Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitsplatz. Kündigung. Kündigung, betriebsbedingte. Wegfall. Betriebsbedingte Kündigung und Wegfall des Arbeitsplatzes. Alleinentscheidung. Verfahrensfehler. Zurückverweisungsverbot

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine ordentliche Kündigung aus betrieblichen Gründen ist sozial gerechtfertigt, wenn zum Zeitpunkt ihres Zugangs dringende betriebliche Gründe vorliegen, die aufgrund außerbetrieblicher Umstände oder infolge innerbetrieblicher Maßnahmen zu einem Rückgang des Arbeitsanfalls bis hin zum Wegfall des Bedürfnisses für die Beschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer in dem Bereich führen, in dem der betroffene Arbeitnehmer beschäftigt ist.

2. Hat der Vorsitzende das erstinstanzliche Urteil allein, also ohne Hinzuziehung von ehrenamtlichen Richtern gefällt, obwohl die rechtlichen Voraussetzungen nach § 55 ArbGG für eine Alleinentscheidung nicht gegeben sind, so ist dieser erstinstanzliche Verfahrensfehler aber für das arbeitsgerichtliche Berufungsverfahren ohne Belang, denn gemäß § 68 ArbGG ist die Zurückverweisung wegen eines Mangels im Verfahren des Arbeitsgerichtes unzulässig. Dieses Zurückverweisungsverbot gilt auch bei solch schweren Verfahrensfehlern.

 

Normenkette

KSchG §§ 1, 1 Abs. 2; ArbGG §§ 55, 68

 

Verfahrensgang

ArbG Mainz (Urteil vom 23.04.2008; Aktenzeichen 7 Ca 112/08)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz – Auswärtige Kammern Bad Kreuznach – vom 23.04.2008, Az. 7 Ca 112/08 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Rechtswirksamkeit einer ordentlichen Kündigung.

Die am 16.08.1962 geborene, verheiratete Klägerin war seit dem 03.02.1987 bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten und anschließend bei der Beklagten selbst, die mit in der Regel mehr als zehn Arbeitnehmern Sitz- und Polstermöbel herstellt, als gewerbliche Mitarbeiterin im betrieblichen Bereich der Näherei gegen Zahlung eines monatlichen Arbeitsentgeltes in Höhe von zuletzt durchschnittlich 1.700,00 EUR brutto beschäftigt. Neben der Klägerin sind im betrieblichen Bereich der Näherei folgende Arbeitnehmerinnen beschäftigt: Frau Z (1954 geboren, verheiratet, beschäftigt seit 1987), Frau Y (1960 geboren, alleinerziehende Mutter, beschäftigt seit 1998) und Frau X (am 26.04.1958 geboren, verheiratet, beschäftigt seit 1997).

Mit Schreiben vom 21.01.2008 (vgl. Bl. 10 d. A.), das der Klägerin am 21.01.2008 zuging, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 30.09.2008. Die Klägerin hat hiergegen eine Kündigungsschutzklage erhoben, die am 01.02.2008 beim Arbeitsgericht Mainz – Auswärtige Kammern Bad Kreuznach – eingegangen ist.

Die Klägerin hat vorgetragen,

das Vorliegen von betriebsbedingten Kündigungsgründen werde mit Nichtwissen bestritten. Bei einer Sozialauswahl sei sie, insbesondere aufgrund ihrer langen Beschäftigungszeit, sozial schutzwürdiger als die vergleichbaren Arbeitskolleginnen Z, Y und X.

Die Klägerin hat beantragt,

festzustellen, dass durch die Kündigung der Beklagten vom 21.01.2008 das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht zum 30.09.2008 beendet werden wird.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat ausgeführt,

die streitgegenständliche Kündigung beruhe auf betriebsbedingten Gründen. Sie habe die Betriebskosten reduzieren müssen, um konkurrenzfähig zu bleiben. Deshalb sei ein wesentlicher Teil der Produktion und Näherei nach W ausgelagert worden. 40 Prozent des Umsatzvolumens, welches mit den beiden Großkunden, Firma V und Firma U, erzielt werde und mithin 30 Prozent des gesamten Auftragsvolumens und der in diesen Zusammenhang anfallenden Arbeiten seien aus dem Betrieb ab September 2007 ausgegliedert worden. Ab Ende März 2008 seien darüber hinaus 50 Prozent des Auftragvolumens der Firma V, mithin weitere 15 Prozent des Gesamtvolumens für die Firma verloren gegangen. Durch das Outsourcing sei ein Verlust von 50 Prozent des Gesamtumsatzes und Arbeitsvolumens eingetreten. Zum Jahresende 2007 seien schließlich auch Auftragsverhandlungen mit weiteren Firmen, nämlich der Firma T und der Firma S gescheitert, da die Angebote der Beklagten nicht konkurrenzfähig gewesen seien; hiervon sei ein Umsatzvolumen von rund 500.000,00 EUR betroffen gewesen.

Die von der Beklagten vorgenommene Sozialauswahl sei nur auf grobe Fehlerhaftigkeit zu prüfen. Frau Z sei sozial schutzwürdiger als die Klägerin und darüber hinaus als Leistungsträgerin eine unverzichtbare Fachkraft. Sie sei Hauptnäherin und leiste die qualitativ bessere Arbeit. Auch Frau Y sei sozial schutzwürdiger als die Klägerin, obwohl sie erst seit 1998 dem Betrieb angehöre. Dies folge daraus, dass sie zwei Jahre älter und gegenüber ihrem minderjährigen Kind zum Unterhalt verpflichtet sei. Auch Frau X sei sozial schutzwürdiger, zumal sie vier Jahre älter als die Klägerin sei und letztere daher leichter eine neue Arbeitsstelle finde.

Das Arbeitsgericht Mainz – Auswärtige Kammern Bad Kreuznach – hat am 23.04.2008 eine Gütever...

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