einmalbetrags zu verpflichten.
b) Die sofortige Beschwerde ist auch fristgerecht eingereicht worden. Nach § 127 Abs. 3 S. 3 ZPO beträgt die Notfrist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde 1 Monat und beginnt mit der Bekanntgabe des Beschlusses. Da der Bewilligungsbeschluss des Gerichts der Staatskasse gemäß § 127 Abs. 3 S. 6 ZPO nicht von Amts wegen mitgeteilt wird, erfolgt die Bekanntgabe dadurch, dass das Gericht der C. als Vertreterin der Staatskasse die Akte nach Anforderung zusendet (Zöller-Geimer, ZPO-Kommentar, 29. Aufl., § 127 Rn. 16; RegE zur Zivilprozessreform; BTDrucks 14/4722 S. 76). Hier hat die C. die Akte einschließlich Prozesskostenhilfe-Beiheft mit Schreiben vom 12.10.2011 beim Arbeitsgericht angefordert. Sie hat mit Schreiben vom 19.10.2011 fristgerecht sofortige Beschwerde eingelegt.
2. Die Beschwerde ist unbegründet. Der Einsatz der Lebensversicherung ist unter Zugrundelegung der Umstände des konkreten Einzelfalles unzumutbar und stellt für die Klägerin eine Härte im Sinne von § 115 Abs. 3 ZPO i.V.m. § 90 Abs. 3 SGB XII dar.
a) Gemäß § 114 ZPO erhält eine Partei, sofern die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint...