Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgeltung wegen Arbeitsunfähigkeit nicht angetretenen Erholungsurlaubs nach den AVR des Caritasverbandes
Leitsatz (amtlich)
Die Arbeitsvertragsrichtlinien des Deutschen Caritasverbandes haben in ihrer Anlage 14 den über den gesetzlichen Mindesturlaub hinausgehenden weitergehenden Urlaubsanspruch einem eigenständigen Fristenregime unterstellt, nach dem dieser erlischt, wenn er infolge von Arbeitsunfähigkeit nicht bis zum 30. April des folgenden Urlaubsjahres angetreten werden kann.
Normenkette
BGB §§ 134, 310 Abs. 4 S. 2, § 366 Abs. 2; BUrlG § 13 Abs. 1, § 3 Abs. 1, §§ 4-5, 7 Abs. 4; ZPO § 308 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Koblenz (Entscheidung vom 30.05.2016; Aktenzeichen 6 Ca 550/15) |
Tenor
I.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 30.05.2016 - 6 Ca 550/15 - abgeändert, soweit es der Klage stattgegeben hat:
Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
II.
Die Anschlussberufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
III.
Die Kosten des Rechtsstreits (1. und 2. Instanz) hat die Klägerin zu tragen.
IV.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Urlaubsabgeltung.
Die 1964 geborene Klägerin war bei der Beklagten aufgrund Arbeitsvertrags vom 04. Juli 2012 (Bl. 4, 5 d. A.) nebst einem Nachtrag vom 25. Juni 2013 (Bl. 11 d. A.) in der Zeit vom 02. Oktober 2012 bis 31. August 2014 als Arzthelferin beschäftigt. Sie war vom 31. Juli 2013 bis zum 30. Juli 2014 durchgehend arbeitsunfähig erkrankt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fanden gemäß § 3 des Arbeitsvertrages die "Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes" (AVR) in der jeweils geltenden Fassung Anwendung, die in der Anlage 14 zum Erholungsurlaub u.a. folgende Regelungen enthalten:
"I. Erholungsurlaub
§ 1 Entstehung des Anspruchs
(1) Die Mitarbeiter und die zu ihrer Ausbildung Beschäftigten erhalten in jedem Urlaubsjahr den gesetzlichen Mindesturlaub von vier Wochen und haben einen weitergehenden Urlaubsanspruch im Gesamtumfang des § 3 Abs. 1. Urlaubsjahr ist das Kalenderjahr.
(...)
(5) Der Erholungsurlaub ist spätestens bis zum Ende des Urlaubsjahres anzutreten. Kann der Erholungsurlaub aus dringenden dienstlichen Gründen oder aus Gründen, die in der Person des Mitarbeiters liegen, bis zum Ende des Urlaubsjahres nicht angetreten werden, ist er bis zum 30. April des folgenden Jahres anzutreten.
Hat der Mitarbeiter den ihm zustehenden Urlaub vor dem Beginn der Elternzeit nicht oder nicht vollständig erhalten, so ist ihm der Resturlaub nach der Elternzeit im laufenden oder im nächsten Urlaubsjahr zu gewähren.
Wird die Wartezeit (Absatz 6) erst nach Ablauf des Urlaubsjahres erfüllt, ist der Urlaub spätestens bis zum Ende des folgenden Urlaubsjahres anzutreten.
Kann der gesetzliche Mindesturlaub und der Zusatzurlaub nach § 125 SGB IX infolge Arbeitsunfähigkeit nicht angetreten werden, erlischt dieser Urlaubsanspruch 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres. Kann der weitergehende Urlaubsanspruch infolge von Arbeitsunfähigkeit nicht angetreten werden, gilt § 1 Abs. 5 Unterabsatz 1 Satz 2.
(6) Der Erholungsurlaub kann erstmalig nach Ablauf von sechs Monaten seit Einstellung (Wartezeit) geltend gemacht werden.
Beginnt oder endet das Dienstverhältnis im Laufe des Urlaubsjahres, so beträgt der Urlaubsanspruch ein Zwölftel für jeden vollen Beschäftigungsmonat. Entsprechendes gilt, wenn gemäß § 18 Abs. 4 AT das Ruhen des Dienstverhältnisses eintritt. Scheidet der Mitarbeiter wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (§ 18 Abs. 1 und § 2 AT AVR) oder durch Erreichung der Altersgrenze (§ 19 Abs. 3 AT) aus dem Dienstverhältnis aus, so beträgt der Urlaubsanspruch sechs Zwölftel, wenn das Dienstverhältnis in der ersten Hälfte des Urlaubsjahres endet, und zwölf Zwölftel, wenn das Dienstverhältnis in der zweiten Hälfte des Urlaubsjahres endet.
Der Urlaubsanspruch vermindert sich für jeden folgenden Kalendermonat der Elternzeit ohne Teilzeitbeschäftigung und eines Sonderurlaubs nach § 10 jeweils um ein Zwölftel. Die Verminderung unterbleibt für drei Kalendermonate eines Sonderurlaubs zum Zwecke der beruflichen Fortbildung, wenn der Dienstgeber ein dienstliches oder betriebliches Interesse an der Beurlaubung schriftlich anerkannt hat.
Ergeben sich bei der Berechnung des anteiligen Jahresurlaubs Bruchteile eines Urlaubstages, die mindestens einen halben Tag ergeben, sind diese auf einen vollen Urlaubstag aufzurunden. Vor Anwendung der Unterabsätze 2 und 3 sind der Erholungsurlaub und ein etwaiger Zusatzurlaub, mit Ausnahme des Zusatzurlaubs nach dem Neunten Sozialgesetzbuch, zusammenzurechnen.
(...)"
Die Parteien sind davon ausgegangen, dass der Jahresurlaub der Klägerin nach § 3 Abs. 1 der Anlage 14 zu den AVR 30 Arbeitstage beträgt. Im Jahr 2013 hatte die Klägerin bis zum Eintritt ihrer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit 16 Urlaubstage in Anspruch genommen. Im Jahr 2014 nahm die Klägerin nach Wiederherstellung ihrer Arbeitsfähigkeit in der Zeit vom 31. Juli bis zur Beendigung ihre...